10.31

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Menschen, die uns auch heute sicherlich zu­schauen! 380 950 Menschen haben das Klimavolksbegehren unterschrieben. Das sind 380 950 Stimmen, die einen klaren Handlungsauftrag an uns hier im Hohen Haus gerichtet haben: Hört auf die Wissenschaft, folgt ihren Empfehlungen! Leistet euren Beitrag, um eine Klimakatastrophe zu verhindern!

Daher haben wir die Wissenschaft in den Umweltausschuss eingeladen. Wir haben die Forderungen des Klimavolksbegehrens mit 15 WissenschafterInnen hier im Hohen Haus im Ausschuss debattiert, auch die ProponentInnen des Klimavolksbegehrens sind zu Wort gekommen. Wir haben diese sehr konstruktive Diskussion erstmals in der Ge­schichte auch per Livestream übertragen. Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal bei den MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion, aber auch bei Ihnen, Herr Präsident, ganz herzlich dafür bedanken, dass diese historische Premiere möglich ge­macht wurde. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Nach mehreren Wochen der intensiven Diskussionen und harten Verhandlungen haben wir uns auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt – gemeinsam mit unserem Koalitions­partner, aber auch mit den NEOS –, mit dem wir ganz zentrale Forderungen des Klima­volksbegehrens umsetzen werden.

Ich bringe daher den unselbständigen Entschließungsantrag der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimavolksbegehren“ ein und freue mich sehr, dass ich ihn in seinen Grundzügen erläutern darf:

Eine Maßnahme, die mich sehr freut, ist die Einführung eines Klimarats der Bürgerinnen und Bürger. Das hat nicht nur das Klimavolksbegehren gefordert, sondern das haben auch die NEOS in einem eigenen Antrag gefordert. Den haben wir jetzt auch in einen gemeinsamen Entschließungsantrag eingebaut.

Was ist der Klimarat? – Das ist so eine Art Miniösterreich, für das 100 Menschen aus ganz Österreich zufällig, aber repräsentativ ausgewählt werden und in dem sie sich mit wissenschaftlicher Begleitung zusammensetzen, um gemeinsam Klimaschutzmaß­nah­men auszuarbeiten. Da sind dann alle dabei: die vorarlbergische Bäuerin, der Motorrad­fahrer aus der Steiermark, der Stahlarbeiter aus Oberösterreich oder die Angestellte aus Wien – alle sind da dabei, auch FPÖ-Wähler, ÖVP-Wähler, Grün-Wählerinnen, und setzen sich in einem Miniösterreich zusammen. Ich halte die Einführung dieser Klimaräte der Bürgerinnen und Bürger - - (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Es sind auch Tiroler dabei! (Abg. Hörl: Ja, genau! – Heiterkeit.) Danke, Herr Hörl, für die Erinnerung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau das macht es aber aus: Es sind eben alle dabei und nicht nur die, die sich schon sehr lange mit Klimaschutz beschäftigen, sondern alle. Internationale Beispiele zeigen uns, dass die Ergebnisse dieser BürgerInnenräte extrem spannend sind, und ich glaube, wir sollten auch keine Scheu haben, diese Ergebnisse dann auch umzusetzen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir konnten uns in diesem Antrag auf einige zentrale Punkte einigen, die das Volks­begeh­ren gefordert hat und die aber auch Eckpfeiler eines neuen Klimaschutzgesetzes sein werden. Wir werden bis Juni 2021 eine Studie vorlegen, in der die Möglichkeit einer verfassungsrechtlichen Verankerung des Grundrechts auf Klimaschutz – eine ganz zentrale Forderung des Klimavolksbegehrens – überprüft wird. Wir werden ein mit den Zielen von Paris kompatibles Treibhausgasbudget gesetzlich verankern. Das ist die zentrale Forderung des Klimavolksbegehrens, und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir das gesetzlich verankern werden – das ist eine ganz neue Qualität im Klimaschutz in Österreich. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmuckenschlager.)

Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir ein Klimakabinett bilden werden – auch ge­setzlich verankert –, wodurch die Verantwortung für den Klimaschutz nicht bei der allein zuständigen Ministerin sein wird, sondern bei der gesamten Bundesregierung bis hinauf zum Bundeskanzler und auch bei den Bundesländern.

