12.35

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Emma, 15 Jahre alt: „Ich werd ihnen ein­fach mal erzählen wie es mir geht. Ich bin ein mensch der viele kontakte braucht und raus will, aber das geht zurzeit nicht. Ich steh in der früh 5 minuten vor meinem meeting auf und sitze im pyjama vorm laptop. [...] Wir sitzen soviele stunden vor einem Bildschirm unsere augen brennen und wir sollen noch etwas lernen. Das handy lenkt einen ab und man bekommt kopfschmerzen und will nicht mehr.“

Dario, 15 Jahre alt: Hallo, Herr Shetty! „Ich leide schon seit mehr als einem Jahr an De­pressionen, mache seit knapp einem Jahr eine Psychotherapie und nehme seit einem Monat zusätzlich Antidepressiva. Ich habe generell aufgrund meiner psychischen Leiden schon wenig Lust rauszugehen und mit Freunden etwas zu unternehmen, doch durch corona ist es wenn ich dann mal die Motivation dafür aufbringen kann einfach nicht mög­lich.“

Sehr geehrter Herr Shetty! Ich arbeite bei einem Rettungsdienst in der Leitstelle, und was sich derzeit abspielt, lässt auch langjährige Kollegen nicht mehr kalt. Ich und meine Kollegen haben durchaus Berufserfahrung, aber was sich derzeit abspielt, ist alarmie­rend. Speziell bei den psychischen Einweisungen und Suizidversuchen fällt uns auf, dass der Anteil der Kinder und Jugendlichen massiv steigt. Teilweise werden Fälle, die in normalen Zeiten stationär aufgenommen werden, abgewiesen, da keine freien Kapa­zitäten zur Verfügung stehen. In diesem Bereich laufen seit Wochen Triagen und nichts passiert. – Zitatende.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das sind nur einige wenige von 50 Berichten von Jugendlichen (ein Bündel Schriftstücke in die Höhe haltend) – ich habe sie Ihnen (in Richtung Bundesminister Faßmann) mitgenommen –, die ich, nachdem ich gestern ein Video zum Thema psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gepostet hatte, innerhalb weniger Stunden erhalten habe.

Diese subjektiven Berichte von Kindern und Jugendlichen schlagen sich aber auch in den objektiven Zahlen nieder, und diese zeichnen ein erschreckendes Bild: Eine Studie der Donau-Universität Krems vom März 2021 zeigt, dass 16 Prozent der 14- bis 18-Jäh­rigen Selbstmordgedanken haben und 56 Prozent – also mehr als die Hälfte! – der 14- bis 18-jährigen Jugendlichen klinisch relevante depressive Symptomatiken aufweisen.

Wir hören in den letzten Tagen, dass alles Menschenmögliche getan werden muss, da­mit wir auf den Intensivstationen keine Triagierung bekommen, aber wir wissen seit Mo­naten, dass eine Triagierung auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie längst Realität ist. Wenn Ihr Kind zum Beispiel in Wien an einer Essstörung, an einer schweren Depression oder an Suizidgedanken leidet, muss es rund drei Monate auf einen Therapieplatz war­ten. Warum wird da nicht alles Menschenmögliche getan, um Abhilfe zu schaffen?

Sie sagen immer, die Opposition schimpft nur. – Das stimmt nicht. Wir stehen hier, weil ein guter, ein konkreter, ein notwendiger Antrag meiner Kollegin Künsberg Sarre im Aus­schuss gekübelt wurde, genauso wie letzte Woche im Jugendausschuss mein Antrag zu einem ganz konkreten Neun-Punkte-Notfallplan für die psychische Gesundheit von Kin­dern und Jugendlichen durch Türkis-Grün vertagt wurde – wie zynisch! –; vertagt auf wann?

Wir sollten doch alle zusammenhalten, wenn es um den Schutz der Kinder und Jugendli­chen geht! Wir sollten da doch alle an einem Strang ziehen! Wir sollten doch gemeinsam verhindern, dass es Kindern so schlecht geht wie gerade beschrieben! Warum lehnen Sie dann, Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und Grünen, jegliches gemeinsame Vorge­hen ab? Sie bringen einen verwässerten Antrag ein, demzufolge ersucht und geprüft wird. Es ist zu spät, um zu prüfen und zu ersuchen und um nach Anschober-Manier in Arbeitsgruppen zu versumpern!

Ich möchte Ihnen, Herr Bundesminister, wie schon gesagt, einige der Nachrichten über­geben, die ich gestern erhalten habe. Vielleicht ändert diese Lektüre etwas an Ihrer Ein­stellung, vielleicht schaffen Sie es, sich zu echten Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche durchzuringen, denn es wäre dringend notwendig. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Shetty überreicht Bundesminister Faßmann die genannten Schriftstücke.)

12.39

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pia Philippa Strache. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.