17.34

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, ich brauche nicht zu wiederholen, dass wir in einer wirtschaftlich schwierigen Lage sind. Das ist bekannt. Ich möchte vielleicht doch die Zahlen wiederholen, weil sie immer wieder etwas verzerrt wiedergegeben werden.

Es sind im Moment, diese Woche, 440 000 Personen in Arbeitslosigkeit, 70 000 Per­sonen in Schulungen und 485 000 Personen für die Kurzarbeit vorangemeldet. Wichtig: vorangemeldet, die Abrechnung erfolgt danach. Aus der Erfahrung wissen wir, dass ungefähr 40 bis 50 Prozent dieser Kurzarbeitvoranmeldungen nicht abgerechnet wer­den. Deshalb ist es übertrieben, von einer Million Menschen zu sprechen, die von Kurz­arbeit und Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Gleichzeitig – das ist mir auch wichtig zu betonen – erkennen wir in den letzten Wochen eine leichte Entspannung, was die Arbeitslosenzahlen betrifft. Von letzter Woche auf diese Woche hat sich die Zahl der Arbeitslosen um 8 500 reduziert. Die Woche davor waren es 7 500 und auch schon die Woche davor waren es einige Tausend. Es gibt also einen leichten Trend der Entspannung, der natürlich mit den Öffnungsschritten im Nicht­lebensmittelhandel und im Bereich der körpernahen Dienstleistungen zusammenhängt.

Dennoch ist die Krise am Arbeitsmarkt noch lange nicht überwunden. Daher ist es wichtig, dass die Menschen weiter auf unsere Unterstützung zählen können und dass alle Beschäftigten und Betriebe Planungssicherheit für die nächsten Wochen und Mo­nate haben.

Die Fülle von Maßnahmen, die wir gesetzt haben, habe ich am Vormittag schon kurz angesprochen. Ich möchte noch zwei Maßnahmen, die jetzt auch auf der Tagesordnung stehen, herausgreifen.

Erstens: Was tun wir? – Vor knapp einem Jahr, mit Beginn der Krise, haben wir die Anhebung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes beschlossen. Ziel war es, Arbeitsuchende, die es ohnehin sehr schwer haben und die es unverschuldet in dieser Krise getroffen hat, finanziell zu unterstützen. Daher haben wir verhindert, dass die Auszahlung der erhöhten Notstandshilfe mit Jahresende 2020 ausläuft, und eine Verlängerung bis Ende März sichergestellt. Wir unterstützen damit 200 000 Menschen monatlich, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Notstandshilfe abrutschen können.

Darüber hinaus ist die Kurzarbeit unser zentrales arbeitsmarktpolitisches Unterstüt­zungsinstrument. Mehr als eine Million Menschen konnten dadurch vor der Arbeitslosig­keit bewahrt werden und in ihrem Job bleiben.

Ich möchte nochmals hervorheben, dass die Kurzarbeit im internationalen Vergleich einzigartig ist. Es gibt kein Land, in dem die Kurzarbeit so großzügig ausgestaltet ist und die Ersatzrate, die der Staat zahlt, sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer so hoch ist wie bei uns. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben immer betont, dass es, solange es eine behördliche Schließung in substanziellen Bereichen der Wirtschaft gibt, die Corona­kurzarbeit in einer großzügigen Form geben muss. Deswegen haben wir jetzt, nach Gesprächen mit den Sozialpartnern, mit den Spitzen der Sozialpartner, mit den ver­schiedenen betroffenen Ministerien in den letzten Wochen, die Kurzarbeit in der derzeitigen Form nach Ende März noch einmal für drei Monate bis Ende Juni verlängert. Das heißt: weitere drei Monate, in denen Betriebe und ihre Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter auf das Erfolgsmodell der Kurzarbeit setzen und sich der Unterstützung sicher sein können.

Wie sehen die Eckpunkte aus? Auch das ist, glaube ich, wichtig, noch einmal zu wie­derholen. Die Nettoersatzrate bleibt bei 80 oder 90 Prozent. Die Arbeitszeit kann im Normalfall auf bis zu 30 Prozent reduziert werden. In Ausnahmefällen, wenn Betriebe zum Beispiel von behördlichen Schließungen betroffen sind, kann die Arbeitszeit bis auf 0 Prozent reduziert werden. Das gibt es auch fast nirgends.

Darüber hinaus – und das ist mir sehr wichtig – wird Weiterbildung weiterhin gefördert. 60 Prozent der Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen in den Betrieben für Menschen, die in Kurzarbeit sind, werden durch das AMS rückerstattet. Auch finanziell haben wir vorgesorgt: Der Rahmen für die Kurzarbeit wurde auf 7 Milliarden Euro für 2021 erhöht. Das reicht vorläufig. Sollte es aber nicht reichen, ist auch klar, dass wir nachschießen werden.

Wir haben damit bewiesen, dass wir rasch auf die Umstände im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Entwicklung reagieren können, indem wir jetzt schon, knapp sechs Wochen vor dem Auslaufen der Phase drei der Kurzarbeit, die Phase vier konkret fest­gelegt haben. Damit gibt es genug Vorlaufzeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Betriebe und auch für das AMS, für jene, die das umsetzen müssen. Mein Dank geht an alle, die an dieser Lösung beteiligt waren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Gleichzeitig möchte ich aber auch betonen, dass die Kurzarbeit zwar in Krisenzeiten – und wir sind in der tiefsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, was die Wirtschaft betrifft – ein sehr wichtiges Instrument ist, um Beschäftigung zu sichern, sie ist aber kein Instru­ment auf Dauer in dieser Form, sie ist ein Instrument, um eben diese Unterauslastung auszugleichen. Daher wollen wir, wenn die gesundheitliche Entwicklung und die Lage am Arbeitsmarkt es zulassen, ab 1. Juli mit einem schrittweisen Aussteigen aus der Kurzarbeit in der derzeitigen Form beginnen.

Es wird auch weiter eine Kurzarbeit geben, aber die derzeitige Form muss ausgephast werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich nach der Pandemie die Dynamik am Arbeitsmarkt wieder so einstellt, wie wir das brauchen, und dass wir im Aufschwung, der nach der Pandemie kommen wird, auch wieder Beschäftigung schaffen können und am Arbeitsmarkt Erfolge haben werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.40

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.