Wir haben uns auf die Einrichtung eines wissenschaftlichen Klimabeirats geeinigt, der die Einhaltung dieses CO2-Budgets auch überwachen wird. Wir haben uns in der Aus­formulierung sehr stark an den vom Klimavolksbegehren geforderten Klimarechnungs­hof gehalten. Dieser wissenschaftliche Klimabeirat wird auch eine eigene Geschäfts­stelle erhalten.

Darüber hinaus, und das freut mich auch, werden wir prüfen, ob wir die Arbeit des parla­mentarischen Budgetdienstes, den wir jetzt schon haben und der sehr gute Arbeit für uns alle hier leistet, um die Aufgaben der Überwachung des Treibhausgasbudgets erwei­tern können.

Wir haben – was, glaube ich, eine unglaublich wichtige Neuerung ist – auch einen Klima­verantwortlichkeitsfonds eingerichtet beziehungsweise haben wir uns darauf geeinigt, dass wir diesen einrichten wollen. Da geht es im Prinzip darum, dass Bund und Länder gemeinsam Verantwortung übernehmen und dass wir, wenn wir den Klimaschutzpfad verlassen, anstatt Millionen für Strafzahlungen und Zertifikate auszugeben, Klimaschutz­maßnahmen im Inland leisten. Wir haben – Julia Herr hat es schon angesprochen – auch hineingeschrieben, dass wir diese Klimaschutzmilliarde, die wir dieses Jahr schon beschlossen haben, auch weiterführen werden, damit das kein Einmaleffekt aus einer Corona-Konjunkturpolitik ist, sondern damit das wirklich langfristig sichergestellt wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Antrag – er wurde an Sie verteilt – ist sehr ausführlich. Ich habe jetzt nur einige Punkte ausgewählt, die so nicht im Regierungsprogramm stehen, die über das Regie­rungsprogramm hinausgehen oder die eine wesentliche Präzisierung darstellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben uns schon oft die Frage gestellt – und auch die Menschen draußen haben sich oft diese Frage gestellt –, ob sich ein Volks­begehren überhaupt auszahlt, ob sich dieses Engagement auszahlt. Aus meiner Sicht geben wir heute mit diesem Beschluss eine sehr eindeutige Antwort auf diese Frage: Jede einzelne Unterschrift, jede Stimme, jedes E-Mail, das gesandt wurde, jedes persönliche Gespräch, das geführt wurde, hat uns weitergebracht, hat uns zu diesem Beschluss gebracht. Daher möchte ich mich wirklich ganz herzlich bei allen bedanken, die sich dafür eingesetzt haben – angefangen bei Katharina Rogenhofer, der Initiatorin, über all die Freiwilligen bis hin zu jedem einzelnen Menschen, der dieses Volksbegehren unterschrieben hat. – Vielen, vielen Dank! Ohne euch würde es diesen wirklich weg­weisenden Beschluss heute nicht geben! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Michael Bernhard

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimavolksbegehren

eingebracht im Zuge der Verhandlung über den Bericht des Umweltausschusses über das Volksbegehren (348 d.B.) "Klimavolksbegehren" (697 d.B.) TOP 1

Entschließungsantrag

 Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht,

die Ambitionen auf dem Weg zur Klimaneutralität weiter voranzutreiben und folgende auf das Klimavolksbegehren basierende Maßnahmen zur Umsetzung zu bringen.

Den Paris-Pfad mit wissenschaftsbasierter Klimapolitik einschlagen

•           Vorlage einer Studie bis Ende Juni 2021, in der die Möglichkeiten einer verfas­sungsrechtlichen Verankerung eines Grundrechts auf Klimaschutz aufgezeigt werden. Dabei soll unter anderem die Frage geprüft werden, wie ein subjektives Recht auf Klimaschutz für alle Bürgerinnen und Bürger eingeräumt werden kann;

•           Gesetzliche Verankerung eines Paris-kompatiblen nationalen Treibhausgas­budget-Budgets-um bis spätestens 2040 die Klimaneutralität in Österreich zu erreichen. Der Pfad berücksichtigt ebenfalls die derzeit auf EU Ebene in Verhandlung befindlichen Ziele für den Effort-Sharing Sektor bis 2030;

•           Vorantreiben einer ambitionierten und fortschrittsorientierten Klima- und Energiepolitik in Europa und der Welt. Weiterentwicklung eines robusten Emissions­handelssystems in Europa und Einsatz für die Etablierung eines globalen Emissions­handels. Begleitend wird an der Umsetzung eines WTO konformen CO2-Grenzaus­gleichs für Europa unter Einbezug der durch den Emissionshandel erreichten Einspa­rungen gearbeitet. 

