12.29

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lange haben wir auf dieses Homeofficegesetz gewartet. Es hat viele Pressekonferenzen dazu gegeben, die Berge haben gekreißt, und jetzt steht das Mäuslein vor uns. Dieses Mäuslein ist eine Konstruktion der Sozialpartner – damit nehme ich den Herrn Minister schon in Schutz; das ist nicht auf seinem Mist gewachsen, sondern da haben sich halt die altbekannten Sozialpartner so lange unterhalten, bis nichts mehr übrig war.

Was uns jetzt vorliegt, ist ein Homeofficegesetzentwurf im engeren Sinne, würde man als Jurist sagen, denn Homeoffice gibt es nur in der Wohnung. Es ist kein Gesetz für Mobile Office, für eine dynamische Arbeitswelt, in der jemand auch einmal im Kaffee­haus, am Flughafen oder im Hotel den Laptop aufklappt und etwas arbeitet, sondern gearbeitet werden kann nur in der Wohnung. Da können wir dann noch streiten, wie weit die Wohnung geht, ob etwa, wenn Sie einen großen Garten haben, dieser noch zur Wohnung zählt. Mit diesem Gesetz werden die Gerichte viel Spaß haben – eine groß­artige Leistung unserer Sozialpartner.

Um das zu sanieren, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mobiles Arbeiten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Teil des Home Office-Gesetzespakets mobiles Arbeiten unabhängig von der Einschränkung auf die Wohnung zu berücksich­tigen.“

*****

(Beifall bei den NEOS.)

Das ist aber nicht die einzige Glanzleistung in diesem Gesetzentwurf. Eines meiner Lieblingsstücke ist der Punkt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer und der Arbeit­nehmerin die Kosten für digitale Arbeitsmittel zu ersetzen hat. Wenn man dann nach­fragt, was digitale Arbeitsmittel sind, bekommt man keine gescheite Antwort, und es wird einem auch nicht erklärt, warum genau digitale Arbeitsmittel. Wenn Sie sich dieses Wort überlegen, dann müssen Sie nämlich feststellen: Ihr Laptop ist kein digitales Arbeits­mittel, denn diesen können Sie angreifen. Digital ist die Software, die Sie auf Ihrem Lap­top haben. Das also muss Ihnen der Arbeitgeber ersetzen. Beim anderen steht es so nicht im Gesetzentwurf, im Gegenteil, und der Jurist schließt: Dann muss ich die nicht digitalen Arbeitsmittel natürlich nicht ersetzen.

Nicht digitale Arbeitsmittel sind beispielsweise auch der Drucker und ganz besonders auch das Papier, das Sie in den Drucker legen. – Also eine großartige legistische Leis­tung, die unsere wunderbaren Sozialpartner für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer da zustande gebracht haben. Am Schluss kennt sich keiner aus, es wird gestritten werden, es freuen sich die Anwälte, wie Kollege Fürlinger, die dann Klienten haben, mit denen sie vor Gericht ziehen können. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist auch festgehalten, dass eine Homeofficevereinbarung schriftlich getroffen und mit einer Kündigungsfrist von einem Monat versehen werden muss. Wenn ich jetzt also der Mitarbeiter von Kollegin Salzmann wäre und sagen würde: Chefin, kann ich nächste Woche am Donnertag und Freitag im Homeoffice arbeiten?, dann könnte sie nicht sagen: Ja, Gerald, geh halt!, sondern wir müssten eine schriftliche Vereinbarung treffen, und diese hätte eine Kündigungsfrist von einem Monat. – Wie weltfremd ist denn das?! Das ist Gesetzeschreiben am Leben vorbei! Ich meine, das wurde ja von den Sozialpartnern gemacht, und ich kann mir schon vorstellen, dass man in der Wirtschaftskammer so arbeitet, ich kann mir auch vorstellen, dass man bei der Gewerkschaft so arbeitet, aber im wirklichen Leben, wo die Leute das Geld verdienen, arbeitet man nicht so!

Mit diesem Gesetzentwurf werden ganz viele Fragen, die sich vorher nicht gestellt ha­ben, neu aufgeworfen, die Gerichte werden sehr viel zu tun haben, und deswegen ist es ganz wichtig, dass eine Evaluierung vorgesehen ist. Wir werden hoffentlich diesen Murks nach der Evaluierungsphase in zwei Jahren reparieren. (Beifall bei den NEOS.)

