11.28

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungs­punkt geht es um die Einführung eines Europäischen Staatsanwaltes. Das heißt: Aus­lagerung der Justiz und der Strafverfolgung an die Europäische Union, an einen Staa­tenbund, der keine eigene Justiz hat, keine eigenen Einnahmen und keine eigenen Straf­tatbestände. Wir entledigen uns damit jeglicher Einflussnahme, jeglicher Kontrolle auf diese Staatsanwaltschaft.

Man muss schon ganz grundsätzlich betrachten, was das bedeutet. Es ist in Wahrheit ein Systembruch, den wir damit begehen, denn die Strafverfolgung durch die Staatsan­waltschaft ist eine typisch staatliche Aufgabe. Sie ist die Aufgabe des Nationalstaates. Wir diskutieren immer wieder darüber, welche Verantwortung es dabei gibt, wo das Inter­pellationsrecht greift und wo letztendlich eine demokratische Kontrolle dahintersteht.

All das ist ausgehebelt, wenn wir diese Europäische Staatsanwaltschaft einführen. Sie basiert auf einer Verordnung der Europäischen Union, aber man muss gleich dazusa­gen, an dieser Europäischen Staatsanwaltschaft nehmen nicht alle Staaten teil. Das heißt, es war möglich, sich nicht zu beteiligen. Fünf europäische Länder, nämlich Schwe­den, Irland, Dänemark, Polen und Ungarn, nehmen an dieser Europäischen Staatsan­waltschaft aus guten Gründen nicht teil, und zwar mit denselben Argumenten, mit denen auch wir hier dagegenhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Bevor man eine derartige Institution gründet, muss man sich ja überlegen, wozu man das macht, was besser wird und ob der Nationalstaat nicht in Wirklichkeit die Dinge selbst besser regeln kann, ob man der österreichischen Justiz misstraut oder ob die ös­terreichische Justiz dadurch finanziell entlastet wird. Zu all diesen Fragen kann man nur sagen: offenbar nein! Es ist so, dass diese Straftatbestände in Österreich bereits jetzt verfolgt werden müssen. Es ist so, dass wir nicht finanziell entlastet werden, sondern das natürlich auch noch extra zu bezahlen haben.

Es ist auch so, dass es ein ganz klares Prinzip gibt, von dem auch die ÖVP immer so viel spricht: das Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, was man im Nationalstaat besser regeln kann, das muss man, das sollte man auch im Nationalstaat regeln. Das heißt, man geht bewusst davon ab, weil man das ideologische Konzept hat, man will den Nationalstaat auflösen und stattdessen einen Bundesstaat kreieren. Das ist wieder ein Schritt in diese Richtung: Man macht einen Europäischen Staatsanwalt, obwohl das Wort Staatsanwalt schon sagt, dass dieser einem Staat zugehörig ist, und will damit in Wirklichkeit das System brechen.

Im Ausschuss ist schon gesagt worden: Wir schreiben Geschichte! – Ja, das sagt ja schon alles, das heißt, man macht es bewusst. Das kann man natürlich gut finden, man kann dazu stehen und kann sagen, man will einen europäischen Bundesstaat, man will die Nationalstaaten auflösen, aber denken Sie nur daran, wie wir dann in einer Krise letztendlich handeln müssen! Da zeigt sich, wie wichtig es ist, dass der Nationalstaat funktioniert. Gerade in der Covid-Krise hat man zum Beispiel gesehen, dass die Europäi­sche Union nicht funktioniert, im Gegenteil, dass man letztendlich darauf angewiesen ist, dass es innerstaatlich funktioniert.

Wofür ist diese Staatsanwaltschaft überhaupt notwendig, wofür wird sie gemacht? – Es geht um Straftaten gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union. Das klingt ja jetzt so ganz nett, aber was bedeutet das? Ist dann nicht in Wirklichkeit jede Min­dereinnahme jedes Staates anzusprechen? Die Europäische Union hat ja selbst keine Einnahmen, sie lebt von den Mitgliedsbeiträgen der Mitgliedstaaten. Wenn jetzt also ein Mitgliedstaat Mindereinnahmen hat, dann ist das indirekt natürlich eine finanzielle Angelegenheit der Europäischen Union. Das heißt, so wie das schwammig formuliert ist und wie wir bereits jetzt die Europäische Union kennen, wird die Kompetenz immer mehr erweitert werden.

Das ist also höchst problematisch, wiederum eine völlige Untergrabung unserer Souve­ränität ohne jede Kontrolle, ohne jede Möglichkeit der Interpellation, insgesamt also eine ganz falsche Entwicklung. Ich kann nur dafür plädieren: Stimmen Sie auch dagegen, machen Sie nicht diesen Schritt in die falsche Richtung! (Beifall bei der FPÖ.)

11.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.