16.32

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanz­minister! Werte Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wir hören schon zum wiederholten Mal von den Regierungsparteien, wie großartig alles funktioniert. Ich stelle mir jedes Mal die Frage: Wie kann es dann eigentlich sein, dass mein Vater, meine Großmutter, die knappe 80 Jahre alt ist und in Kärnten lebt, und viele, viele andere Österreicherinnen und Österreicher bis heute nicht wissen, wann und ob sie geimpft werden? In Dänemark ist es schon seit Wochen der Fall, dass jeder Bürger und jede Bürgerin einen genauen Impftermin hat. (Ruf bei der ÖVP: Meine ist geimpft! Hat sie sich nicht angemeldet?) Ich kann das einfach nicht nachvollziehen. Das funktioniert gar nicht, und Sie können sich nicht jedes Mal herstellen und das großartig kommentieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!)

Kollege Hanger hat vor wenigen Minuten einen großartigen Redebeitrag geliefert. Ich war mir nicht sicher, ob die Kabarettbühnen in Österreich wieder offen sind oder nicht. Wenn er sich hierherstellt und großartig erzählt, wie toll die EU das alles macht, dann frage ich mich ehrlich, ob der nächste Virus ausgebrochen ist, und zwar ein Virus bei eurer Messagecontrol, denn das ist etwas ganz Neues, was wir hier hören, das ist etwas ganz anderes. (Abg. Hanger: Ich habe gesagt, das hat der Bundeskanzler gut gemacht!) – Ich habe es Ihnen mitgebracht, Herr Kollege Hanger, ich kann Ihnen meh­rere Zeitungsartikel bringen und übergeben. (Abg. Hanger: Das sind linke Medien!) – Das ist kein linkes Medium, das ist aus der „Tagesschau“, lieber Herr Kollege. Die „Tagesschau“ ist wirklich kein linkes Medium. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Der Bundeskanzler spricht von einer Benachteiligung bei der aktuellen Vergabepraxis, und Sie stellen sich hierher und sagen, es ist alles großartig. Sie sollten sich echt überlegen, ob Sie nicht mittlerweile ein echtes Problem mit der Messagecontrol haben.

Nun aber zur Debatte über die Dringliche Anfrage, die wir heute führen – das finde ich schon sehr spannend –: Der Finanzminister hat in den letzten Wochen – genauso wie der Bundeskanzler und viele andere in der ÖVP – gesagt: Wir wissen von nichts! Dieser Deckel kommt nur aus dem Gesundheitsministerium! Wir wissen von gar nichts! – und so weiter. Jetzt stellt sich heraus, dass diese 200 Millionen Euro aus dem Finanzminis­terium kommen. Wir wissen ja alle, dass diese 200 Millionen Euro viel zu wenig sind. Sie alle sagen, das Impfen funktioniert so gut. Na ja, wir sind hintennach, und wir sind aus dem Grund hintennach, weil wir zu wenig Geld dafür ausgegeben haben. Israel hat im Vergleich 660 Millionen Euro ausgegeben. Die haben genau das gemacht, was man machen sollte, sie sind auch wesentlich besser als wir. Ich verstehe nicht, warum man das nicht gemacht hat.

Ich finde es aber beruhigend, dass ich jetzt weiß, dass Sie alles gewusst haben, denn das zeigt mir zumindest, dass Sie doch mit dem Gesundheitsministerium konferieren und sich austauschen. Das ist das Positive an der ganzen Geschichte, denn gerade in einer Pandemie ist es wichtig, dass die Regierung zusammenarbeitet.

Problematisch ist aber schon, dass damit klar ist, dass Sie und die ÖVP – ich gehe übrigens davon aus, dass es auch der Bundeskanzler wusste, da Sie durchaus eng und schon seit vielen Jahren ein Duo sind – wussten, dass wir zu wenig Impfstoff haben. Da stellt sich schon die Frage: Warum haben Sie als Finanzminister nichts dagegen getan?

Es gibt für mich drei Erklärungen: Entweder Sie haben, als es um diesen Minister­ratsvortrag ging, nicht mitgedacht, oder Sie sind gerade auf Ihrem Balanceboard ge­standen und haben Ovid oder Ähnliches gelesen, oder Sie tauschen sich doch zu wenig mit allen Beteiligten aus, oder es war Ihnen einfach egal. Egal welche dieser drei Varianten es ist, das ist für einen Finanzminister aus meiner Sicht unwürdig, insbeson­dere wenn wir die Zahlen vergleichen, wie viel wir für andere Dinge ausgegeben haben.

