17.14

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Wir haben heute das zweite Mal das Vergnügen. Wir kom­men jetzt zur Debatte über die Anträge betreffend Arbeitsmarkt; wir durften das heute ja schon in der Aktuellen Stunde thematisieren. In dieser Debatte gibt es zahlreiche Anträge, denen wir als SPÖ die Zustimmung erteilen werden. Auch dem Antrag auf Ein­mal­zahlung werden wir zustimmen, obwohl das nicht unsere Variante ist, wie Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir sind nach wie vor ganz fest der Überzeu­gung, dass es für jene Menschen, die unverschuldet in eine Coronaarbeitslosigkeit ge­schlittert sind, ein erhöhtes Arbeitslosengeld geben muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation ist bekannt: Die Beschäftigtenzahl ist gegenüber dem Vormonat gesunken, die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor sehr hoch, bewegt sich in Rekordhöhen, und bei den offenen Stellen verzeichnen wir einen Rückgang. Wir haben jetzt unter 59 000 offene Stellen, denen 520 000 Arbeit suchende Menschen gegenüberstehen. Das heißt, wir kom­men da auf einen Faktor von 1 : 9, auf eine offene Stelle kommen neun Arbeit­suchende.

Daher war es für uns als SPÖ wichtig, einen diesbezüglichen Vorschlag – der sofort einmal von der ÖVP negativ dargestellt wurde – betreffend eine neue Initiative mit dem Namen Aktion 40 000 einzubringen, mit der 40 000 Langzeitbeschäftigungslose einen Job finden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich für die Gesprächsbereitschaft bei den Grünen; Markus Koza hat gesagt: Reden wir darüber!

Wir werden es nämlich nicht schaffen, Langzeitbeschäftigungslose – das sind unab­hängig vom Alter Menschen, also junge und ältere Menschen, die über zwölf Monate beim AMS auf Jobsuche sind – in Jobs zu bringen. Aus diesem Grund schlagen wir eine Aktion 40 000 vor, die anders ist als die Aktion 20 000, die damals unter Sozialminister Alois Stöger initiiert, aber hier abgedreht wurde, bevor sie bei den Gemeinden überhaupt ins Laufen kommen konnte. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Aus diesem Grund wird unsere neue Variante für alle Langzeitbeschäftigungslosen, für alle Altersgruppen, ob jung oder alt, für alle, die länger als zwölf Monate Arbeit suchend sind, auf zwei Jahre ausgedehnt, wobei sich der Staat in Etappen langsam aus der Finanzierung zurück­nimmt – der Kostenaufwand beträgt 260 Millionen Euro für zwei Jahre –, damit die Bürgermeisterinnen, die Bürgermeister in ganz Österreich Jobs für 40 000 Menschen schaffen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein Vorschlag, den wir doch bitte diskutieren können müssen. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aktion 40.000“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemein­nützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Be­reit­stellung der erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spä­testens Juni 2021 umzusetzen.“

*****

Sie können diesem Antrag zustimmen, weil wir dem Herrn Bundesminister das Vertrauen schenken, die Aktion 40 000 mit uns gemeinsam auszuarbeiten. Ich bitte um Ihre Zustim­mung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend: Aktion 40.000

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1237/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarkt­service­gesetz geändert wird (648 d.B.)

Die Coronakrise hat eine bereits davor eingesetzte Entwicklung, die Verknappung von Arbeit, wesentlich verstärkt.

Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer lag Ende Jänner im Vergleich zum Vorjahresmonat um 27 Prozent höher. 535.470 Personen sind arbeitslos gemeldet oder in AMS-Schulung, das sind um 114.769 mehr als im Jänner 2020.

Die Zahl der unselbständig Beschäftigten ging im Jänner im Vergleich zum Vorjahres­monat laut vorläufiger Prognose um 3,3 Prozent auf 3,636 Millionen zurück. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen schrumpfte um 18,5 Prozent auf rund 58.347. Damit kom­men auf eine beim AMS gemeldete offene Stelle mehr als 9 vorgemerkte Arbeits­suchende.

