12.58

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Sehr geehrte Regierungsmit­glieder! Ich komme gleich zum neuen Gesundheitsminister, aber vielleicht noch ein Satz zum Kollegen Melchior. Da muss ich schon fragen: Wie wird man eigentlich so? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Wie wird man eigentlich so: sich hier herzustellen und das, was Sie gerade von sich gegeben haben, von sich zu geben? Diese Dreistigkeit, die muss man einmal besitzen! (Abg. Wöginger: Ja, hallo, hallo, hallo! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht reflektieren Sie einmal, was Sie gesagt haben. Sie reden ja gar nicht über Inhalte, Sie arbeiten sich nur mehr an den anderen Parteien ab. Ist das ein guter Stil? Ist das ein neuer Stil? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Wöginger: ... jugendlicher Leichtsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte mich eingangs bei Ihnen, Herr Bundesminister Mückstein – jetzt ist er, glaube ich, gerade nicht da –, dafür bedanken, dass Sie in dieser herausfordernden Zeit dieses Amt übernehmen, und ich setze als Jugendsprecher auch gleichzeitig große Hoffnungen darauf, dass Sie Ordnung und neuere Prioritäten in das Krisenmanagement dieser Bun­desregierung bringen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe bei den Worten des Herrn Gesundheitsministers sehr aufmerksam zugehört. Da war durchaus eine Änderung in der Schwerpunktsetzung zu bemerken, vor allem, was den Fokus betreffend die jungen Menschen betrifft. Ich spreche für eine Generation, die vom Krisenmanagement Kurz/Anschober vergessen wurde. Es ist keine verlorene Generation, wie Sie immer wieder sagen (Zwischenrufe bei der ÖVP), es ist eine verges­sene Generation – vergessen von einer Politik, der die jungen Menschen in diesem Land egal sind.

Kinder und Jugendliche, ihre Bedürfnisse, ihre Sorgen und vor allem die gesundheitli­chen Folgen, die ihnen durch das bisherige Krisenmanagement der Regierung entstan­den sind, die dürfen nicht länger als Nebenschauplatz der Coronakrise behandelt wer­den.

Der Gesundheitsminister hat die Zahlen, was die Depressionen, die Essstörungen, die Triage in der Kinder- und Jugendpsychiatrie betrifft, auch schon angesprochen. Deswe­gen ist es wichtig, dass wir handeln und hier Maßnahmen setzen.

Was ich noch viel eindringlicher finde als die Zahlen, sind persönliche Erfahrungsbe­richte; ich habe das hier im Plenum schon vor ungefähr drei Wochen mit Ihnen geteilt. Ich möchte Ihnen, Herr Gesundheitsminister, wenn man so will, als eine Art Einstands­geschenk auch einen Teil dieser Nachrichten mitgeben, weil sie, glaube ich, ein sehr gutes Bild davon liefern, wie es den jungen Menschen geht.

So schreibt zum Beispiel Larissa: „Ich finds toll, dass sowas mal angesprochen wird. Ich bin schon etwas älter und weiß, dass ich mich mit der Situation abfinden muss. Aber es ist traurig zu sehen, dass mein 15-jähriger Bruder so eingeschränkt ist. Ich sehe, wie er von Tag zu Tag an Lebensfreude verliert und wie schwer er sich mittlerweile in der Schu­le tut, weil ihm die Motivation fehlt. Er spricht nicht mehr viel, isst nicht richtig und hat stark abgenommen. Er scheint in eine Art ,Prädepressive Phase‘ gefallen zu sein. Und weil die Jugendzeit die Persönlichkeit am stärksten prägt, wird ihn das leider lange nach Corona auch noch begleiten.“

Das ist nur eine von ganz vielen Nachrichten, die zeigen, wie es jungen Menschen geht. Deswegen möchten wir auch einen ganz konkreten Vorschlag einbringen, so wie wir es schon die letzten Wochen getan haben – anders als Sie, Herr Melchior, gesagt haben: dass wir nur destruktiv seien. Wir bringen Vorschläge ein, sie werden nur alle von Ihnen vom Tisch gewischt.

Deswegen bringe ich hier heute folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nieder­schwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration wer­den aufgefordert, raschestmöglich und mit Initiativen und Interessensvertretungen der Psychologie und Psychotherapie ein Konzept zu erarbeiten, sodass bis zum Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch über psychische Belastungen pro Klasse in jeder Altersstufe und Schulform stattgefunden hat, um die psychischen Be­lastungen durch die Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen abzufedern.“

*****

Ich würde mir wünschen, dass dieser Antrag Zustimmung findet, und ich würde mir wün­schen, dass Sie, Herr Gesundheitsminister, vielleicht auch in Ihre Fraktion einen neuen Stil hereintragen – einen neuen Stil, dass man mit der Opposition redet, dass man Vor­schläge annimmt und nicht pauschal vom Tisch wischt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Niederschwellige Angebote zur psychischen Entlastung von Schüler_innen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 97. Sitzung des Nationalrats über Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der Ernennung des neuen Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz– TOP 1

Kinder und Jugendliche leiden besonders unter den Nebeneffekten der Corona-Krise, wie Social Distancing, Home Schooling bzw. Distance Learning und Lockdowns. Sie ver­missen Freunde und Familie, Sprachreisen, Abschlussbälle und dergleichen werden ab­gesagt und viele haben das Gefühl, in eine ungewisse Zukunft zu blicken. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien in den Spitälern sind längst überlastet, Depressionen, Essstö­rungen und Suizidgedanken unter Jugendlichen ab 12 Jahren steigen massiv, genauso wie Gewalterfahrungen durch die verschärfte Wohnsituation. Immer mehr Schüler_innen berichten, dass sie mit dem Schulalltag in der aktuellen Form nicht mehr zurechtkom­men, sich massiv überlastet fühlen und an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Oft hilft hier schon ein einmaliges Gespräch im Ausmaß von ein bis zwei Stunden mit einer Vertrauensperson im Rahmen des Unterrichts, wie Schüler_innen berichten. Daher wäre es ein wichtiger erster Schritt, in enger Kooperation mit Interessensvertretungen und Initiativen aus dem psychologischen und psychotherapeutischen Bereich bis zum Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch pro Klasse in jeder Alters­stufe und Schulform zu ermöglichen. Indem psychische Belastung im Unterricht mit geschulten Personen thematisiert wird, wird einerseits ein Tabu gebrochen, andererseits können auf diesem Wege die meisten Schüler_innen erreicht werden und sich ggf. über weitere Anlaufstellen informieren und so niederschwellige Hilfe erhalten. Mögliche Initia­tiven bzw. Ansprechpartner_innen wären beispielsweise das Kinderhilfswerk oder die "die möwe" mit Workshop-Angeboten (https://www.die-moewe.at/schulworkshops_co­ronapandemie). Denn unser gemeinsames Ziel muss es sein, die negativen Auswirkun­gen der Corona-Krise auf Schüler_innen bestmöglich abzufangen - koste es, was es wolle.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration wer­den aufgefordert, raschestmöglich und mit Initiativen und Interessensvertretungen der Psychologie und Psychotherapie ein Konzept zu erarbeiten, sodass bis zum Ende des Jahres zumindest ein niederschwelliges Gespräch über psychische Belastungen pro Klasse in jeder Altersstufe und Schulform stattgefunden hat, um die psychischen Belas­tungen durch die Corona-Pandemie bei Kindern und Jugendlichen abzufedern."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dipl.-Ing. Georg Strasser. – Bitte, Herr Abgeordneter.