15.45

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Kollegin Schwarz sagt, sie glaubt, dass wir „weiterhin auf einem guten Weg“ sind, dann muss man sich fast Sorgen machen, wenn man sich die Pandemiebekämpfung der Bundes­regierung in den letzten Wochen anschaut.

In der Debatte, die wir hier führen, geht es ja um den grünen Pass, und wir erleben seit Wochen, wenn nicht Monaten, dass sich die Regierungsparteien gegenseitig ausrichten, wie dessen Umsetzung zu geschehen oder nicht zu geschehen hat. Es sind eigentlich nur Kämpfe innerhalb der Koalition darum, wer was als Erster präsentieren kann – und gleichzeitig erleben wir einen absolut sorglosen Umgang mit den Daten der Öster­reicherinnen und Österreicher. Wenn Sie dann sagen, dass alles super läuft und wir auf einem guten, soliden Weg sind – na ja, ich würde das ein bisschen anders sehen.

Erstmals angekündigt – beziehungsweise erstmals wirklich in einer schönen Pressekon­ferenz angekündigt, denn alles davor ist ja nur Vorgeplänkel von der Bundesregierung gewesen – wurde dieser grüne Pass Anfang April. Man hat da groß versprochen, jetzt kommt das, und das soll so schnell wie möglich kommen, aber das Problem war halt, dass von Anfang an der Hund drin war. Von Anfang an haben NGOs, haben Daten­schutzexperten, hat auch die Opposition – durchaus zu Recht – kritisch angemerkt, dass das so nicht laufen wird. Genauso ist es dann auch gekommen, und der Entwurf wurde ganz schnell wieder zurückgezogen, weil man gemerkt hat, das ist ein Murks, den man da fabriziert hat.

Der größte Fehler damals schon – und der zieht sich durch die gesamte Pandemie immer wieder durch – war eigentlich, die Stakeholder nicht miteinzubeziehen. Genau aus diesem Fehler, den man in der Pandemie immer wieder gemacht hat, möchte man einfach nicht lernen – das haben weder Sie getan, Herr Bundesminister Mückstein, noch Ihr Vorgänger!

Ich denke auch ein bisschen zurück daran, was diese Bundesregierung sonst noch für Digitalisierungsmaßnahmen rund um die Coronapandemie gesetzt hat. Da denkt man natürlich sofort an das Millionengrab Kaufhaus Österreich, das immer wieder aufkommt. Man muss aber auch an die Impfplattform zurückdenken, die in jedem Bundesland eigenständig aufgebaut wurde, die unkoordiniert war und teilweise nicht funktioniert hat.

Man muss an die Stopp-Corona-App denken, die Herr Präsident Sobotka – an einem wun­derschönen Sonntag, glaube ich, war es – in einem Zeitungsinterview abgeschos­sen hat, weil es für ihn halt gerade lustig war oder was auch immer.

Man muss aber auch an die Testplattform denken – das ist gerade beim Thema Daten­schutz nicht irrelevant –, die auch als Murks Anfang Dezember schnell durch die Gre­mien geschleust wurde – und genau dasselbe erleben wir ja heute hier –, und auf die es dann gleich am ersten Tag einen Hackerangriff gab, bei dem 800 Datensätze weg waren.

Genau dasselbe Problem könnten wir auch beim grünen Pass wieder erleben, weil die Bundesregierung eine Sache nicht kann: Sie geht nicht auf die Stakeholder ein, sie nimmt die Experten nicht ernst, und sie hat es nicht gelernt, Daten- und insbesondere IT-Projekte systematisch aufzusetzen und von Anfang an durchzudenken. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben letzte Woche einen zweiten Gesetzentwurf präsentiert bekommen, und da war etwas Neues enthalten, das durchaus verblüffend war. Verblüffend hoffentlich nicht nur für uns NEOS, sondern für alle Abgeordneten hier im Hohen Haus: dass da plötzlich eine großangelegte Datensammelaktion geplant war! Das ist mittlerweile Gott sei Dank gestrichen.

Dieser Ansatz der Bundesregierung ist jedoch eine echte Katastrophe: Bei vorigen Projekten haben wir immer wieder gesehen, dass Sie das nicht im Blick haben, und dann geben Sie uns jetzt die Antwort: Na ja, jetzt sammeln wir ganz offen, ganz groß die Daten! – Das ist auch eine Missachtung jeglicher Persönlichkeitsrechte der Österreiche­rinnen und Österreicher.

