14.15

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir Antisemitismus, egal, aus welcher Ecke er kommt, effektiv bekämpfen wollen, dann braucht es eine gesamtgesellschaftli­che Diskussion, eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung, es braucht eine gesamt­gesellschaftliche Anstrengung. Und diese Anstrengung müssen wir auf uns nehmen, denn es ist die Aufgabe und die Verantwortung der Politik, die Menschen dahin zu füh­ren, gemeinsam gegen Antisemitismus anzukämpfen, egal, ob er von links oder rechts kommt, ob er importiert oder autochthon ist. Dafür setze ich mich ein. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Es ist mir eine wirkliche Freude, dass wir diesen Bericht heute hier im Nationalratsple­num diskutieren können, denn das war mir besonders wichtig. Wir wollten ihn nicht im Ausschuss enderledigen – Frau Abgeordnete Blimlinger hat darauf hingewiesen –, wir wollen jetzt hier mit dieser breiten Diskussion starten. Ich möchte aber auch darauf hin­weisen, dass der Hintergrund, der Grund für die Erarbeitung dieser nationalen Strate­gie – das hat ja nicht vor wenigen Tagen begonnen, der Bericht wird seit mehr als einem Jahr auf- und vorbereitet –, ein besorgniserregender ist: Die Zahl antisemitischer Vorfälle steigt in Österreich, steigt in Europa, steigt weltweit.

Und ja, liebe Abgeordneten Fürst und Stefan, es gibt auch in Österreich ganz aktuelle Vorfälle, wir sehen, dass bei Demonstrationen die Reichsfahne geschwenkt wird, dass da Heil-Hitler-Rufe erklingen. Ich möchte Ihnen schon eines sagen, Herr Abgeordneter Stefan: Wenn Sie davon sprechen, dass man tut, als wäre das das Hauptproblem, dann verniedlichen Sie das schon an sich. (Abg. Stefan: Nein!) Es ist ein Problem, wenn nur ein Einziger mit einem Davidstern, sozusagen als Judenstern, als früheres Symbol ver­wendet, auf die Straße geht, es ist ein Problem, wenn einer: Heil Hitler!, schreit.

Niemand verunglimpft diejenigen, die mittlerweile der Coronamaßnahmen müde sind, die da ihre Kritik zum Ausdruck bringen wollen. (Abg. Belakowitsch: Natürlich!) De­monstrationsfreiheit zu haben ist eines der höchsten Güter in einer Demokratie – unter den entsprechenden Maßnahmen, dass man niemanden anderen gefährdet. Sich als FPÖ aber im Windschatten sozusagen angegriffen zu fühlen, wenn man das hier auf­bringt und sagt, dass es diese Probleme gibt, das, mit Verlaub, verstehe ich nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Abg. Stefan: Nicht außer Haus gehen können, das ist das Problem!)

Wir waren eines der ersten Länder in der Europäischen Union, das eine Nationale Stra­tegie gegen Antisemitismus vorgelegt hat, denn – auch da darf ich den Bogen noch ein­mal spannen – das ist eine Initiative der Europäischen Kommission. Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union ist aufgerufen, eine derartige Strategie vorzulegen. Wir haben sie im Jänner präsentiert. Insgesamt acht Ministerien haben zusammengearbeitet, ha­ben Initiativen zusammengetragen, die in sechs Säulen – Abgeordneter Engelberg hat es dargestellt – 38 Maßnahmen als sozusagen ersten Anstoß, um in die Antisemitismus­bekämpfung hineinzukommen, vorgeben. Wir haben sie gemeinsam mit der Kommis­sion, mit dem Vizekanzler und auch mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusge­meinde präsentiert, weil es da einen Schulterschluss braucht.

Ich sage Ihnen eines: Ich bin stolz auf diese Strategie, ich weiß aber auch, dass sie nur ein Anfang ist und nur dann zum Leben erweckt werden kann, wenn Sie uns alle dabei helfen, sie zum Leben zu erwecken, wenn wir den Diskurs tatsächlich vorantreiben, wenn wir die Schülerinnen und Schüler nach Mauthausen einladen, um sie für die dun­kelsten Kapitel in diesem Lande zu sensibilisieren, wenn wir auch die Lehrunterlagen so aufbereiten, dass sie verständlich sind und andere Bereiche außerhalb der Schule mit­einbeziehen, damit dieses Thema nicht aufkommt, weder im Internet, Frau Abgeordnete Fürst, noch in einem blöden Witz am Stammtisch.

Ich möchte das einfach in Zukunft bekämpfen, denn ich möchte weder Schmierereien auf Friedhöfen sehen, noch möchte ich Maßnahmen setzen, weil viele solche Vorfälle gar nicht zur Anzeige bringen wollen. Das ist das, was dahintersteht, und das können wir nur gemeinsam mit einer Gesamtstrategie lösen. Da bitte ich Sie tatsächlich alle um Unterstützung!

Wir haben im Bundeskanzleramt nach der Präsentation die ersten Schritte auch schon gesetzt. Es gibt eine Koordinierungsstelle, wir werden zukünftig jährlich einen Bericht an das Parlament vorlegen.

Eines möchte ich auch hinzufügen: Nach der gestrigen Präsentation von Bundesminister Faßmann, dass man mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften tatsächlich auch ein Zentrum für Antisemitismusforschung plant ein Meilenstein, den man da um­gesetzt hat –, kann ich Ihnen berichten, dass heute das Österreichisch-Jüdische Kultur­erbegesetz im Bundesgesetzblatt I unter der Nummer 39/2021 kundgemacht worden ist. Das ist tatsächlich ein Meilenstein, der zukünftig jüdisches Leben sicherer und sichtbarer machen kann, und ich hoffe, dass Sie uns auf diesem Weg weiter begleiten, denn nur gemeinsam können wir gegen Antisemitismus in allen seinen Formen ankämpfen. – Vie­len Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

14.21

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 8 bis 12 und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.