17.50

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wir verhandeln jetzt den Sozialblock, und ich muss sagen, ich bin auch heute wieder erschüttert, dass offensichtlich bei sehr, sehr vielen in dieser Regierung immer noch nicht angekommen ist, welchen sozialen Kollateralschaden diese Regierung im letzten Jahr in Österreich angerichtet hat.

Ich komme gleich zu dem vorliegenden Antrag der SPÖ, den wir im Ausschuss diskutiert haben – das zeigt vielleicht auch die Problematik auf; ich bin schon ein bissl erschüttert, dass das auch bei der SPÖ offensichtlich immer noch nicht ganz durchgedrungen ist. Es geht darum, dass man quasi jederzeit von seinem Anspruch auf die Abfertigung Neu Gebrauch machen darf. Die SPÖ hat das im Ausschuss damit argumentiert, dass es 100 000 Österreicher gebe, die sich sonst die Lebensmittel nicht mehr leisten könnten. So war die Argumentation der SPÖ.

Das heißt, wenn man das als Tatsache annimmt – und ich weiß, wie viele Probleme wir in Österreich haben –, dann, so meine ich, sollte auch der SPÖ mittlerweile klar ge­worden sein, dass wir den Menschen helfen müssen, indem wir ihnen in erster Linie wieder Arbeitsplätze verschaffen. Ich sage es zum wiederholten Male: Ihr von der SPÖ müsst euch irgendwann einmal mit eurer Vorsitzenden darüber unterhalten, ob sie schon weiß, dass sie die Regierungslinie unterstützt und wir genau deshalb 100 000 Öster­reicher haben, die sich die Lebensmittel nicht mehr kaufen können!

Das ist die Grundproblematik. Wenn ihr aber damit anfangt, die Abfertigung abzu­knab­bern – das Letzte, das einem bleibt –, also wenn man den Hausrat der Ärmsten ver­kaufen muss, wenn das der Ansatz der Sozialdemokratie ist, dann sitzt ihr im gleichen Boot wie die Grünen und die ÖVP. Das kann nicht die Lösung sein! Wir als FPÖ, als Freiheitliche, sagen es seit einem Jahr: Wir müssen den Menschen Arbeit geben, wir müssen die Wirtschaft öffnen, denn so kann es nicht weitergehen!

Es gibt noch einige Dinge mehr, und ich erwähne einen weiteren ganz wichtigen Punkt – ich werde auch einen Antrag einbringen –, und zwar die Coronaschuldentilgung mehr oder weniger. Der Aufschub wurde mit 3. Februar beendet. Das trifft – ich wiederhole es noch einmal – auch Unternehmer, Kleinstunternehmer, die ihre Raten jetzt wieder zah­len müssen, und das trifft natürlich auch viele arme Menschen, die ihre Wohnungs- oder Kreditraten jetzt wieder zahlen müssen. Das heißt, man hat keine Chance mehr, außer als Bittsteller bei der Bank, einen Aufschub der Schuldentilgung, einen Aufschub der Zahlungen zu erreichen.

Da schauen alle zu – die Grünen sind in diesem Bereich sowieso abgetreten. Alles, was ihr jemals an Sozialkompetenz hattet, habt ihr im letzten Jahr nicht nur verkauft, sondern auch begraben, liebe Grüne. Ihr seid so weit weg von einer sozialen Wärme, dass selbst die NEOS noch als sozial heißblütige Partei bezeichnet werden können, sage ich einmal. Was die Grünen in diesem Bereich abliefern, ist erschreckend. Ihr spielt der ÖVP in die Karten, und übrig bleibt – ich sage es noch einmal – Österreich als ein geteiltes Land, was diese Krise betrifft. Die Hälfte der Österreicher kommt finanziell ganz gut über die Runden, weil sie ein fixes Einkommen hat, aber die andere Hälfte der Österreicher leidet schwerst unter dieser Krise. Wir haben wirklich soziale Verwerfungen zu vermerken. Mir tun diese armen alleinerziehenden Mütter leid, mir tun Leute leid, die in Kurzarbeit sind und viel Nettoeinkommen verloren haben, und mir tun Leute in der Arbeitslosigkeit leid – da passiert nichts, da passiert nichts vonseiten der Regierung, aber auch von Teilen der Opposition zu wenig!

