13.45

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Minister! Geschätzter Kanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zum 110. Mal begehen wir heute den Weltfrauentag, der am 19. März 1911 zum ersten Mal stattgefunden hat. 20 000 Menschen demonstrierten damals für das Frauenwahlrecht. Seither ist in Sachen Gleichstellung von Mann und Frau viel passiert, wenn auch lange noch nicht genug. Gerade im Bereich von Verein­barkeit von Familie und Beruf sind Hürden da, die wir auch schon seit Jahren the­matisieren. Echte partnerschaftliche Familienpolitik war und ist immer das Ziel von NEOS.

Dann kam Corona, und von einem Tag auf den anderen war plötzlich alles anders. Mit einer Selbstverständlichkeit, völlig ohne Diskussion, wurden Frauen in die Rolle ge­drängt, sich zu Hause um die Krisenbewältigung zu kümmern. Homeschooling, Kin­derbetreuung, der Haushalt, vielleicht auch noch Pflege von Angehörigen, all das wurde zu einem Großteil von Frauen übernommen. Ja, es gibt auch viele Männer, die sich engagieren, diese will ich hier nicht unter den Tisch fallen lassen, auch Väter leisten großartige Arbeit zu Hause, aber die große Last, die überwiegende Verantwortung lag bei den Frauen.

Dazu kommen dann auch noch Kommentare des Kanzlers, der darauf hinwies, dass es ja „keine Schande“ sei, wenn man Kinder „mal“ in Betreuung gebe, wenn es nicht mehr anders gehe. Ganz abgesehen davon, dass „mal“ in Betreuung nicht hilft – weil alle, Männer wie Frauen, einfach Planbarkeit brauchen, Planbarkeit, die in dieser Coronazeit aber leider einfach nicht vorhanden ist –, schwingt immer mit: Ihr bekommt es halt einfach nicht hin. Das ist eine Botschaft an die vielen fleißigen Frauen in unserem Land, die unter aller Würde ist.

Ich bin selbst Mutter von einem schulpflichtigen Kind, und selbst als Lehrerin war es für mich besonders herausfordernd, meinem Kind den Schulstoff beizubringen und gleich­zeitig Onlinemeetings im Homeoffice abzuhalten. Homeoffice und Homeschooling las­sen sich eben nicht so leicht verbinden. Sie lassen sich eigentlich gar nicht verbinden. Ich kenne viele Frauen, die ihre Arbeitszeit in die Nacht verlegt haben, damit sie sich untertags um die Kinder kümmern konnten, großartige Frauen, die Großartiges geleistet haben und die völlig zu Recht gehört und gesehen werden wollen.

Corona hat uns an so vielen Stellen verstärkt gezeigt, wo große strukturelle Heraus­forderungen liegen. Das Thema Frauen ist ganz offensichtlich eines, das man dringend anpacken muss. Nützen wir daher den heutigen Weltfrauentag auch dafür, die Not­wendigkeit einer gezielten Frauenpolitik in den Vordergrund zu stellen.

Mein persönliches Ziel ist, dass jede Frau in Österreich selbstbewusst, stark und unab­hängig ihren Weg gehen kann, dass ihr dabei keine Hindernisse in den Weg gelegt werden, dass Kind und Job zusammen machbar sind, auch wenn man alleinerziehend sein sollte, dass jede Frau selbst entscheiden kann, welche Wege sie einschlägt, aber auch jede Frau weiß, welche Konsequenzen lange Teilzeitarbeit im Alter und für die Pension nach sich ziehen kann. Da haben die Politik und die Gesellschaft noch einen weiten Weg zu gehen.

Wo sind die Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass die Kinderbetreuung wirklich und ehrlich zwischen den Partnern aufgeteilt wird? Wo sind die Kindergartenplätze, damit wirklich jedes Kind ab dem ersten Geburtstag einen Betreuungsplatz hat? Wo sind die Karenzmodelle, die es Vätern ermöglichen, selbstverständlich genauso lange in Karenz zu sein wie eine Mutter? Wo sind die Maßnahmen, die für Aufklärung sorgen, was lange Teilzeitbeschäftigung für Frauen im Alter und in der Pension bedeutet? Wo sind die Initiativen, schon in der Ausbildung die Mint-Fächer für Mädchen attraktiver zu gestalten? Was wird dafür getan, dass Frauen mit Behinderungen auch selbstbestimmt leben können? Und was wird getan, um das Thema Gewalt an Frauen frühzeitig anzu­packen, damit Kinder – Mädchen wie Burschen – schon ab dem Kindergartenalter sensi­bilisiert werden?

Es gibt wunderbare Experimente, die zeigen, dass Kinder nicht verstehen, warum Buben für den gleichen Aufwand mehr Belohnung erhalten als Mädchen. Im Kindesalter setzen sich die Buben noch dafür ein, dass die Belohnungen gleichmäßig verteilt werden. Wann und wo hört das auf?

Es darf keinen Unterschied machen, ob man eine junge Frau oder einen jungen Mann einstellt. Gleiche Qualifikation muss selbstverständlich gleich bezahlt werden. Die Ver­antwortung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen selbstverständlich zu gleichen Teilen auf beide Elternteile aufgeteilt werden. Bis dahin ist noch ein weiter Weg zu gehen und daher legen wir in den kommenden Tagen den Schwerpunkt auch ganz bewusst auf das Thema Frauenpolitik. Mit dem heutigen Tag starten wir eine Kampagne, die unter dem Titel Choose to Challenge steht, und laden Bürgerinnen und Bürger, Frauen und Männer, dazu ein, uns ihre Geschichten zu erzählen.

Wir wollen nicht nur an einem Tag Weltfrauentag feiern und dann wieder in unsere alten Gewohnheiten zurückfallen. Wir wollen Chancengleichheit für alle Frauen, und als Sprecherin für Menschen mit Behinderung fordere ich diese Chancengleichheit auch für Frauen mit Behinderungen ein. Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, dass sich die Gesellschaft noch weiter verändert. Nur wenn wir alle gemeinsam an diesem Ziel arbeiten, wird uns das auch gelingen – daher die heutige Sondersitzung. (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in Gebärdensprache fort.)  – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

13.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Perfekt!

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.