Das einfach wegzuwischen und so zu tun, als ob da nichts gewesen wäre, kann man eigentlich nicht akzeptieren. Das kommt noch dazu zu einem Zeitpunkt, an dem wir – und das darf man in der ganzen Thematik auch nicht vergessen – schon eine fertige Lösung auf europäischer Ebene haben, die viel besser durchgeplant ist, die wesentlich stabiler ist! Diese Lösung kann auch vor allem eines: Sie wirkt auch, im Gegensatz zum Zettelchaos, das wir jetzt in Österreich dank der österreichischen Bundesregierung haben!

Jetzt kommt gleich: Ja, ich kann auch mit meinem Impfpass irgendwo hingehen! – Schön und gut, aber das ist ja genau das, was ich nicht will! Wir sprechen über Digitalisierungs­projekte und bekommen dann von Abgeordneter Schwarz – die jetzt leider nicht mehr im Saal ist – die Antwort: Na ja, dann geh mit deinem Impfpass wohin! – In welcher Republik leben wir denn eigentlich? (Beifall bei den NEOS.)

Um zum Datensammeln zurückzukommen: Dass die ÖVP gerne Daten sammelt, haben wir immer schon gewusst und immer wieder gesehen, das ist ja auch im Wahlkampf und so weiter das Kerngeschäft des Sebastian Kurz. Dass da die Grünen nicht sofort aufschreien, hat mich aber schon verwundert.

Diese Bestimmung wird dann gestrichen, aber auf welche Art und Weise? – Sie wird gestrichen, indem man uns kurz davor, 22 Stunden vor dieser Sitzung, einen Abände­rungsantrag schickt – und dann noch einmal einen Abänderungsantrag zwei Stunden vor dieser Sitzung! Auch der Umgang mit dem Parlament ist also offenbar noch nicht ganz angekommen, insbesondere bei den Grünen, die eigentlich immer für das Thema Parlamentarismus gestanden sind.

Jetzt gibt es den 4. Juni als Zieldatum, und ich glaube – Kollege Loacker und auch viele andere haben es schon klar angesprochen –, das wird sich nicht ganz ausgehen. Es ist genau dieselbe Thematik wie damals bei der Testplattform: Es wird sich nicht aus­ge­hen – und wenn es sich doch in einer Husch-pfusch-Aktion ausgeht, wird es nicht sicher sein, und wir haben wieder Datenprobleme.

Das Zieldatum ist der 4. Juni – man darf aber nicht vergessen, dass für Ende Juni das Roll-out der europäischen Plattform geplant ist. Ich verstehe nicht, warum wir da wieder eine Insellösung wählen, die uns in dieser Pandemie immer wieder Probleme auf verschiedensten Ebenen beschert hat, anstatt gleich eine gemeinsame starke Lösung zu schaffen und damit auch zu zeigen, dass die Sicherheit der Daten oberste Priorität haben muss.

Man sieht, dass sich bei all diesen Projekten eines durchzieht: Die Bundesregierung kann Datenschutz nicht, sie kann IT-Projekte nicht! Das Einzige, was sie kann – und das hat man beim grünen Pass sehr gut gesehen –, zeigt sich, wenn es darum geht, gut auszusehen, Pressekonferenzen zu veranstalten oder ein Datum anzukündigen, wie wir am Wochenende gesehen haben, als es um den 10. beziehungsweise 17. Juni ging.

All das an kleinem Hickhack kann die Bundesregierung – jetzt sage ich Ihnen aber ganz offen und ehrlich: Das ist für uns als Opposition extrem schwer erträglich! Wir alle wollen natürlich Öffnungsschritte, wir alle bereiten uns seit Wochen und Monaten darauf vor. Gerade wir NEOS haben in den letzten Monaten immer wieder konkrete Pläne auf den Tisch gelegt und gezeigt, wie sicheres Öffnen gehen kann. Dabei ist ein grüner Pass natürlich ein Teil, gar keine Frage – aber ein gut umgesetzter grüner Pass!

Das ist genau das Problem, das wir in diesem Land haben: Die Ideen, die auf dem Tisch liegen – die meistens von anderen kommen –, sind eh gut, aber die Umsetzung ist einfach miserabel. Das zieht sich bei dieser Bundesregierung überall durch.

Wir werden heute dieser Idee des grünen Passes durchaus zustimmen, weil wir glauben, dass sie der richtige Weg ist. Ich sage Ihnen aber ganz ehrlich: Bei dieser Bundes­regierung habe ich ganz, ganz großes Bauchweh, dass das wieder der nächste Bauch­fleck wird. Die ersten Meter Richtung Bauchfleck sind nämlich schon zurückgelegt, und ich fürchte, dass dieses Projekt leider sehr, sehr bald mit eben solch einem Riesen­bauchfleck enden wird. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.