10.57

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich zuallererst bei allen Menschen, die beim Klimavolksbegehren mitgearbeitet haben, mitgewirkt haben, sozusagen Tag und Nacht das Thema vorangetrieben haben, und auch bei allen, die unterschrieben haben, ganz herzlich bedanken. Ich glaube, das ist ein unglaublich wesentlicher Beitrag gewesen, und man muss ganz klar sagen: Wir würden heute nicht über Klimapolitik diskutieren und es gäbe nicht diesen Antrag, hätte es nicht das Klimavolksbegehren gegeben. Dafür meinen herzlichen Dank. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Klimavolksbegehren hat nicht nur für die Klimapolitik einen wichtigen Beitrag geleistet, sondern es kann auch eine generelle Trendumkehr im Umgang mit Volks­begehren markieren, die in den Nationalrat gelangen, es kann quasi das erste seit Langem sein, das wieder einen Unterschied macht, und ich hoffe, es folgen viele weitere. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.)

Zur Klimapolitik im Allgemeinen – darauf möchte ich schon noch einen, zwei Blicke werfen, bevor ich auf den Antrag eingehe –: Wo stehen wir denn heute? Ich habe in meinen Reden bisher immer angeführt, dass wir im Ranking unserer Klimapolitik zwischen Weißrussland und China stehen. Ich habe heute in der Früh noch einmal nachgeschaut: Wir waren letztes Jahr auf Platz 36 – Weißrussland ist weiter hinter uns, China ist deutlich davongezogen, Thailand hat uns überholt. Jetzt sind wir zwischen Thailand und Indonesien.

Das heißt, wenn wir jetzt darüber reden, dass wir ein mustergültiges Klima- und Um­weltvorzeigeland sind, dann ist das eine doch sehr deutliche Übertreibung. Es waren nicht nur 400 000 Menschen, die das Klimavolksbegehren unterschrieben haben, son­dern es sind weit über 80 Prozent der Menschen, die sich eine aktive Klima- und Umwelt­politik in Österreich wünschen, und zwar unabhängig davon, ob das jetzt liberal, sozialdemokratisch, konservativ oder grün eingestellte Bürgerinnen und Bürger sind.

Wir haben eine große Erwartungshaltung im Land, und die Erwartungen wurden in der Vergangenheit nicht erfüllt. Über die Gründe brauchen wir nicht lange zu diskutieren, es reicht, wenn wir es in Zukunft anders machen. Genau da setzen wir mit diesem Antrag auch an.

Was steht denn in dem Antrag? Warum sind wir als NEOS auch mit dabei? Kollegin Herr und Kollege Kollross von der SPÖ haben beide natürlich damit recht, dass der Prozess, wie dieser Antrag entstanden ist, schon sehr deutlich verunfallt ist. Es gab ursprünglich die Kommunikation, es wird einen gemeinsamen Antrag geben, alle Parteien sitzen an einem Tisch, sie verhandeln, die besten Ideen werden berücksichtigt. Real war, dass wir am 23. Dezember kurz vor Mitternacht eine fünfseitige Vorschlagsliste geschickt haben, und dann haben wir vonseiten der Grünen und der ÖVP nie wieder etwas gehört. Die Verhandlungen haben in der Form jedenfalls nicht so stattgefunden, wie das angekün­digt war.

Das kann jetzt an der ÖVP liegen, das kann an den Grünen liegen, es ist in Wirklichkeit aber vollkommen egal. Es zählt, was jetzt wirklich auf dem Tisch liegt, und ich denke, dass diese mehr als 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger kein Verständnis dafür hätten, wenn wir NEOS heute gegen den Antrag stimmen würden, obwohl er eine deutliche Verbesserung des Status quo ist. Streiten allein ist noch kein Argument, um gegen einen Antrag zu sein. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

An dieser Stelle auch ein Danke von unserer Seite. Die Vorschläge, die wir übermittelt haben, wurden zu einem guten Teil nicht übernommen, es wurde aber ein ganz zentrales Element übernommen, nämlich diese Bürgerräte, Klimaräte. Dabei kommen die Men­schen wirklich im Kleinen zusammen und diskutieren über die Möglichkeiten, die wir haben, um unsere Klimaziele zu erreichen und die Emissionen zu reduzieren, um in Zukunft in einem anderen, in einem tatsächlich umweltfreundlicheren und gesünderen Österreich leben zu können. Darauf freuen wir uns ganz besonders.