12.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Mobiles Arbeiten

eingebracht im Zuge der Debatte in der 91. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1301/A der Abgeordneten Christoph Zarits, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfassungs­gesetz, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversiche­rungsgesetz geändert werden sowie über den Antrag 800/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Regelun­gen für Homeoffice/Telearbeit (735 d.B.) – TOP 9

Die COVID-Krise hat gezeigt, wie schnell sich Unternehmen und Organisationen an neue Bedingungen anpassen müssen. Die berufliche und private Lebensrealität vieler Erwerbstätiger verändert sich rasch, und die Corona-Krise beschleunigt die Digitalisie­rung von Wirtschaft und Gesellschaft zusätzlich. In der aktuellen ökonomischen Krise zeigen sich die Vorteile digitaler Innovationen: Sie machen Unter-nehmen und Organisa­tionen in Krisenzeiten anpassungsfähig, handlungsfähig und damit überlebensfähig. Die COVID-Krise hat aber auch gezeigt, dass Home Office in Österreich zu weiten Teilen noch nicht geregelt ist und daher in der Praxis zahlreiche Fragen offen sind. Betrachtet man die Veränderung des Arbeitsmarktes nach Branchen, zeigt sich, dass die Kommu­nikations- und Dienstleistungsbranche einen enormen Stellenzuwachs in den letzten elf Jahren erfahren haben.

Somit ist es an der Zeit, das Arbeitsrecht unter Wahrung der Arbeitnehmerrechte an die wirtschaftliche Realität des 21 Jahrhunderts anzupassen. Daher wäre ein ehrlicher Dis­kurs umso wichtiger, um aufzuzeigen welche Veränderungen notwendig sind. Mit einem Bild des Arbeiters an der Werkbank werden sich die Fragen der modernen Arbeitswelt nicht klären lassen. Die fundamentalen Haltungen und die Lagerkämpfe der Großpartei­en machen eine Selbstbestimmung des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin nicht möglich und stellen sich einer innovativen Entwicklung in den Weg.

Um genau die oben genannte Probleme zu lösen, wurde 2020 von der Ex-Bundesminis­terin Aschbacher der Versuch gestartet, das Arbeitsrecht an das 21 Jahrhundert anzu­passen. Die Ex- Bundesministerin versprach ein umfangreiches Gesetzespaket, sowohl für kurzfristige als auch langfristige Anwendungen (1). Wie die aktuelle Kritik zeigt, ist dieser Versuch gescheitert. Nach einem Jahr Pandemie wird ein Gesetz vorgelegt, das mehr Fragen als Antworten aufwirft. Die Digitalisierung ermöglicht mobiles Arbeiten*, doch dies wird im vorgelegten Gesetzespaket nicht geregelt. Diese Kritik wird auch in den Stellungnahmen geäußert, unter anderem von Dr. Martin Gruber-Risak, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Wien: "Es ist nicht nachvollzieh­bar warum in Abs 1 leg cit nicht auch das mobile Arbeiten, dh das Arbeiten außerhalb des Betriebes an einem anderen Ort als der Wohnung bzw einem von den Arbeitneh­mer*innen frei wählbaren Ort, geregelt wird." (2,3)

Neben dem ausgewiesenen Experten der Universität Wien, kritisieren auch Mag. Peter Schöffman und Mag. Ines Kager (4) von der Wirtschaftsuniversität Wien, aber auch die Wiener Linien, die Eingrenzung auf den Wohnbereich: Die Definition von „Arbeitsleistun­gen in der Wohnung“ schließt eine Erbringung von Arbeitsleistungen zB im Park, Café oder in einem Hotelzimmer aus. (5)

Quellen:

(1) https://www.derstandard.at/story/2000120097091/aschbacher-homeoffice-regelung-kommt-erst-im-maerz-2021

(2) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/ME/ME_00094/index.shtml#tab-Stel­lungnahmen

(3) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_36698/index.shtml

(4) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_36700/index.shtml

(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SNME/SNME_36691/index.shtml

*Mobiles Arbeiten wird als Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte definiert. Es umfasst zum Beispiel die Arbeit von Zuhause aus, die Arbeit beim Kunden, die Arbeit von unter­wegs und die Arbeit im Rahmen von Dienstreisen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Teil des Home Office-Gesetzespakets mobiles Arbeiten unabhängig von der Einschränkung auf die Wohnung zu berücksich­tigen."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abgeordnete.