13.15
Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, wir werden in der Bekämpfung der Krise all Ihr Engagement im Gesundheits- sowie im Sozialbereich brauchen, denn vieles, das im Gesundheitsbereich aufschlägt, hat den Ursprung ja auch im Sozialbereich. Das bringt mich zu einem meiner Herzensthemen, über das wir vorhin schon kurz geredet haben, und zwar zu der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Wir haben bei der Regierungsklausur witzigerweise genau kein Wort darüber vernommen, jetzt stellt man sich aber hin und sagt: Das ist uns eh so ein Anliegen! – Dieser Antrag, über den wir gerade abgestimmt haben, ist von keiner einzigen konkreten Detailanalyse oder konkreten Maßnahme flankiert. Woche für Woche lesen wir aber diese sehr besorgniserregenden Zahlen, Daten, Fakten. (Abg. Taschner steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Mückstein.) – Ich würde Herrn Kollegen Taschner bitten, sich hinzusetzen, denn wenn wir mit dem Herrn Gesundheitsminister gerade den ersten Tagesordnungspunkt zu Gesundheitsthemen besprechen, wäre es nur fair, wenn man dem Gesundheitsminister auch die Möglichkeit gibt, zuzuhören. (Beifall bei der SPÖ.)
Fehlende Therapieplätze, fehlende Finanzierung von Jugendarbeit, von außerschulischer Jugendarbeit: All das sind Punkte, auf die wir noch viel, viel genauer schauen müssen und für die wir auch als Bund eine ordentliche Finanzierung auf die Beine stellen müssen, denn wir können uns auf keinen Fall aus dieser Verantwortung stehlen. Wir wissen, dass die Prävention schon sehr früh anfangen muss, es braucht dieses niederschwellige Angebot bereits in Schulen, in Jugendzentren, in der außerschulischen Jugendarbeit; da passiert schon sehr, sehr viel Gutes.
Gerade bezüglich des Lagerkollers, den viele junge Menschen haben – während des Lockdowns, nach dem Lockdown –, braucht es Personen, mit denen man reden kann, professionelle, hoch qualifizierte Personen außerhalb der Familie, die diese Beratungsarbeit erledigen. Das ist ganz wichtig, denn die eigenen vier Wände sind sehr, sehr eng, und es braucht dieses Angebot in den Schulen, in den Jugendzentren, in der außerschulischen Jugendarbeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Krise ist total ernst und die jungen Menschen befinden sich ja in einer wahnsinnig sensiblen Phase ihres Lebens. Man muss sich das nur einmal durchdenken: die ersten Schulmonate in der Volksschule, die Pubertät – man denke nur daran zurück, welche Gefühlsschwankungen et cetera man selber in der Pubertät durchgemacht hat – oder auch die ersten Schritte in die Selbstständigkeit, in das eigene Leben, man zieht von zu Hause aus, all diese Sachen.
Diese nackten Zahlen haben die Regierungsparteien aber bis jetzt noch nicht wachgerüttelt, einen Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche haben wir bis jetzt wirklich vergeblich gesucht. Ich kann an Sie, Herr Bundesminister, nur appellieren, einen Zahn zuzulegen und diese Larifarientschließung von vorhin auch mit Leben zu erfüllen.
Ich bringe diesbezüglich auch einen Antrag ein. Da Kollege Melchior sagt, dass die konstruktiven Vorschläge der Opposition fehlen: Wir würden hier sehr gerne einen konstruktiven Beitrag mit ganz gezielten Punkten leisten. Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert dem Nationalrat sofort einen Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche zur Förderung der psychischen Gesundheit zuzuleiten. Dieses Rettungspaket muss zumindest beinhalten:
- Ausarbeitung eines Krisenplans zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen;
- Ausbau der Therapie- und Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsychiatrie;
- kostenfreie Therapieplätze für Kinder und Jugendliche
- Perspektiven schaffen und Planungssicherheit für Feriencamps garantieren (unter entsprechenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen);
- Finanzielle Unterstützung von außerschulischer Jugendarbeit auch über Budget des Bundes;
- Niederschwelliges Angebot von Beratung durch Bereitstellung an Schulen und in der offenen Jugendarbeit (Sozialarbeit, Psycholog*innen, etc.);
- Einrichtung eines inklusiven Jugendgipfels (unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen) zur Ausarbeitung von langfristigen Strategien.“
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Wenn das nicht konstruktiv ist, dann weiß ich auch nicht, worin der Fehler der Regierungsparteien liegt, dass sie da nicht zustimmen können. Da wir uns ja vorhin alle so sehr dazu bekannt haben, wie dramatisch die Lage ist, gehe ich einmal von einer von einem breiten Konsens getragenen Zustimmung in diesem Hohen Haus aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
13.20
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, BSc,
Genossinnen und Genossen
betreffend Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche SOFORT
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1465/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (802 d.B.)