Eine neue ebenenübergreifende Governance für den Klimaschutz etablieren

●          Ein österreichisches Klimakabinett wird eingerichtet: es besteht aus Mitgliedern der Bundesregierung sowie der Landesregierungen unter Vorsitz des Bundeskanzlers sowie der Ministerin für Klimaschutz. Die gesamte Bundesregierung sowie die Lan­desregierungen übernehmen die Verantwortung bei der Einhaltung der österreichischen Klimaziele und ergreifen gemeinsame verpflichtende Steuerungsmaßnahmen bei Ab­weichungen vom Reduktionspfad;

●          Verankerung eines Klima-Verantwortlichkeitsmechanismus zwischen Bund und Ländern hinsichtlich Maßnahmen und finanzieller Verantwortung für die Einhaltung des Reduktionspfades;

●          Kompensationszahlungen für das Verfehlen von EU-Klimazielen sollen durch die Einrichtung eines Klimaverantwortlichkeitsfonds vermieden werden, der Klimaschutz­maß­nahmen im Inland finanziert. Der Fonds wird im Falle einer Zielpfadabweichung durch die gemeinsam verantwortlichen Bundesländer und dem Bund gespeist. Bund und Länder können daraus Maßnahmen zur Zielerreichung finanzieren;

●          Im Sinne der im Regierungsprogramm verankerten Zielsetzung Klimaneutralität 2040 sind jährliche gesamtstaatliche Klimaziele gesetzlich zu verankern. Diese Klima­ziele legen die jährlichen gesamtstaatlichen Höchstmengen für den Ausstoß von Treibhausgasen für ganz Österreich im non-ETS Bereichs bis 2040 fest und teilen diese auf die einzelnen Sektoren auf; Über den ETS Regelungsbereich hinausgehende Vereinbarungen werden einerseits bei der Zieldefinition als auch bei den Zielpfaden berücksichtigt;

●          gesetzliche Verankerung von Pfaden, Ressourcen und Maßnahmen-Verantwort­lichkeiten unter Einbindung der betroffenen Beteiligten;

●          innerösterreichisches Effort-Sharing anhand klimaschutzrelevanter Indikatoren;

●          Verfassungsrechtliche Verankerung eines wissenschaftlichen Klimabeirats, der die Einhaltung des CO2 Budgets prüft. Einrichtung eines unabhängigen Gremiums universitärer Fachleute und wissenschaftlicher Expertinnen und Experten, der die Einhaltung des Treibhausgasbudgets prüft und insbesondere bei möglichen Verfehlun­gen konkrete Empfehlungen für zusätzliche Maßnahmen ausspricht. Für den wissen­schaftlichen Beirat wird eine Geschäftsstelle aus den bestehenden Strukturen und Mitteln des BMK eingerichtet. Diese Geschäftsstelle organisiert sowohl den wissen­schaftlichen Beirat als auch die BürgerInnenräte. Der wissenschaftliche Beirat soll keine Parallelstruktur zum Nationalen Klimakomitee und zum Klimakabinett aufbauen, sondern dieses vielmehr verstärken. Bei allen neuen und bestehenden klimarelevanten Gesetzen und Verordnungen führt dieses Gremium darüber hinaus eine wissenschaftliche und transparente Folgenabschätzung für Klima-, Umwelt- und Artenschutz durch. Umset­zung des Klimaschutzaktionsplans durch ein Klimakabinett der Bundesregierung. Der Beirat unterstützt außerdem die BürgerInnenräte.

