15.09

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­kanz­ler! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kollegen und Kollegin­nen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist der Internationale Frauentag, der 8. März!

Wie jedes Jahr geht es darum, an Vorkämpferinnen zu erinnern, an Errungenschaften zu erinnern, was Gleichstellung anbelangt; aber es geht vor allem auch darum, auf­zuzeigen, dass wir diese Gleichstellung in vielen, vielen Lebensbereichen noch lange nicht erreicht haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Auch heuer ist es so, dass wir darauf aufmerksam machen, aber doch im Besonderen. Zum ersten Mal findet eine Nationalratssitzung am Internationalen Frauentag statt, eine Sondersitzung – ganz, ganz wichtig. Warum ist heuer alles anders? – Weil wir seit einem Jahr in einer Pandemie stecken und diese Pandemie den frauenpolitischen Backlash nur noch mehr verstärkt.

Werter Herr Bundeskanzler, wir Frauen schlagen Alarm, weil Ihre Stehsätze, mit Ver­laub, Ihre Danksagungen, Ihre Ankündigungen keiner einzigen Frau irgendetwas brin­gen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Es hat, ganz ehrlich, den Anschein einer Verhöhnung.

Wir Frauen haben wirklich genug. Es reicht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Frauen sind wütend und am Limit, und all das ignorieren Sie. Sie haben es auch heute ignoriert, werte Bundesregierung. Ich persönlich und viele, viele können nicht mehr nachvollziehen, wie man sich so abzuputzen versucht. Es wird aber nicht durchgehen und auch nicht gelin­gen. Wir Frauen sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung und haben noch immer nicht einmal die Hälfte des Kuchens – außer wenn es um die unbezahlte Arbeit geht, da gibt es die ganze Bäckerei. So nicht, werte Bundesregierung, so nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen schupfen – und wir haben das heute von vielen Rednerinnen und Rednern schon gehört – überwiegend diese Krise, diese Pandemie, ob in der Pflege, im Handel, in den Kindergärten oder in den Schulen, im Homeoffice, im Homeschooling. Aber ganz ehrlich: Wo sind wir denn in der Krisenkommunikation, wo? Pressekonferenzen werden aus­schließlich von Ihrem männlichen virologischen Quartett, von vier Männern, bestritten. Unerträglich! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rosa Ecker.)

Frau Ministerin, warum stehen Sie nicht dort? Warum sind Sie nicht mit dabei? Und, Herr Bundeskanzler, Applaus für diese Heldinnen, für diese Systemerhalterinnen ist ganz klar zu wenig. Frau Bundesministerin, ich sage mit Verlaub auch Folgendes: Bei der wich­tigen Mint-Offensive haben Sie unsere volle Unterstützung, aber von der Mint-Offen­sive – Mathematik, Informatik, naturwissenschaftliche Fächer – hat keine einzige Elementar­pädagogin etwas, keine einzige Kassiererin etwas, keine einzige Friseurin etwas, nichts. Es braucht endlich höhere Einkommen! Rauf mit den Gehältern und mit den Löhnen! – Das fordern wir stellvertretend für viele, viele Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen sind aber, Sie wissen das, häufig in Branchen beschäftigt, die durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit besonders gerüttelt sind. Herr Bundeskanzler, wie würden Sie überleben, nämlich nicht in unseren privilegierten Rollen, sondern als jobloser Allein­erziehender? – Da hat man überhaupt keine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, mit dem es vielleicht ein bisschen leichter wäre.

Wir hören nur leere Versprechungen, wie damals. Stichwort Unterhaltsgarantie: Sie selbst haben 2017 das Ja-Taferl in die Kamera gehalten. Von leeren Versprechungen hat keine einzige Frau, kein einziges Kind irgendetwas.

Auch waren Sie nicht bei der Kundgebung mit dabei, als Alleinerzieherinnen wütend auf der Straße waren. Sie sind nirgendwo, werte Bundesregierung, werter Bundeskanzler, werte Frauenministerin! Sie machen nichts für Frauen und Kinder! Das ist beschämend. Wir brauchen ein Soforthilfepaket für Alleinerzieherinnen!

Herr Bundeskanzler, ein sehr, sehr wichtiges Thema: Vier Frauenmorde hat es dieses Jahr in Österreich bereits gegeben. Freitag gab es wieder einen Mordversuch an einer Frau. Ein Frauenmord ist keine Familientragödie, es ist ganz klar ein Mord an einer Frau. Es braucht dringend mehr Gelder: 200 Millionen Euro für den Gewaltschutz, und das jetzt! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rosa Ecker.)

Wir appellieren im Sinne von Millionen Frauen, Millionen Mädchen: Schauen wir nicht länger weg! Ignorieren Sie uns auch nicht länger! Tun Sie endlich! Es ist wirklich blamabel, dass die österreichische Bundesregierung in der Krise völlig auf die Frauen vergisst. Deshalb wird der Alarm von uns Frauen nicht enden, er wird nur lauter werden. Solidarisch stehen wir gegen dieses Nichtstun auf, für jede Einzelne von uns, für uns alle. Einen kämpferischen solidarischen Frauentag! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

15.14

Präsidentin Doris Bures: Dazu ist niemand mehr zu Wort gemeldet. (Abg. Pfurtscheller: Tatsächliche Berichtigung! – Abg. Wöginger: Tatsächliche Berichtigung!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Pfurtscheller zu Wort gemeldet. – Ich erteile Ihnen das Wort, Sie kennen die Geschäftsordnung. Bitte.