Unser Anspruch als Freiheitliche ist, den Leuten wieder Arbeit, Einkommen und eine Zukunft zu geben. Das gilt – in Richtung ÖVP – natürlich auch für die vielen, vielen Hun­derttausend Klein- und Kleinstunternehmer. Nur ein kleiner Hinweis: Friseure, Kos­metikstudios, Nagelstudios, alles, was es an körpernahen Betrieben gibt, haben jetzt einen Einbruch von rund 50 Prozent, und ihr wollt die Schließung der Gastronomie fortsetzen – das ist wirtschaftspolitisch ein Wahnsinn!

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

- Das rückwirkende Wiederinkrafttreten der mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen ge­setzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung.

- Die Anwendung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstundungen auf den bisherigen Anspruchsberechtigtenkreis, wie Verbraucher und Kleinstunternehmer.

- Die Geltung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstunden bis zum Ende der Corona-Wirt­schaftskrise.“

*****

Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

17.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14.) Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beitragsstundungen: Staatsver­sagen darf nicht zu überdurchschnittlicher Konkurswelle führen (652 d.B.) in der 85. Sitzung des Nationalrats am Mittwoch, dem 24. Februar 2021.

Mit dem 3. Februar 2021 tut sich in Zeiten der Corona-Arbeitsmarkt- und Wirtschaftskrise eine echte Gesetzeslücke auf, die zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden führen kann:

„Ende der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen

Mit 31. Jänner 2021 ist der seit dem Frühjahr geltende Anspruch Bankkredite stunden zu lassen ausgelaufen. Voraussetzung des gesetzlichen Stundungsrechtes war, dass Kreditnehmer aufgrund der Covid-19-Pandemie finanzielle Einbußen erlitten haben und die Weiterzahlung der Kreditraten nicht mehr zumutbar war. Es war aufgrund des Ge­setzes möglich Kreditraten, die im Zeitraum von 1. April 2020 bis 31. Jänner 2021 fällig geworden sind, stunden zu lassen. Und zwar vom Eintritt der Fälligkeit der jeweiligen Raten für einen Zeitraum von 10 Monaten.

Kreditkunden und Banken konnten aber davon abweichende Vereinbarungen treffen. Wenn nach dem Ende der Stundung keine einvernehmliche andere Lösung mit der Bank getroffen wird, dann verlängert sich der Kreditvertrag von Gesetzes wegen um 10 Mo­nate.

Zinsen und Entgelte

Bearbeitungsentgelte und Verzugszinsen waren nicht erlaubt. Ob während des ge­setzlichen Stundungszeitraumes die vertraglichen Sollzinsen anfallen, ist strittig und wird aktuell vom VKI im Auftrag des Sozialministeriums gerichtlich geklärt. Die Zahlung der durch die Zinsen erhöhten Rate, die von den Banken in der Regel vorgeschrieben wird, kann bis zur Gerichtsentscheidung unter Vorbehalt gemacht werden.

Kündigungsverbot wirkt weiter

Neben dem Stundungsrecht war im Gesetz auch ein Kündigungsverbot enthalten, das auch nach dem Auslaufen des Stundungsrecht weiterwirkt, und zwar bis zum Ende des 10-monatigen Stundungszeitraumes der letzten gestundeten Rate. Wurde etwa die Jänner-Rate noch gestundet, dann erstreckt sich daher das Kündigungsverbot bis November 2021.“

https://www.arbeiterkammer.at/kreditstundungen

Im Juni 2020 lobte ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel diese Einrichtung noch über den „grünen Klee“. Jetzt wollen Schwarz und Grün nichts mehr davon wissen:

„Finanzminister Blümel: Stundung der Kredite für Private und Kleinstunternehmen um vier Monate verlängert – bereits mehr als 4 Mrd. Euro gestundet

Im April 2020 führte die Bundesregierung ein gesetzliches Kreditmoratorium ein. Damit haben Verbraucher und Kleinstunternehmer, die Möglichkeit erhalten, Verpflichtungen für Rückzahlungen, Zins- oder Tilgungszahlungen gestundet zu bekommen, ohne dass sie dadurch rechtliche Nachteile erleiden. Der Anwendungszeitraum dieser Regelung wurde am Freitag per Initiativantrag um vier Monate bis 31. Oktober 2020 verlängert.

Finanzminister Gernot Blümel: „Wir setzen mit der Verlängerung des Kreditmoratoriums einen wichtigen Schritt, um besonders schützenswerte Kreditnehmer wie Private und Kleinstunternehmer weiter zu entlasten und ihre Liquidität zu stärken. Wer durch die Folgen der Coronakrise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, soll sich keine Sorgen um akut drohende Kreditrückzahlungen machen müssen.“

Das Kreditmoratorium hat bisher zu einer massiven Entlastung von Privaten und Kleinst­unternehmen geführt: So wurden bisher 103.636 gesetzliche Stundungen mit einem Volumen von 4,08 Mrd. Euro umgesetzt.