In Österreich sind viele Arbeitslose sehr lange auf Jobsuche. Die Zahl der Langzeit­beschäftigungslosen lag Ende Jänner bei 139.818, ein Plus von 43,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wer mit über 50 Jahren mehr als ein Jahr lang arbeitslos ist, hat kaum mehr eine Chance eingestellt zu werden. 2017 wurde unter Bundeskanzler Kern und Sozialminister Stöger deshalb die Aktion 20.000 ins Leben gerufen: 20.000 Arbeitslose sollten in öffentlichen Einrichtungen und gemeinnützigen Vereinen arbeiten, der Staat zahlte diese Arbeits­plätze.

Türkis-Blau strich das Jobprogramm für ältere Arbeitslose nach weniger als einem Jahr. Damit konnte die Aktion 20.000 ihr Potenzial nur zu 5 Prozent ausschöpfen: Nur jeder 20. ältere Arbeitslose bekam eine Chance über die Aktion. 3.824 Arbeitslose über 50 Jahren wurden gefördert – möglich gewesen wären aber bis zu 74.361.

Trotzdem war diese Aktion ein voller Erfolg: Jeder Dritte Langzeitarbeitslose über 50 Jahren, der an der Aktion 20.000 teilnahm, hat heute wieder einen Arbeitsplatz.

1.213 ehemalige Langzeitarbeitslose, die an der Aktion teilnahmen, haben heute einen Arbeitsplatz – nicht vom Staat gefördert. Diese Menschen haben Optimismus und eine sinnvolle Beschäftigung.

Es zeigt sich auch jetzt wieder: Der Arbeitsmarkt reguliert sich nicht von selbst. Es gibt in dieser Arbeitsmarktkrise jetzt schon viele VerliererInnen und sie werden noch mehr. Daher ist es Zeit, dagegen etwas zu unternehmen.

Es braucht nachfrageorientierte Lösungen, welche die ökologische Transformation, den Strukturwandel und strukturschwache Regionen auffangen.

Die SPÖ fordert daher eine Jobgarantie für 40.000 zusätzliche Beschäftigungen mit Ausbildungsmöglichkeiten – eine Aktion 40.000.

Mit der Aktion 40.000 sollen sinnvolle Beschäftigungsprojekte geschaffen werden, die dazu beitragen, soziale, ökologische und/oder ökonomische Strukturen einer bestimm­ten Region im Sinne einer wohlstandorientierten Wirtschaftspolitik zu verbessern. Träger für die Förderung können öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen und Dienstleis­tungsverbünde sein, um regionale/kommunale Bedarfe abzudecken. Beispiele:

o          Stützkräfte in den Schulen;

o          Alltagsbetreuung für ältere MitbürgerInnen;

o          Sanierungsarbeiten der Gemeinde-Infrastruktur;

o          Parkraumüberwachung;

o          Botendienste;

o          Unterstützungskräfte bei Kinderbetreuung;

o          Bürohilfskräfte;

o          Instandhaltung von Grün- und Parkflächen.

Gefördert werden damit existenzsichernde Vollzeitdienstverhältnisse oder Teilzeitbe­schäfti­gungen ab 30 Wochenstunden bei öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen oder Dienstleistungsverbünden für die Beschäftigung von Arbeitslosen, die mindestens 12 Monate durchgehend beschäftigungslos waren (Langzeitbeschäftigungslose nach AMS-Definition).

Die Teilnahme daran ist freiwillig und eine Ablehnung kann nicht zur Sperre des Arbeits­losengeldes führen.

Um Verdrängungs- aber auch Mitnahmeeffekte zu vermeiden sollen nur zusätzlich ge­schaffene Arbeitsplätze gefördert werden.

Die Entlohnung hat nach Kollektivvertrag zu erfolgen, mindestens 1.700 Euro Brutto (für Vollzeit). Während der geförderten Beschäftigung sollen auch entsprechende Aus-, Um- und Weiterbildungsangebote, sowie bei Bedarf ein Coaching für den Wiedereinstig in das Arbeitsleben den Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden.

Die Förderung erfolgt degressiv für 2 Jahre. Die ersten 12 Monate zu 100 Prozent, danach 6 Monate mit 75 Prozent und schließlich 6 Monate mit 50 Prozent der gesamten Lohnkosten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemein­nützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Be­reitstellung der erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spätestens Juni 2021 umzusetzen.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.