14.44

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich hat Alexei Nawalny ein Recht auf Wahrung seiner Grundrechte, seiner Bürgerrechte. Natürlich hat Alexei Nawalny ein Recht auf Sicherheit, ein Recht auf die Aufklärung dieses Giftanschlages, dieses Mordanschlages, und Alexei Nawalny hat ein Recht auf ein faires Verfahren innerhalb einer unabhängigen Justiz.

Ich möchte aber trotzdem hier sagen, Alexei Nawalny sollte nicht zu einem Helden von Freiheit und Demokratie hochstilisiert werden, und er ist für mich auch kein Säulen­heiliger. Mir geht es bei Russland natürlich nicht nur um Alexei Nawalny, sondern um viele Tausende – das hat ja mein Vorredner Kollege Lopatka auch betont –, die mitunter schlimmer behandelt wurden als Nawalny und vergessen sind. Daher möchte ich hier auch ein differenzierteres Bild von Alexei Nawalny zeichnen.

Allein schon im außenpolitischen Bereich, im Konflikt zwischen Russland und Georgien war die Position von Alexei Nawalny: Die russische Armee soll Tbilissi besetzen, die russische Armee soll bis Tbilissi marschieren. – Ich glaube, das kommt in Europa nicht besonders gut an, und das sollte auch hier in dieser Runde nicht gut ankommen. Ich bin nicht der Pressesprecher und kein Verteidiger Putins, aber Putin ist nicht bis Tbilissi marschiert. Nawalny würde Tiflis sagen und nicht Tbilissi, weil er auch kein großer Freund von Minderheiten ist.

Es gibt im Russischen den Ausdruck Vieh, Minderheiten seien Vieh, Nawalny sieht die Mittelasiaten sehr, sehr kritisch, er will sie nicht in Moskau haben. Man soll auch das nicht vergessen, wenn wir von Europa, von europäischen Werten und wenn wir von Menschenrechten sprechen – die gelten auch für Herrn Nawalny als Politiker! (Beifall bei der SPÖ.)

Nichtsdestotrotz verdient Herr Alexei Nawalny die Wahrung seiner Bürgerrechte, ein faires Verfahren, eine Aufklärung des Mordanschlages auf ihn, und er sollte natürlich Teil einer Demokratie in Russland sein, die es allerdings in der Form, wie wir sie schätzen und gewöhnt sind und hier auch verteidigen, nicht gibt.

Zu seinem Nationalismus steht er. Er hat auch in einem Interview mit dem „Guardian“ 2017 – kann man nachlesen –, in einem Interview mit dem „Spiegel“ 2020 betont, dass er zu seinen früheren Positionen des extremen Nationalismus steht; auch die Krim sieht er eher bei Russland als bei der Ukraine oder sonst wo. – Das möchte ich hier nur sagen.

Meine Gedanken sind bei den vielen, vielen Menschen in Russland, die von der Justiz schlecht behandelt werden, denen nicht die Menschenrechte gewährt werden. Meine Gedanken und meine Solidarität sind auch bei jenen schwulen und lesbischen Russen und Russinnen, die bei der gesellschaftlichen Stimmung in Russland derzeit auch kein leichtes Leben haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem wird die SPÖ diesem sehr Nawalny-lastigen Antrag zur Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten zustimmen, weil die SPÖ ganz klar zu diesen Menschen- und Bürgerrechten steht und es in Russland tatsächlich Handlungsbedarf gibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf.  – Bitte, Herr Abgeordneter.