●          Das Präsidium des Nationalrates wird um Prüfung ersucht, die Arbeit des Budgetdienstes, entsprechend den Vorgaben des Regierungsprogrammes, um Fragen der Einhaltung eines nationalen Treibhausgasbudgets zur Klimaneutralität bis 2040 zu erweitern. Der Budgetdienst  soll  Analysen, Expertisen und Kurzstudien zu Regierungs­vorlagen erstellen können und insbesondere dazu beitragen, dass eine möglichst kosteneffiziente Erreichung der Klimaziele und der damit verbundenen Zahlungen sichergestellt wird. Die personelle und fachliche Ausstattung des Dienstes soll dabei sichergestellt werden.

Ein umfassendes Maßnahmenpaket zur klimaneutralen Verwaltung

●          Erarbeitung einer Strategie bis Ende 2021 mit einem konkreten Zeitplan für eine klimaneutrale Verwaltung bis 2040 verbindliche Klimaschutz-Richtlinien für alle Institutionen des Bundes (inkl. nachgelagerter Dienststellen und Unternehmen, die zu 100% im Eigentum des Bundes stehen);

●          nachhaltige und innovationsfreundliche Beschaffung unter Berücksichtigung der Total Cost of Ownership wird Standard.

Ein verbindlicher und unabhängiger Klimacheck

●          Einführung eines verpflichtenden und unabhängigen Klimachecks für alle neuen und bestehenden Gesetze, Verordnungen und Bund-Länder-Vereinbarungen sowie für die Erstellung von Förderrichtlinien und Investitionen des Bundes. Bei negativen Aus­wirkungen auf die österreichische Klimabilanz ist als Folge eine Evaluierung und Alternativenprüfung verpflichtend vorzunehmen. Ein Grenzwert für die Auswirkungen wird unter Bedachtnahme der Minimierung des bürokratischen Aufwands festgelegt;

●          Einrichtung einer neuen verbindlichen Wirkungsdimension innerhalb der WFA „Klimaschutz“, deren Kriterien jedenfalls Auswirkungen eines Vorhabens auf Treibhaus­gasemissionen (positiv, negativ, innerhalb und außerhalb Österreichs) und auf den Bodenverbrauch umfassen;

●          bei begründeter Erwartung einer signifikanten Auswirkung erfolgt die Abschät­zung der Wirkung auf Grundlage eines unabhängigen Gutachtens, das von einer geeigneten akkreditierten Stelle erstellt wird;

Vorantreiben der ökosozialen Steuerreform

●          Ermittlung der volkswirtschaftlichen Kosten von CO2-Emissionen als Referenz­wert für Kostenwahrheit unter Berücksichtigung der europäischen Ebene;

●          Erarbeitung des effizientesten ökonomischen Instrumentes zur schrittweisen Herstellung von Kostenwahrheit bei den CO2-Emissionen in den Sektoren, die nicht dem EU ETS unterworfen sind, z.B. durch CO2-Bepreisung über bestehende Abgaben oder ein nationales Emissionshandelssystem;

●          Erarbeitung eines Implementierungspfades inklusive konkreter Maßnahmen zur Herstellung von Kostenwahrheit für CO2-Emissionen, die klare Lenkungseffekte haben, Planbarkeit sicherstellen, und die Erreichung der Pariser Klimaziele ermöglichen;

Evaluierung der bestehenden Förder- und Subventionslandschaft

●          Bund und Länder verständigen sich auf abgestimmte, mittel- und langfristig ausgerichtete, planbare und gesicherte sowie hinreichend dotierte Klima- und Energie­förderungen für die verschiedenen Zielgruppen zur effektiven und effizienten Erreichung der im NEKP und im Regierungsübereinkommen gesteckten Ziele;

●          bis Juli 2021 wird eine Studie vorgelegt, welche die klimaschädlichen Subven­tionen auf Ebene des Bundes sowie auf Ebene der Länder analysiert und insbesondere eine Wirkungsabschätzung samt Emissionen für alle Sektoren beinhaltet;

●          Kerninhalt der Studie ist außerdem eine Folgenabschätzung der Abschaffung beziehungsweise Reform der jeweiligen Subventionen und Analyse eines für die Unter­nehmen und EndverbraucherInnen verträglichen Aufhebungspfades

