10.24

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir be­handeln jetzt eine Novelle zum Universitätsgesetz, eine Novelle, angesichts derer sich viele Leute fragen: Warum? Und vor allem: Warum jetzt das? – Es hat sehr viele ab­lehnende Stellungnahmen gegeben. Es ist jetzt einiges ein bisschen abgeschwächt worden, aber die Logik dahinter bleibt, und es sind auch weiterhin viele problematische Regelungen bestehen geblieben.

Dabei hätten die Universitäten im Moment tatsächlich Aufmerksamkeit verdient. Die Uni­versitäten sind in den letzten Monaten extrem gefordert. Es gibt seit März letzten Jah­res – also seit über einem Jahr – keinen normalen Studienbetrieb. Viele Studierende sind in einer extrem prekären Lage, es sind ihnen die Jobs weggebrochen, sie haben große Zukunftssorgen. Die jungen Leute sind – das hören wir immer wieder – psychisch extrem gefordert, und auch das Distancelearning ist eine Form des Lernens, die extrem fordernd und anstrengend ist, sowohl für die Lehrenden als auch für die Studierenden.

Die Studierenden sind nicht alle mit ausreichend guten Ressourcen ausgestattet. Es ist für neue Studierende unter den jetzigen Bedingungen extrem schwierig, ins Studium hineinzufinden. Im Moment ist beim Studium eine Situation gegeben, die das Vernetzen, das Austauschen, Lerngemeinschaften, vieles, was ein Studium ausmacht, nicht mög­lich macht. Jetzt wäre eigentlich Unterstützung gefragt und geboten. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Was aber lässt sich die Bundesregierung einfallen? – Es kommt keine Unterstützung, sondern eine Verschärfung der Studien- und der Arbeits­bedingungen sowie der Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten für sehr viele an den Universitäten.

Ich möchte das an zwei Beispielen darstellen. Das eine ist die neue Kettenvertragsre­gelung, eine Regelung, die bisher schon problematisch war, aber durch die neue Rege­lung nicht besser, sondern noch problematischer wird und viele Forschende, viele wis­senschaftlich Arbeitende an den Universitäten vor die Frage stellt, wie sie ihre Arbeit überhaupt fortsetzen können und ob sie da an ein zwangsweises Ende kommen.

Es ist eine Regelung gefunden worden, mit der jetzt niemand zufrieden ist, bei der viele große Problem sehen. Wir fragen uns, warum da nicht ausreichend mit den Betroffenen geredet wurde, auch noch einmal nach der Begutachtung, als klar war, dass diese Re­gelung für viele an den Universitäten sehr problematisch ist.

Was die Anforderung der Mindeststudienleistung betrifft – also die Studenten müssen eine bestimmte Leistung in einer bestimmten Zeit erbringen, sonst werden sie aus dem Studium geschmissen –, ist diese Regelung zwar abgemildert worden, aber die Logik bleibt, und diese Logik ist neu, die hatten wir bis jetzt nicht.

Das ist eine Logik, die viel ändert. Das Bild dahinter ist: Es geht um Quantität statt um Qualität. Es geht um Effizienz statt um Exzellenz. Die Leitlinie hinter diesem Gedanken ist, effektive Abläufe für die Universitätsleitungen zu schaffen, und nicht, die Qualität des Studiums zu verbessern. Es ist eine bloß technokratische und administrative Logik, die ein Vollzeitstudium in maximaler Effizienz erfordert. Nur die Abschlüsse und das Tempo zählen! Es geht darum, möglichst schmal zu studieren und möglichst schnell fertig zu werden, aber, sehr geehrte Damen und Herren, Zeit und kritische Auseinandersetzung und die Auseinandersetzung mit vielem an der Universität, das macht ein gutes Studium aus und das ist aus unserer Sicht wichtig, wird jetzt aber verloren gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Regelungen gehen an der Lebensrealität sowohl der wissenschaftlich Arbeitenden als auch der Studierenden vorbei. Sie verstärken soziale Selektivität und schränken den Zugang zum Studium noch weiter ein. Es wird noch mehr auf den Vollzeitstudierenden und die Vollzeitstudierende abgestellt, die nicht dadurch abgelenkt werden, dass sie arbeiten müssen, um sich das Studium überhaupt leisten zu können und sich das Geld für die Finanzierung des Studiums zu verdienen. Es erschwert die Bedingungen für be­rufstätige Studierende und es erschwert den Einstieg für die erste Generation in einer Familie, die an eine Universität kommt.

Was man jetzt brauchen würde, wären Unterstützung, eine umfassende Stipendienre­form, die die Studierenden auch ganz besonders in dieser schwierigen Phase unter­stützt, und Maßnahmen, die die Studierbarkeit verbessern und nicht erschweren.

Herr Bundesminister, Sie haben, was die Schulen betrifft, gesagt, es ist jetzt die Zeit der Milde und nicht die Zeit der Härte – und das trifft auch für die Universitäten zu. Es wäre die Zeit der Unterstützung gewesen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

10.30

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Tasch­ner. – Bitte.