Vom Kreditmoratorium profitieren Private sowie Unternehmen mit weniger als 10 Mit­arbeitern und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von bis zu 2 Mio. Euro, die wegen der Auswirkungen der COVID-19-Krise ihre Verpflichtungen aus Kreditverträgen nicht mehr erfüllen können. Die Verlängerung sieht vor, dass der Zeitraum, in dem der Fälligkeitstermin der betreffenden Ansprüche des Kreditgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen zu liegen hat, nicht mehr am 30. Juni 2020, sondern am 31. Oktober 2020 endet. Das gesetzliche Kreditmoratorium sieht eine 3-monatige Stundung aller Kreditforderungen gegenüber Verbrauchern und Kleinstunternehmen (Vertrags­schluss vor dem 15. März 2020) vor. Bis zur heutigen Verlängerung hatte die Fälligkeit der betreffenden Forderungen im Zeitraum von 1. April bis 30. Juni 2020 zu liegen. Weitere Voraussetzung für das Kreditmoratorium ist, dass die Zahlungsleis­tungserbrin­gung infolge von COVID-19-bedingten Einkommensausfällen und der Existenzgefähr­dung in Form einer wirtschaftlichen Notlage für den Kreditnehmer nicht zumutbar ist. Wenn ein Kreditnehmer seine Ratenzahlungen zunächst fortgesetzt hat, so können die Stundungen von ihm trotzdem auch zu einem späteren Zeitpunkt ausgelöst werden. Um europäischen Regulierungsstandards zu entsprechen, nachteilige Auswirkungen für stundende Kreditinstitute hintanzuhalten (insbesondere Vermeidung des NPL-Status durch Stundung von Kreditzahlungsverpflichtungen) und Rechtssicherheit zu schaffen, wurde ein gesetzliches Kreditmoratorium eingeführt.

Die wichtigsten Zahlen und Daten auf einem Blick:

•           Anzahl der gesetzlichen Stundungen:  103.636 – Mitte April waren es 25.000 Kredite die gestundet wurden.

•           Volumen der gesetzlichen Stundungen: 4,08 Mrd

•           Insgesamt vergeben: Kreditvolumen: 26,59 Mrd – Mitte April waren es noch 12 Milliarden Euro.

Blümel: „Wir haben eine Vielzahl von Instrumenten aufgesetzt, um die Kreditvergabe für Unternehmen zu erleichtern. Wir haben den regulatorischen Spielraum so weit wie möglich ausgereizt, um den Firmen mehr Liquidität zu geben. Durch all diese Maß­nahmen ist die Kreditvergabe bei den Banken zuletzt deutlich angestiegen. Besonders erfreulich ist der Anstieg bei den 100% Garantien des Staates, wo die Kosten für die Unternehmer auf ein Minimum reduziert wurden.“ Allein bei den 100%- Garantien des Staates wurde bisher ein Volumen von mehr als 900 Millionen Euro genehmigt. Das entspricht in der Regel auch der damit verbundenen Kreditsumme für die Unternehmen. Die Zinsen für diese Kredite sind für die ersten beiden Jahre mit 0% Zinsen festgelegt und die Rückzahlung beginnt erst ab 1.1.2021. Wir sind nur einer von vier EU-Mit­gliedstaaten, die 100%-Garantien vergeben. Im 10-mal größeren Deutschland wurden rund 9.000 Anträge für 100%-Garantien genehmigt, in Österreich sind es rund 7.000.“

https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2020/juni/kreditmoratorium-verlaengert.html

Neben der weiteren Stundung der Sozialversicherungsbeiträge ist es daher volkswirt­schaftlich geboten, auch bei den Kreditstundungen für Verbraucher und Kleinstunter­neh­mer die mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen gesetzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung bis zum Ende der Corona-Wirtschaftskrise weiterzuführen. Fin­det dies nicht statt, dann könnte es zu einer Insolvenzwelle kommen, die breite Kreise der Bevölkerung treffen würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

- Das rückwirkende Wiederinkrafttreten der mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen ge­setzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung.

- Die Anwendung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstundungen auf den bisherigen Anspruchsberechtigtenkreis, wie Verbraucher und Kleinstunternehmer.

- Die Geltung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstunden bis zum Ende der Corona-Wirtschaftskrise.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter David Stögmüller, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.