●          Maßnahmen für die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen sollen gemein­sam mit Vertreter*innen der Bundesländer und Stakeholder diskutiert und in einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern beschlossen werden;

●          Ausarbeitung sektoral differenzierter Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Private, um sicherzustellen, dass es keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft und für Private gibt, unter Berücksichtigung vorhandener Umstiegsmöglichkeiten sektoraler Auswirkungen, regionaler Unterschiede der Lebensverhältnisse und sozialer Abfede­rung bei gleichzeitiger Wahrung des CO2-Lenkungseffekts;

●          Schaffung von Wahlmöglichkeiten und Anreizen für den Umstieg für Unterneh­men und Private;

●          Einsatz für ein Ende der Finanzierung und der Subventionen für fossile Infra­strukturen und fossile Energien und für die Finanzierung der Bereitstellung nichtfossiler Energien in den benötigten Volumina auf europäischer Ebene;

Eine flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität

●          Das 1-2-3 Klimaticket so rasch wie möglich umsetzen, um die Leistbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel entscheidend zu verbessern;

●          den neuen ÖBB Rahmenplan konsequent umsetzen, um das österreichische Eisenbahnnetz auszubauen und zu modernisieren;

●          Die Förderung der aktiven Mobilität weiter zu forcieren, mit dem Ziel, den Fahrrad- und Fußgängeranteil an Wegen zu erhöhen;

●          eigene Mautkategorie für Autobusse bzw. Reisebusse zur Reduktion des Indivi­dualverkehrs;

●          Einsatz im nationalen und europäischen Rahmen in Richtung einer verursacher­gerechten Kostenwahrheit;

●          entschlossener Kampf gegen den Tanktourismus und dem LKW-Schwerverkehr aus dem Ausland: alle EU-rechtlich zulässigen Maßnahmen sowie nationale Maßnah­men setzen;

●          Korridor-Maut: Erarbeitung eines Vorschlags an die Europäische Kommission zur Überarbeitung der Europäischen Richtlinien (Wegekostenrichtlinie, Eurovignette), um eine größere Flexibilität bei der Mauttarifgestaltung für LKW zu erreichen;

●          Brenner - Korridormaut von München nach Verona, um Kosten an andere Transitstrecken anzupassen;

●          Ökologisierung der bestehenden LKW-Maut (z.B. durch stärkere Spreizung nach Euroklassen);

●          Anreize setzen, dass sowohl der Individualverkehr, der Transportsektor, der land­wirtschaftliche Verkehr als auch stationäre Maschinen der Landwirtschaft auf klima­freundliche Antriebe verlagert werden, wobei insbesondere die Nutzung und der weitere Ausbau erneuerbarer Energien forciert werden muss;

●          ambitionierte segmentorientierte Strategie zur Verwendung alternativer Energie­träger in der Mobilität (E-Mobilität, Wasserstoff, synthetische Treibstoffe, fortschrittliche Biotreibstoffe) mit Fokus auf Gesamt-Klimabilanz und darauf, dass die Energieträger in den jeweils geeigneten Bereichen eingesetzt werden Unterstützung bei Entwicklung von klimaschonenden Treibstoffalternativen für die Luftfahrt.

Die Energiewende weiter vorantreiben, um fossile Energieträger in der Raumwärme auszuschließen

●          Der Ausstieg aus Öl, Kohle und fossilem Gas sowie der Umstieg auf Erneuerbare in der Raumwärme wird bis zum Jahr 2040 festgeschrieben, mit dem Ziel, bis 2040 die gesamte Wärmeversorgung vollständig zu dekarbonisieren;

●          dabei werden insbesondere zur Dekarbonisierung in der Raumwärme und zur Vermeidung sozialer Härtefälle alle Maßnahmen durch eine langfristig angelegte, degressiv gestaltete und sozial gestaffelte Förderung flankiert:

○          für den Neubau,

○          bei Heizungswechsel,

○          verpflichtender Austausch von fossilen Heizkesseln älter als 25 Jahre (ab 2025),

○          Austausch von allen fossilen Heizkesseln spätestens 2035;

