18.33

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Ich möchte auch zu Beginn kurz auf meine Lebensgeschichte ein­gehen: Ich bin auf so einem Schweinemastbetrieb groß geworden, meine Eltern haben so einen Betrieb geführt, und ich kenne das sehr, sehr gut. Ich habe, im Unterschied zur Kollegin Voglauer, den Betrieb sofort in einen Biobauernhof umgewandelt und auch zer­tifizieren lassen, als ich ihn übernommen habe. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Heute ist es mir eine besondere Freude, hier am Rednerpult zu stehen und über meinen Antrag zu sprechen. Es ist nämlich bis jetzt noch nicht so klar herausgekommen, wo­rüber wir heute diskutieren – nämlich über meinen Antrag, der eben jetzt im Plenum Thema ist. Ich habe diesen Antrag eingebracht, weil mir einfach sehr, sehr wichtig ist, dass das AMA-Gütesiegel – das ja immer so dargestellt wird, als ob es das Beste, Tollste und Größte wäre – weiterentwickelt wird und wirklich einen Mehrwert bringt.

Ich will ein AMA-Gütesiegel ohne Soja aus Brasilien, das steht in meinem Antrag. Das ist ja auch deswegen so interessant, weil mein Antrag im Ausschuss eigentlich einstim­mig beschlossen wurde. Kollege Eßl hat dann zwar gesagt, er hätte doch nicht aufge­zeigt – aber ich habe ihn ehrlich gesagt schon aufzeigen sehen. (Beifall bei den NEOS.)

Im Ausschuss wurde über meinen Antrag abgestimmt, dann aber, sehr schade: ÖVP und Grüne haben laut eigenen Aussagen meinem Antrag im Ausschuss irrtümlich zuge­stimmt – da sei ein Fehler passiert, oh je!

Die Regierungsparteien haben daraufhin flugs einen eigenen Antrag eingebracht, den sie schon fertig hatten – der aber wirklich nicht weit genug geht. Das ist eine Weiterent­wicklung, die einfach nur halbseiden ist, mit der wieder nichts geschehen wird, deswegen kann man diesem Antrag der Regierungsfraktionen auch nicht zustimmen.

Was aber geschehen ist: Der Wirbel in der Landwirtschaftsszene letzte Woche war wirklich großartig, zumindest aus meiner Sicht. Da ist in dieses Thema einmal richtig Bewegung reingekommen.

Lassen Sie mich aber vielleicht kurz erklären, was die ÖVP-Agrarier an diesem Antrag, dem ja offenbar irrtümlich zugestimmt wurde, so furchtbar erschreckt hat! Sie alle kennen das AMA-Gütesiegel, es wird mit vielen Millionen Euro jährlich beworben: Viele Millionen für Werbung im Stil der Fünfzigerjahre, heile Welt, wunderschöne Bauernhöfe, „[...] wenn ich aufs AMA-Gütesiegel schau“. Eine heile Welt wird da suggeriert, mit glücklichen Tie­ren und mit sanft im Winde wogenden Feldern, die wir so schön präsentiert bekommen.

Die Realität sieht aber anders aus – ich habe es schon gesagt, ich bin auf so einem Betrieb groß geworden und kenne mich da wirklich relativ gut aus –: 140, 150 Euro sind der Betrag, den so eine fertig gemästete Sau heute kostet. Das ist das, was der Landwirt kriegt, wenn er sie zum Metzger bringt.

Ein Schweinderl kostet – das wissen die Praktiker hier im Saal genau – um die 40 Euro. Das Tier muss aufgezogen werden, es muss gepflegt werden, es muss gefüttert werden, bis es dann seinem Schicksal zugeht. Dafür kriegt man dann als Bauer 140, 150 Euro – und ein Schweinsschnitzel kostet im Supermarkt weniger als Katzenfutter, das sind die unterschiedlichen Realitäten, meine Damen und Herren!

Darüber spricht die AMA aber nicht, darüber spricht keiner in der Werbung – und auch nicht unsere Frau Landwirtschaftsminister. Sie beklagt sich zwar immer, dass alles so wenig koste, aber letztendlich weigert sie sich beharrlich, das System zu ändern.