Ich möchte noch einen Punkt einbringen: Es sind, auch wenn die Sozialdemokratie heute gegen diesen Antrag stimmt, sehr wohl Elemente der Sozialdemokraten in diesem Antrag enthalten. Beispielsweise ist die Klimaschutzmilliarde doch etwas, das in deren Vorschlägen enthalten war, und wir nehmen hier, denke ich, schon die Breite der Bevölkerung mit. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Inhaltlich ist es tatsächlich so, dass für uns NEOS klar war – Frau Ministerin, Sie wissen, wir haben im letzten Wahlkampf öfter darüber diskutiert –: Wir wollen weg von diesem Klein-Klein, wir wollen dieses große Bild, wir wollen eine positive Revolution in der Klimapolitik, mit der sich unser Energiesystem, unsere Mobilität, unsere Art zu wohnen, unsere Art zu arbeiten so verwandeln, dass eine höhere Lebensqualität entsteht, dass es mehr Zeit für die Menschen gibt und dass es besser für den Planeten ist – unter Einbindung der Wirtschaft.

Dafür braucht es mehr, als bisher im Regierungsprogramm war, und dieser Antrag ist jetzt einmal ein Schritt in dieses Mehr hinein.

Ich möchte jetzt noch auf zwei Punkte eingehen. Ganz besonders wichtig ist, dass es tatsächlich ein Treibhausgasbudget in einem Ausmaß geben soll, bei dem wir sagen, es wird jedes Jahr entschieden, wie viele CO2-Emissionen verbraucht werden können. Das wird dann auch, so hoffen wir, durch den Budgetdienst des Parlaments nachprüfbar sein, sodass wir in Zukunft auch jede Regierung, egal wer gerade Teil davon ist, dahin gehend überprüfen können, ob das, was sie versprochen hat, danach auch wirklich eingehalten wird. Wir wissen ja, ein Faktencheck beim Budget ist manchmal auch ein sehr span­nen­der.

Der zweite Punkt, der aus unserer Sicht tatsächlich ganz zentral ist, ist, dass Sie die Länder in die Pflicht nehmen. Jeder, der Österreich kennt, weiß, ohne den Föderalismus zu berücksichtigen, wird man zu keiner Lösung in der Klimapolitik kommen.

Ich möchte in aller Kürze zwei Anträge einbringen, die uns derzeit fehlen, nämlich erstens:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klarer Pfad zur Abschaffung oder Ökologisierung umweltschädlicher Subventionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem BMF einen konkreten und verbindlichern Fahrplan zur vollständigen Abschaf­fung oder Ökologisierung aller direkt bzw. indirekt klima- und umweltschädlichen Sub­ventionen auf Bundes- und Landesebene bis 1.1.2022 vorzulegen.“

*****

Zweitens:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Konkre­tisie­rung der Ökologisierung des Steuersystems“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Plan für eine schrittweise, grundlegende und grundsätzlich aufkommensneutrale Ökologisierung des österreichischen Steuer­systems vorzulegen, welcher eine Senkung der Besteuerung des Faktors Arbeit, sowie eine sektorübergreifende Besteuerung von klimaschädlichen Emissionen beinhaltet und ab Januar 2022 in Kraft tritt.“

*****

Gehen wir es an, verlieren wir keine Zeit! Sie haben unsere Unterstützung als NEOS. Wir erwarten als Nächstes ganz konkrete Gesetzesvorhaben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

