10.53

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Der erste Tagesordnungspunkt befasst sich mit der Wissenschaft, das ist ja ein wunderbares Signal: Wissenschaft wird hier zur Causa prima einer parlamentarischen Diskussion – ich hoffe, ich überzeichne nicht. (Bei­fall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir behandeln in TOP 1 unter anderem die Novelle zum Universitätsgesetz. Es wurde schon gesagt, das UG feiert demnächst seinen 20. Geburtstag, ist also der Pubertät ganz sicher schon entwachsen. Wir haben dieses Mal die 32. Novelle. Das ist auch des­wegen notwendig, weil die Regelungsdichte im UG eine sehr hohe ist – allein mit der Änderung der Berechnung der Durchschnittsnote würde man eine Gesetzesänderung hervorrufen –, vom sehr detaillierten Studienrecht ist sehr viel übernommen worden.

Dennoch ist das UG ein sehr gutes Gesetz, da sind wir ganz einer Meinung. Es hat den Universitäten autonome Handlungsspielräume gebracht, und die Universitäten haben diese autonomen Handlungsspielräume – so meine und weiß ich – hervorragend ge­nützt. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die österreichischen Universitäten in den letzten 20 Jahren zum Besseren verändert haben. Sie wurden leistungsfähiger, interna­tionaler und forschungsintensiver, und ich sage, darauf kommt es mir an. Wir gehen mit der vorliegenden Novelle sicher einen Schritt weiter.

Wir haben im Ausschuss ausführlich über diese UG-Novelle gesprochen, wir haben aus­ländische und inländische Auskunftspersonen eingeladen, und es war eine sehr stimu­lierende und bereichernde Diskussion. Ich sage auch noch einmal herzlichen Dank dafür.

Dabei haben sich grob gesagt drei unterschiedliche Meinungen gezeigt. Die einen waren der Meinung, die Universitäten verlangten ein Zuviel an Leistung, insbesondere von den Studierenden, sie würden das freie und ausschließlich interessengeleitete Studieren un­terbinden und seien zu stark top-down gesteuert. Frau Kuntzl, das war so im Wesent­lichen Ihre Meinung, die Sie vorhin auch artikuliert haben.

Die anderen waren der Meinung, diese Novelle ist nicht der große Wurf – Frau Künsberg Sarre, Sie haben es auch wieder betont –, es müssten eigentlich radikale Änderungen her: Die erforderlichen Studienleistungen müssten deutlich erhöht und Studiengebühren eingeführt werden, um die Ernsthaftigkeit beim Studieren durch das Bezahlen von Geld auch sicherzustellen.

Schließlich hat es eine dritte Meinung gegeben: Man müsste das Bestehende schrittwei­se verbessern. Man muss auf Entwicklungen reagieren, Anregungen von Lehrenden, Studierenden und Universitätsleitungen aufgreifen und die Universitäten auf ihrem Weg einer internationalen Sichtbarkeit unterstützen.

Es wird Sie nicht überraschen, Frau Künsberg, dass ich dieser dritten Meinung anhänge, denn ich glaube, man kann und sollte Änderungen inkrementell machen. Wir müssen wissen, was das Ziel sein sollte, wir brauchen eine Perspektive, aber die Änderung ist immer eine inkrementelle. Das ist übrigens eine Idee – Herr Brandstätter, weil Sie immer nach Literaturbeispielen suchen – von Karl Popper. Er spricht dabei vom perspektivi­schen Inkrementalismus, einer der klügsten Ideen, auch im Bereich von Planung.

Der vorliegende Entwurf hat, wie gesagt, zahlreiche Stellungnahmen hervorgerufen. Wir haben diese Stellungnahmen berücksichtigt. Ich denke, es ist ein runder Entwurf – den einen eben zu wenig radikal, den anderen zu weit gehend, aber so ist es eben in einer Demokratie: Der Kompromiss ist nicht Schwäche und der Weg, den Kompromiss zu erreichen, ist keine Zeitverschwendung.

Die Novelle enthält folgende wichtige Punkte: § 109, auf den Eva Blimlinger schon hinge­wiesen hat, außerdem die Mindeststudienleistung von 16 ECTS-Punkten – es könnte mehr sein, anderen ist es zu viel.

Die vollständige Überführung der DUK in unser UG halte ich für sinnvoll, die Donau-Universität hat einen sehr erfolgreichen Prozess hinter sich.

Wir haben eine ganz klare Nachschärfung bei Plagiaten und Ghostwriting. Wir haben Verjährungsfristen herausgenommen und klar gesagt, das Nehmen anderer Ideen, ohne darauf hinzuweisen, von wem Ideen stammen, geht so nicht.