Die aktuelle Covid-19-Pandemie stellt für junge Menschen eine besondere Herausforderung dar. Distance Learning, Treffen von Freund*innen nur noch im digitalen Raum, fehlende Freizeit- und Vereinsaktivitäten, teilweise geschlossene Jugendzentren oder unpraktikable Zugangsbeschränkungen, Angst, keinen Job nach dem Schulabschluss oder keine Lehrstelle zu finden. All das und noch viel mehr sind Probleme, mit denen Jugendliche seit knapp einem Jahr konfrontiert sind. Dennoch wird auf ihre Bedürfnisse kaum bis gar nicht eingegangen. Rettungs- und Unterstützungspakete für junge Menschen sucht man bei den zahlreichen Pressekonferenzen der Bundesregierung vergebens.
Die Corona-Krise hat auch emotional Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen. 57 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass ihre Kinder einsamer, 53 Prozent aggressiver und sogar 74 Prozent trauriger geworden sind. 82 Prozent der Befragten meinten, dass sich ihr Kind wieder auf den Schulbesuch freut.
Auch der Kinder- und Jugendnotruf "Rat auf Draht", der telefonisch rund um die Uhr sieben Tage die Woche erreichbar ist und die Beratung anonym sowie kostenlos durchführt, berichtete von besorgniserregenden Entwicklungen seit Beginn der Corona Pandemie bzw. der Lockdown-Phase.
Unter anderem wird ein starker Anstieg bei Schlafproblemen (+240 Prozent), Anfragen zu psychischen Erkrankungen wie Panikattacken oder Depressionen (+ 146 Prozent), Suizidgedanken und Autoaggression wie etwa Ritzen (jeweils + 54 Prozent) sowie physischer Gewalt in der Familie (+88 Prozent) verzeichnet. Die "klassischen" Teeny-Probleme - wie z. B. die erste Liebe oder Taschengeld - werden vom Thema psychischer und physischer Gesundheit größtenteils verdrängt.
Im Jänner 2021 schlugen auch Kinder- und Jugendpsychiater Alarm und wiesen auf die ungenügenden stationären Kapazitäten zur Versorgung erkrankter Kinder und Jugendlicher hin. Auch die Therapieplätze für die ambulante Betreuung reichen bei weitem nicht aus.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert dem Nationalrat sofort einen Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche zur Förderung der psychischen Gesundheit zuzuleiten. Dieses Rettungspaket muss zumindest beinhalten:
• Ausarbeitung eines Krisenplans zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen;
• Ausbau der Therapie- und Betreuungsplätze in der Kinder- und Jugendpsy chiatrie;
• kostenfreie Therapieplätze für Kinder und Jugendliche
• Perspektiven schaffen und Planungssicherheit für Feriencamps garantieren (unter entsprechenden Sicherheits- und Hygienemaßnahmen);
• Finanzielle Unterstützung von außerschulischer Jugendarbeit auch über Budget des Bundes;
• Niederschwelliges Angebot von Beratung durch Bereitstellung an Schulen und in der offenen Jugendarbeit (Sozialarbeit, Psycholog*innen, etc.);
• Einrichtung eines inklusiven Jugendgipfels (unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen) zur Ausarbeitung von langfristigen Strategien.“
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.