●          Ausbau- und Unterstützungsprogramm für „grünes Gas“ (Biomethan, erneuer­barer Wasserstoff)vorrangig für jene Bereiche, in denen andere Alternativen nicht zumutbar verfügbar sind und die zum Erhalt des Wirtschaftsstandortes relevant sind

●          Verankerung der Nutzung von Wärme in tiefen Erdschichten (Tiefengeothermie) im MinRoG, mit der Möglichkeit, die Nutzungsrechte Dritten zu überlassen;

●          Einsatz von Cross-Cutting-Technologies und Aufbau von Hybridnetzen der intensiveren Nutzung von Anergienetzen (bspw. unter Einbindung von Abwärme aus dem Gewerbe) für die Energieversorgung.

Technologieoffensive starten, Digitalisierung und Innovation forcieren

•           Integrierte Energiesysteme (Sektorkopplung) forcieren: gesamthafte Betrachtung der Systeme für Strom, Wärme und Mobilität;

•           technologieoffene Energieforschungsoffensive zur Dekarbonisierung starten (Smart Grids, neue Speichertechnologien, Wasserstoff, Demand Side Management);

•           Vorteile der Digitalisierung nutzen;

•           Experimentierklausel (nach deutschem Vorbild) für Unternehmen ermöglichen;

•           Wasserstoffstrategie rasch auf den Weg bringen: Wasserstofftechnologie spe­ziell für den Wirtschafts- und Teile des Verkehrsbereichs entwickeln.

●          Errichtung eines Vehikels für Transformation und Innovation, um besonders emissionsintensive Unternehmen wettbewerbsfähig und kompatibel mit dem Pariser-Klimaabkommen weiterzuentwickeln u.a. durch das Hebeln von Mitteln aus dem EU ETS Innovation Fund als Beitrag zur Sicherung des Wirtschafts- und Industriestandorts und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit;

●          zur ausreichenden Finanzierung der Technologieoffensive ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Finanzen eine Weiterführung der bereits 2021 beschlos­senen zusätzlichen Klimaschutzmilliarde (im Vergleich zu 2019) vorzusehen, wovon jedenfalls  500 Mio auf den Bereich klimafreundliche Mobilität,  mind. 250 Mio auf den Bereich Sanierungen und mind. 100 Mio auf den Bereich Forschung entfallen sollen.

Maßnahmen setzen, welche die Transformation der österreichischen Land- und Forst­wirtschaft unterstützen

●          Absicherung der Wasserversorgung der Landwirtschaft in der Klimakrise: Unter Berücksichtigung der Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung den Aufbau von land­wirtschaftlichen Bewässerungssystemen für eine nachhaltige und effiziente Bewirt­schaftung ermöglichen, unter Beachtung der Erhaltung eines guten Zustandes der damit verbundenen Wasserkörper;

●          weitere Ausweitung und Stärkung des Versicherungsschutzes für Risiken und Schäden im Rahmen der zunehmenden Extremwetterereignisse im Zuge der Klimakrise für die Land- und Forstwirtschaft;

●          verstärkte dezentrale Energieversorgung und die Stärkung von regionalen Versorgungskonzepten.

Einrichtung eines Klimarats der Bürgerinnen und Bürger zur Diskussion und Ausar­beitung von Vorschlägen für die zur Zielerreichung notwendigen Klimaschutzmaßnah­men in Österreich

•           Einrichtung eines Klimarats der Bürgerinnen und Bürger als partizipativer Prozess zur Diskussion über, und Ausarbeitung von, konkreten Vorschlägen für die zur Zielerreichung notwendigen Klimaschutzmaßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040. Diese werden an das Klimakabinett beziehungsweise die Bundesregierung übermittelt. Der Endbericht wird durch eine gewählte Vertreterin oder einen gewählten Vertreter dem Klimakabinett und dem Nationalen Klimakomitee zur Diskussion vorge­bracht werden.