Fakt ist, dass Österreich im Jahr circa 500 000 Tonnen Soja importiert. Das ist Soja, das jenen Tieren als Futter gegeben wird, die dann das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel be­kommen. Die Konsumenten wissen natürlich nicht, was das genau heißt: Die wissen nicht, dass in diesen Produkten gentechnisch verändertes Soja enthalten ist. Die Bauern wissen es, die Politiker wissen es, und der Handel weiß es natürlich auch – geschehen tut aber nichts.

Was aber wollen wir NEOS? – Wir NEOS wollen den Konsumenten zeigen: Hey, so ein­fach ist das nicht – wenn du Fleisch mit AMA-Gütesiegel kaufst, steht da drauf, dass dieses Tier mit Soja aus Südamerika gefüttert worden ist! Was heißt das? – Dass das Soja gentechnisch verändert ist, ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass dieses Soja so angebaut wurde, dass da Spritzmittel verwendet worden sind, die in Europa gar nicht mehr zugelassen sind.

Der dritte Punkt – und das ist für mich persönlich eigentlich der schlimmste – ist, dass illegal Regenwald brandgerodet wurde, um eben dieses Futter für das so hungrige Euro­pa, das gefüttert werden will, anzubauen.

Wir wollen erreichen, dass regional produzierte Produkte, mit Soja aus Europa, eine höhere Wertschätzung erfahren, weil kein Regenwald dafür abgeholzt werden muss. Das ist das, was die Konsumenten verstehen müssen, das ist die Transparenz, die in dieses System hineingehört.

Wir wollen aber auch den Bauern dazu verhelfen, mehr Einkommen zu generieren, ohne an diesen elenden Fördertöpfen zu hängen. Wenn der Konsument nämlich versteht, dass es einen höheren Wert gibt, wird er auch bereit sein – so wie bei den Eiern –, einen höheren Preis zu zahlen.

Wir wollen auch, dass diese elende rückwärtsgerichtete Landwirtschaftspolitik in Öster­reich endlich aufgebrochen wird. Ständig wird suggeriert, dass alles so großartig und so toll wäre, und das stimmt einfach nicht! Es braucht Bewegung, es braucht Transparenz, es braucht eine Weiterentwicklung dieses landwirtschaftlichen Systems, denn sonst gibt es in 20, 30, 40 Jahren in Österreich keine Landwirtschaft mehr.

Ja, meine Damen und Herren, ich glaube, dass das, was im Landwirtschaftsausschuss geschehen ist, eigentlich ein bisschen ein Freud‘scher Lapsus war. Ich glaube nämlich, dass die Praktiker hier im Saal schon wissen, dass sich das System weiterentwickeln muss, dass etwas Neues hergehört. Ich denke doch, dass es notwendig wäre, Unterstüt­zung für meinen Antrag zu bekommen, der so klar, so einfach und so leicht einfach ver­ständlich ist.

Mir kommt auch vor, wenn ich hier mit den Kollegen rede, wenn ich mit der Wirtschaft rede, wenn ich mit dem Handel rede, wenn ich mit vielen Landwirten darüber rede, dann wollen die das eigentlich auch – aber auf der Bremse, meine Damen und Herren, steht unsere Frau Landwirtschaftsministerin, die ist offenbar dagegen!

Ich sage wirklich: Sie müssen sich da endlich bewegen. Ihre Kollegen in Deutschland machen das schon, Baden-Württemberg hat so etwas schon umgesetzt, die Bayern wer­den es auch machen. Einen Wettbewerbsvorteil, der eigentlich auf der Hand gelegen wäre – für unsere Landwirte, für unsere Bauern –, wird es nun nicht geben, weil Sie, Frau Landwirtschaftsministerin, da auf der Bremse stehen. (Ruf bei der ÖVP: Frau Kol­legin ...!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ich bin mir relativ sicher, dass ich die Frau Landwirtschaftsministerin heute mit meiner Brandrede nicht überzeugen kann, aber vielleicht passiert Ihnen ja bei der Abstimmung noch einmal ein Irrtum (Zwischenruf bei der ÖVP) und Sie tun etwas wirklich Gutes: Sie treffen eine mutige Entscheidung, Sie helfen den Konsumentinnen und Konsumenten und letztendlich auch den Bäuerinnen und Bauern in diesem Land. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.40

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Hechenberger. – Bitte.