Wir haben allein im ersten Halbjahr der Bekämpfung der Pandemie für Schutzausrüstung 700 Millionen Euro lockergemacht. Das ist wesentlich mehr als in anderen Staaten. Dazu kann man auf der einen Seite sagen, das ist sehr positiv. Wenn man es aber pro Kopf herunterrechnet, merkt man, dass wir viel zu viel ausgegeben haben: In Deutschland sind es 24 Euro pro Person, in Österreich 80, und die Deutschen sind nicht schlechter aus der Krise gekommen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)

Dann geht es ums Impfen, und wir wissen alle, dass Impfen der Schlüssel ist. Ich glaube, das hat auch Sebastian Kurz schon im Sommer letzten Jahres gesagt: Diese Pandemie können wir nur mit einem Impfstoff bekämpfen! Und dann zählt plötzlich jeder Cent – ganz nachvollziehbar ist das nicht. Dabei wird man wirklich das Gefühl nicht los – wie es Kollege Loacker gesagt hat –, es geht Ihnen darum, das zu verlängern, um möglichst lange Förderungen zu vergeben und die Bevölkerung vom Staat abhängig zu machen. (Abg. Schmuckenschlager: Das ist ja unglaublich!)

Sie haben uns gesagt, der Lockdown – ich glaube, der softe Lockdown, haben Sie gesagt – kostet 100 Millionen Euro pro Tag, das sind 700 Millionen Euro pro Woche. Das heißt, mit dem Geld, das wir uns durch die Vermeidung eines soften Lockdowns ersparen könnten, hätten wir ohne Problem die Menge an Impfstoff, die Israel hat, finan­zieren können und wären damit wesentlich weiter gewesen. Das wäre der Weg ge­wesen, den wir hätten einschlagen müssen, und den wollten Sie als Finanzminister nicht einschlagen.

Auch sehr spannend an der ganzen Debatte ist die Sündenbockthematik, die die ÖVP aufgebracht hat. Auf der einen Seite war die Europäische Union schuld, auf der anderen Seite der Spitzenbeamte Auer. Das Spannende ist, dass Herr Auer der Einzige war, der zu Beginn mehr Geld gefordert hat. Er hat von Anfang an gesagt, dass 200 Millionen Euro zu wenig sein werden. Das ist insbesondere spannend, als Sie ihn ja auch recht gut kennen. Soweit ich weiß, ist das ein Bundesbruder von Ihnen. Da fragt man sich wieder: Redet die ÖVP noch miteinander? – Das passiert anscheinend nicht.

Im Endeffekt ist und bleibt es so, dass uns diese Pandemie aufzeigt, dass Sie nur miteinander kämpfen. Das Beste aus den zwei Welten ist dazu geworden, dass der eine Minister sagt, der andere ist schuld, der andere wieder sagt, der ist schuld. Das ist nicht das, was die Bevölkerung will. Die Bevölkerung will endlich eine Lösung, die Bevöl­kerung will wissen: Wann kann ich endlich wieder meine Großmutter besuchen, ohne damit ein Problem oder Angst zu haben, dass ich sie anstecke? Wann kann ich meine Freunde, die Asthma haben, wieder besuchen? Wann kann ich endlich wieder ins normale Leben zurückkehren?

Das Einzige, was Sie aber die ganze Zeit machen, ist, uns diesem Ziel keinen Schritt näherzubringen beziehungsweise diesem Ziel viel zu langsam näherzubringen und einfach abzuwarten. (Abg. Stocker: Das Einzige, was Sie machen, ist kritisieren!) – Ich kritisiere nur, weil Sie einfach nichts weiterbringen, Herr Kollege. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, das geht mir langsam wirklich auf die Nerven! Sie stellen sich jedes Mal hierher und sagen, wie großartig es ist, aber es ist eine reine Katastrophe in diesem Land. Sie können das nicht schönreden! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen etwas, Herr Kollege: Schauen Sie, wir haben diese Pandemie, das ist unbestritten. Wir haben jetzt diesen kleinen Untersuchungsausschuss eingerichtet, und in den wenigen Wochen, die dieser kleine Untersuchungsausschuss arbeitet, kommen wir jeden dritten Tag drauf, dass etwas schiefgegangen ist, egal ob das Hygiene Austria oder Ihre Inseratenvergabe war, mit der Sie sich jede Woche um 1 Million Euro Krisen-PR gönnen – 1 Million Euro, damit der Bundeskanzler schön dasteht! (Zwischenruf des Abg. Stocker.) Das sind wiederum 150 000 Impfungen pro Woche (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!), was viel sinnvoller wäre, denn dann kommen wir da heraus. Sie schalten aber lieber Inserate über Inserate – der Bundeskanzler muss gut ausschauen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und jetzt gibt es dieses Impfchaos! Es zeigt, dass dieser kleine Untersuchungsaus­schuss wichtiger denn je ist, weil in dieser Krise von Ihrer Seite einfach nichts weitergeht. Ich sage Ihnen auch eines, Herr Finanzminister: Die Fragen, die hier alle offengeblieben sind, werden wir noch einmal im kleinen Untersuchungsausschuss angehen müssen. Wir werden uns noch einmal darüber unterhalten müssen: Was wussten Sie wirklich, und warum haben Sie nichts dagegen getan? Warum sind Sie Ihrer Verantwortung nicht nachgekommen und haben der Bevölkerung endlich eine Perspektive gegeben, auf die sie schon sehr, sehr lange wartet? – Danke schön. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

16.40

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Mag.a Oberrauner. – Bitte.