•           Grundlage für die Diskussion bilden die Vorschläge des Klimavolksbegehrens sowie die im Regierungsprogramm enthaltenen Klimaschutzmaßnahmen und Ziele

•           Der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger konstituiert sich abhängig von den zur Eindämmung von COVID-19 getroffenen Maßnahmen Mitte 2021

•           Er setzt sich aus mindestens 100 Personen, die jeweils seit mindestens fünf Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, mindestens 16 Jahre alt sind und einen repräsentativen Querschnitt der Gesellschaft hinsichtlich Geschlecht, Alter, Bildungs­stand, Einkommen und Wohnort, abbilden, zusammen. Die Auswahl erfolgt nach dem Zufallsprinzip durch ein Sozialforschungsinstitut. Dies stellt sicher, dass die Teilneh­mer*innen repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ausgewählt werden. 

Begründung:

Wir spüren die Auswirkungen der Klimaerhitzung bereits jetzt, dabei befinden wir uns erst am Anfang einer beginnenden Klimakrise. Unsere Gletscher verschwinden, unsere Äcker und Wälder vertrocknen, die Hitze belastet uns alle. Wir müssen Österreich vor drohenden Milliardenkosten, Artensterben und Gesundheitsgefahren bewahren. Unsere Kinder verdienen eine lebenswerte Heimat. Deshalb braucht es nun gemeinsame Maß­nahmen, um der Klimakrise mutig entgegenzutreten.

Weltweit ist derzeit eine starke Dynamik hinsichtlich ambitionierter Klimapolitik bemerk­bar. Die EU bekämpft den Klimawandel durch eine ehrgeizige Politik innerhalb ihrer eigenen Grenzen und durch enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. So folgen weitere Länder den Ankündigungen der Europäischen Union, ihre Ambitionen im Klimaschutz anzuheben. Japan, Südkorea, die EU und die USA unter Präsidenten Biden wollen bis 2050 Klimaneutralität erreichen. Auch China hat angekündigt, bis 2060 klima­neutral werden zu wollen.  Zusammen haben damit bereits Länder mit ¾ der weltweiten Wirtschaftsleistung starke Klimaziele bis zur Mitte des Jahrhunderts. Österreich muss sich zu seiner Verantwortung bekennen, die notwendigen Schritte und Weichenstellun­gen vorzunehmen, um auch für den Rest der Welt einen Pfad zu zeigen, wie diese Zielsetzungen umgesetzt werden können. Um eine internationale Vorreiterrolle einneh­men zu können, müssen in Österreich die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die jetzt entstehenden, gewaltigen Märkte in Zukunftstechnologien und nachhal­tigen Branchen genutzt werden, um langfristig heimische Wertschöpfung, sowie regio­nale und hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu sichern.

Österreich hat im Jahr 2016 als eines der ersten Länder weltweit das Klimaabkommen von Paris ratifiziert. Die Republik hat sich damit verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, die globale Erderwärmung auf deutlich unter 2°C über dem vorindus­triellen Zeitalter zu begrenzen, um so irreversible Schäden an Umwelt und Natur, der menschlichen Gesundheit, wirtschaftlichen Entwicklung und der weltweiten Ernährungs­sicherheit abzuwenden. Laut Weltklimarat steht dafür nur ein beschränktes Treib­hausgas-Gesamtbudget zur Verfügung. Damit Österreich seinen Beitrag zur Einhaltung des Gesamtbudgets leistet, soll im Rahmen des Klimaschutzgesetzes ein CO2-Budget umgesetzt werden – im besten Fall in Kooperation mit anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens von Paris.

In Kenntnis des Klimavolksbegehrens hat der Nationalrat bereits weitreichende Klima­schutzmaßnahmen beschlossen. So wurde das Klimaschutz-Budget für das Jahr 2021 massiv aufgestockt und die Förderinstrumente für den Ausstieg aus fossilen Energien, Sanierungsmaßnahmen, aktive Mobilität sowie E-Mobilität erheblich ausgebaut. Weitere finanzielle Mittel i.H.v. 1 Mrd. Euro jährlich sind im Rahmen des Erneuerbaren Aus­baugesetzes für den Ausbau von erneuerbarer Energie wie Ökostrom, Grünes Gas und Wasserstoff vorgesehen.