11.04

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Klarer Pfad zur Abschaffung oder Ökologisierung umweltschädlicher Subven­tionen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 93. Sitzung des Nationalrats über "Klimavolks­begehren" (697 d.B.)– TOP 1

Umweltschädliche Subventionen belasten nicht nur das Budget, sondern untergraben - oft kostenintensive - Bemühungen der Republik Österreich, klimapolitische Zielset­zun­gen zu erreichen. Laut verschiedener Schätzungen werden in Österreich umweltschäd­liche Subventionen in einer Höhe von bis zu 4,7 Mrd Euro ausgegeben. Die Abschaffung oder Ökologisierung dieser Subventionen oder Förderungen ist seit Jahren eine Forde­rung von Umwelt- und Klimaschutzexpert_innen. Allerdings sind hier bisher vonseiten der letzten Regierungen keinerlei konkrete Schritte gesetzt worden.

Auch diese Bundesregierung hat in ihrem parlamentarischen Entschluss zum Klima­volksbegehren zwar - wie auch im Regierungsprogramm - ein grundsätzliches Bekennt­nis zur Evaluierung der Förderlandschaft abgegeben, es fehlt allerdings ein klares, grundsätzliches Bekenntnis zur Abschaffung oder Ökologisierung aller direkt und indirekt klima- und umweltschädlichen Subventionen, sowie ein konkreter und verbindlicher Zeitplan.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem BMF einen konkreten und verbindlichern Fahrplan zur vollständigen Abschaffung oder Ökologisierung aller direkt bzw. indirekt klima- und umweltschädlichen Subven­tionen auf Bundes- und Landesebene bis 1.1.2022 vorzulegen."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Konkretisierung der Ökologisierung des Steuersystems

eingebracht im Zuge der Debatte in der 93. Sitzung des Nationalrats über

"Klimavolksbegehren" (697 d.B.)– TOP 1

Eine grundlegende Ökologisierung des Steuersystems, welche eine sektorübergreifende Besteuerung von klimaschädlichen Emissionen sowie eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit beinhaltet, könnte einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der österreichischen Klimaziele leisten und umweltfreundliches Handeln von Bürger_innen und Unternehmen fördern. Die positiven Auswirkungen einer CO2 Steuer werden nicht nur von einer Vielzahl von Expert_innen und Organisationen betont (unter anderem WIFO, Weltbank, IWF, zahllosen Umweltorganisationen sowie ein internationaler Zu­sam­menschluss von über 3500 Ökonom_innen inklusive zahlreicher Nobelpreis­trä­ger_innen), sondern werden auch durch das erfolgreiche Beispiel Schweden unter­strichen, wo eine merkliche Senkung der Emissionen trotz positiver Wirtschaftsentwick­lung erreicht wurde.

Die Ökologisierung des Steuersystems könnte nicht nur einen entscheidenden Beitrag zur langfristigen, nachhaltigen Bewältigung der Klimakrise darstellen, sondern auch die durch die COVID-19 Krise ohnehin zusätzlich belasteten Bürger_innen langfristig entlas­ten. Denn derzeit hat Österreich die zweithöchsten Steuern auf Arbeit in der gesamten EU.

Die Bundesregierung hat in ihrem parlamentarischen Entschluss zum Klimavolks­be­gehren zwar - wie auch im Regierungsprogramm - ein grundsätzliches Bekenntnis zu einer CO2 Bepreisung abgegeben, hier aber weder konkret eine Ökologisierung des Steuersystems angekündigt, noch ein Bekenntnis zur Reduktion der Besteuerung des Faktors Arbeit abgegeben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Plan für eine schrittweise, grundlegende und grundsätzlich aufkommensneutrale Ökologisierung des österreichischen Steuer­systems vorzulegen, welcher eine Senkung der Besteuerung des Faktors Arbeit, sowie eine sektorübergreifende Besteuerung von klimaschädlichen Emissionen beinhaltet und ab Januar 2022 in Kraft tritt."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.