Wir haben das Zusammenspiel von Rektorat und Senat präzisiert und wir haben, Rudi Taschner, auch gesagt, dass Rektorate auch irgendwann einmal wieder abtreten und Luft für neue Ideen freimachen sollten.

Herr Abgeordneter Axel Kassegger, du hast gesagt, Wesentliches fehlt – ich habe deine Rede aufmerksam gehört und mitgeschrieben –, es gibt keine Konsequenz, wenn die Universitäten die Ziele, die in der Leistungsvereinbarung definiert sind, nicht erreichen. – Sehr wohl: Wir haben derzeit 50 Millionen Euro einbehalten und innerhalb des Universi­tätsbudgets neu verteilt, weil manche Universitäten ihre Ziele nicht erreicht haben.

Sie haben gesagt, die Studierbarkeit und die Verschulung sind so ein Riesenproblem. Ich muss klar sagen – ich habe das im Ausschuss schon betont –, Curricula sind Se­natsangelegenheit. Sie wären der Erste, der monieren würde: Der Minister macht die Curricula, wie schrecklich ist das! – Wir müssen da mit den Senaten zusammenarbeiten, damit die Studierbarkeit gewährleistet ist. 22 Universitäten, und alle sind ein Bauchla­den – bitte nicht so oberflächlich argumentieren! (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Wir haben hervorragende Kunstuniversitäten, technische Universitäten, eine Wirt­schaftsuniversität und daneben haben wir vielleicht auch einige Universitäten, die ein breites Spektrum haben, was sehr erfreulich ist.

Die Kollateralschäden: Da bin ich bei Ihnen, das ist ein wichtiger Punkt und auch einer der Gründe, warum ich immer darauf gedrängt habe, dass die Schulen so weit und so lang wie möglich offen haben, um Kollateralschäden zu vermeiden.

Frau Künsberg, Sie sagen – ich möchte Sie nicht in Ihrem Gespräch stören –, die Univer­sitäten werden im Mittelfeld verbleiben. Ich möchte nur wissen, woher Sie das jetzt schon wissen. Die Universitäten haben ein ausgezeichnetes dreijähriges Budget hinter sich und ein sehr offensives dreijähriges Budget vor sich. Die Universitäten berufen interna­tional und hochqualitativ und sie werden sich klarerweise auch im Ranking verbessern. Das ist genauso eine Prognose, wie Sie eine gemacht haben. Sie sagen, alles bleibt im Mittelfeld, ich sage, sie werden sich verbessern – wir werden uns einmal treffen und dann sage ich Ihnen, wer da recht behalten hat.

Meine Damen und Herren! Es gibt unter diesem Punkt noch zwei weitere Gesetzent­würfe, die ich jetzt nicht weiter groß ausführen möchte. Das eine ist – ich glaube, sehr positiv –, wir wollen mehr Präsenzlehre, mehr Präsenzprüfungen haben, und wir schaf­fen die rechtliche Voraussetzung, dass Rektorate gleichsam Eintrittstests beschließen dürfen.

Wir haben eine Nachbesserung des Hochschülerschaftsgesetzes, sodass für kleine Ver­tretungskörper eine wirtschaftliche Erleichterung gegeben ist. Wir haben in diesem Ge­setz auch die Erhöhung der Funktionsgebühren für die ehrenamtlich tätigen Funktionäre festgelegt. (Abg. Martin Graf: Es gibt keine Idealisten mehr!) – Ja, es gibt eine Inflation, Herr Graf, und man muss ab und zu nachziehen. Wir haben auch festgelegt, wann die Wahlen sind, sie werden von 18. bis 20. Mai stattfinden. Ich hoffe, viele Studierende gehen hin, um zu wählen.

Ich darf die Gelegenheit nützen, mich an dieser Stelle bei den Verantwortlichen der Kri­senstäbe, den Studierenden, den Rektoraten für ihre ausgesprochen professionelle Ar­beit zu bedanken. Sie haben dafür gesorgt, dass wir in diesem Jahr eine Steigerung der Prüfungsaktivität von plus 1,6 Prozent und der Abschlüsse von plus 3,5 Prozent haben. Die Universitäten waren in der Lage, trotz Coronakrise das, was sie eigentlich zu leisten haben, zu leisten – nicht nur das, sie haben das sogar übererfüllt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mein Schlusssatz ist ganz einfach: Ich bitte Sie um breite Zustimmung sowohl zur No­velle als auch zu den zwei anderen Gesetzesvorschlägen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.02

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.