Bereits das Budget für das Jahr 2021 wurde für den Klimaschutz im Vergleich zu 2019 um 1,2 Miliarden erhöht und im Rahmen des bereits beschlossenen Finanzrahmens soll die Klimaschutzmilliarde bis 2030 fortgeführt werden. Für die Weiterentwicklung der Schieneninfrastruktur wurde darüber hinaus ein neuer ÖBB Rahmenplan mit einem Rekordbudget von 17,5 Mrd. Euro beschlossen. Damit ist das Budget für die Finan­zierung des 1-2-3 Klimatickets gesichert und somit der Grundstein für einheitliche und leistbare Öffi-Tarife gelegt. Mehr Zugverbindungen an den Tagesrandzeiten, der Ausbau von Nachtzugverbindungen sowie die Ökologisierung der NoVA sind weitere bereits umgesetzte Bausteine auf dem Weg in Richtung leistbarer und klimaverträglicher Mobilität.

Die österreichische Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung gegenüber allen Akteuren, welche für das Erreichen der Klimaziele eine zentrale Rolle spielen, bewusst und verpflichtet sich daher zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen und europäischen Wirtschaft. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, ist eine weit­reichende Technologieoffensive geplant.

Diesen Initiativen in Richtung Klimaneutralität müssen nun weitere folgen - in der Debatte über das Klimavolksbegehren wurden die offenen Punkte in der österreichischen Klima­politik ausführlich diskutiert.

Für den Klimaschutz ist es außerdem notwendig, dass die gesamte Bundesregierung und einzelnen Ressorts aber auch die Bundesländer ihre Verantwortung wahrnehmen und möglichst klare und nachvollziehbare Umsetzungsschritte setzen. Die Bereitschaft von Bevölkerung und Unternehmen, ambitionierte Schritte zu setzen, ist sehr hoch und baut darauf auf, dass die unterschiedlichen Ebenen der Republik Österreich gemeinsam Klimaschutz ermöglichen.

Um für die Gesellschaft, Wirtschaft und auch Politik langfristig Planungssicherheit zu ermöglichen, muss ein Klimaschutzgesetz verabschiedet werden, welches den Reduk­tionspfad klar vorgibt, sektorale Ziele und Verantwortlichkeiten etabliert, sowie Steue­rungs­­maßnahmen vorsieht. Bei Abweichungen vom Reduktionspfad müssen Mechanismen greifen, die ein Gegensteuern ermöglichen. Begleitend muss das österreichische Steuer­system ökologisch umgestaltet werden. Damit wird es heimischen Betrieben sowie Konsument*innen ermöglicht, Entscheidungen im Sinne des Klimaschutzes zu treffen. Für die Erreichung der Klimaschutzziele braucht es sowohl den Umstieg auf Erneuerbare aber auch gleichzeitig eine Steigerung der Energieeffizienz. Der Umstieg auf Erneuer­bare muss ausreichend finanziert werden. Für die notwendigen Energieeffizienz­steigerungen braucht es gesetzliche Regelungen, Anreize, Anschubprogramme und verpflichtende Ziele. Für die Umstellung auf eine klimaverträgliche Mobilität braucht es mehr, bessere und leistbare öffentliche Verkehrsmittel sowie bessere Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr.

Die Erhöhung der Klimaziele bis 2030 bedeutet, dass Projekte rascher verwirklicht werden müssen, es werden neue Infrastrukturen (Wasserstoff, Stromleitungen) benötigt, und bestehende Engpässe (Güterbeförderung auf der Schiene, Stromnetze, Strom­speicher) müssen rascher beseitigt werden. Dies ist gleichzeitig für den Erfolg der Dekarbonisierung wie die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und die Erhaltung eines attraktiven Wirtschaftsstandorts Voraussetzung.

Klimaschutz funktioniert am besten, wenn die Welt an einem Strang zieht. Die Bemühungen auf internationaler Ebene sind zu verstärken, die Klimaschutz in die ganze Welt hinauszutragen. Dazu wird es notwendig sein, eine adäquate CO2-Bepreisung auch auf andere Wirtschaftsräume auszudehnen und für die Bekämpfung des „Klima­dumping“ (Wettbewerbsvorteil für klimaschädlich erzeugte Produkte) auf internationaler Ebene Partner zu finden.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, auch in den Grundzügen erläutert und steht daher in Verhand­lung.

Zu Wort kommt als nächster Redner Abgeordneter Rauch. – Bitte.