11.10

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun, die Forderung dieser Bürgerinitiative nach Nachtgutstunden oder Zeitguthaben für alle ArbeitnehmerInnen in Pflegeeinrichtungen ist ja selbstredend.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, Herr Bundesminister, dass ich bei Ihnen keine Emotion sehe, dass Sie nicht sagen: Das gehört sofort umgesetzt! – Es ist für mich auch nicht nachvollziehbar, dass die Kollegin von der ÖVP sagt: Wir müssen das überdenken, wir müssen offen sein! – Nein, das gehört jetzt geändert! Wir haben eine Pandemie! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben eine Pandemie, in der das Pflegepersonal wirklich nicht mehr kann. Es ist müde. Der Virus ist nicht müde. Das Pflegepersonal braucht jetzt volle Unterstützung. Es braucht nicht nur in Bezug auf bessere Bezahlung Unterstützung, sondern auch was die Arbeitsbedingungen betrifft. Wenn man zu den Nachtgutstunden, zum Zeitguthaben Nein und nicht gleich Ja sagt, ist man am falschen Platz und unterstützt diese Per­sonengruppe nicht.

Ich sage Ihnen, Herr Bundesminister, ich bin wirklich enttäuscht von Ihnen. Ich denke mir, Sie hätten jetzt die Möglichkeit, da zu reagieren. Viele warten darauf, dass Sie jetzt Entscheidungen treffen, und es kommt nichts. Bitte warten! Es wird gesagt: Wir machen eine Pflegereform, und dann kommt das eh! – Ich erwarte mir jetzt von Ihnen, dass Sie diese Schritte setzen und diese Personengruppe nicht allein lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum? – Das Gesetz ist derart antiquiert, dass es nur Pflegestationen betrifft. Wir haben neue Formen von Pflegeeinrichtungen. Warum soll das Personal dafür büßen, dass nicht klar geregelt ist, dass alle Pflegeeinrichtungen umfasst sind und dass das Personal überall die gleichen fairen Rechte hat? Diejenigen, die das ausnützen, die Heimbetreiber, die das ausnützen, sind diejenigen, die wie Dagobert Duck Dollarzeichen in den Augen haben und im Endeffekt klar das Geld vor den Schutz der Arbeitneh­merin­nen und Arbeitnehmer stellen. Das wollen wir sicherlich nicht! (Beifall der SPÖ.)

Wir wollen, dass das Pflegepersonal gut bezahlt wird, dass mehr Personal kommt und dass die Maßnahmen zum Schutz weiterhin erhalten werden, damit die Pflegerinnen und Pfleger lange und gesund in diesem Beruf arbeiten können. Ein erster wichtiger Schritt – und da unterstützen wir die Bürgerinitiative der Gewerkschaft sehr stark – ist, dass man fair miteinander umgeht und schnell handelt. Herr Bundesminister, Reden ist zu wenig, Tun ist angesagt!

In einem Märchen heißt es: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ – Für die Politik, würde ich meinen, heißt es: Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der Ehrlichste und Glaubwürdigste im ganzen Land? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) – Das wird sich dann beim Abstim­mungsverhalten über diese Bürgerinitiative und über unseren Entschließungsantrag, den ich jetzt einbringen werde, zeigen: wer in der Politik wirklich ehrlich und glaubwürdig mit dem Pflegepersonal und mit der derzeitigen Situation des Pflegepersonals in der Pandemie umgeht.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klarstellung der Rechtslage betreffend Schutzmaßnahmen für Pflegepersonal in Pflegeeinrich­tun­gen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Re­gierungsvorlage zu übermitteln, mit der eindeutig klargestellt wird, dass die Schutzmaß­nahmen für das Krankenpflegepersonal aus der“ Nachtschwerarbeitsgesetz-Novelle von 1992 „auch auf das Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen anzuwenden sind.“

*****

Herr Bundesminister, wir bitten um unverzügliche Handlung. Das haben sich die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Pflegebereich verdient. – Danke für die Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen

betreffend Klarstellung der Rechtslage betreffend Schutzmaßnahmen für Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen

Mit der Novelle zum Nacht-Schwerarbeits-Gesetz 1992 sollten zusätzliche Schutzmaß­nahmen für ArbeitnehmerInnen in Krankenanstalten und Pflegeheimen, die Nacht­schwerarbeit erbringen müssen, sichergestellt werden. Eine dieser Arbeitsstätten, die der Gesetzgeber hierbei als exemplarisch für Nachtschwerarbeit ansah, waren ,,Pflegestationen in Pflegeheimen".

Als Schutzmaßnahme sah der Gesetzgeber zusätzliche 2 Stunden Zeitguthaben pro Nachtdienst vor, der eben unter solche erschwerten Bedingungen zu leisten war.

Das derzeitig sowohl in Art V § 1 Abs. 1 wie auch in § 2 Abs. 1 Z 11 NSchG-Nov 1992 normierte Abgrenzungskriterium ,,Pflegestationen in Pflegeheimen" führt allerdings zu Problemen, da einige Heimbetreiber anführen, keine Pflegestationen zu betreiben.

Allerdings erscheint diese Begründung angesichts der Tatsache, dass in Pflegeheimen überwiegend Pflegepersonen ab Pflegegeldeinstufung 4 aufgenommen werden, nicht treffend. Pflegegeldstufe 4 bedeutet einen anerkannten Pflegebedarf von über 160 Stunden. Zudem braucht es bis zu fünf Zeitpunkte am Tag, an denen Pflegeleistungen erbracht wird.

Hinzukommt, dass in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege der Anteil an Menschen mit Demenz dramatisch zu nimmt. Expertinnen sprechen von 70 bis 80 Pro­zent der Bewohnerinnen. Zudem erfolgt die Aufnahme in die Pflegeheime heute viel später als früher. Das zeigt sich an der stetig steigenden durchschnittlichen Pflegegeld­stufe in den Pflegeheimen, die derzeit meist schon über der Stufe 4 liegt.

Aufgrund der unklaren Bestimmungen gewähren manche Unternehmen ihren Arbeit­nehmern eben nicht die 2 Stunden Zeitausgleich. Dies ist nicht nur unfair gegenüber den Arbeitnehmern, sondern auch gegenüber denjenigen Unternehmen, die diese Bestim­mung im Sinne des Arbeitnehmerschutzes auslegen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage zu übermitteln, mit der eindeutig klargestellt wird, dass die Schutzmaß­nahmen für das Krankenpflegepersonal aus der NSchG-Nov 1992 idF BGBl I 2001/98 auch auf das Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen anzuwenden sind.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.