11.35

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Es geht um Europa. Es ist ein wunder­schönes Thema, und ich würde diese Rede jetzt eigentlich gern sehr positiv gestalten, weil ich glaube, dass wirklich gerade große, schöne Dinge auf dem Weg sind.

Ich möchte aber vorab auch eines ganz, ganz klar sagen: Wir NEOS sind keine Freunde einer Schuldenunion – das unterstützen wir nicht –, aber was jetzt passiert, ist etwas anderes. Es geht nämlich nicht um den Einstieg in eine generelle Schuldenunion, wie von der FPÖ immer wieder kolportiert wird, sondern es geht um zeitlich und in der Höhe begrenzte gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemiefolgen und zur Stärkung der gesamten europäischen Wirtschaft – und das ist gut und richtig. (Beifall bei den NEOS.)

Lassen Sie uns vielleicht ein bisschen über Europa reden! Europa ist vor allem eines: Es ist Freiheit. Es ist persönliche Freiheit. Es geht darum, dass wir uns in Ländern der Europäischen Union niederlassen können. Wir können dort arbeiten, wir können Unter­nehmen gründen. Wir können dort mit der Bankomatkarte bezahlen, wir haben eine starke europäische Währung. Es ist natürlich auch eine wirtschaftliche Freiheit. Ich spreche da vom gemeinsamen Binnenmarkt und von den Möglichkeiten, die dadurch für Österreich geschaffen worden sind, denn es hat, glaube ich, in der Vergangenheit fast kein zweites Land so wie Österreich von diesem gemeinsamen europäischen Binnen­markt profitiert, und das ist auch ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den ich hervorheben möchte.

Und ja, gegen all diese Freiheiten gibt es und gab es natürlich immer wieder Wider­stände, aber wir verdanken dieser Europäischen Union auch, dass wir als Österreich nicht in der Bedeutungslosigkeit versunken sind, meine Damen und Herren. Es geht vor allem darum, dass wir wirtschaftspolitisch und auch geopolitisch eine Stimme haben – eine Stimme, die uns die Europäische Union gibt und die wir ansonsten nicht hätten. (Beifall bei den NEOS.)

Lassen Sie mich vielleicht dazu auch noch sagen: Es geht nicht nur um Freiheit – die ja auch nicht nur außerhalb der Europäischen Union angegriffen wird, sondern teilweise sogar von unseren Nachbarländern –, sondern es geht vor allem auch um die liberale Demokratie, und es geht auch um die Rechtsstaatlichkeit – und das macht unser Europa so großartig und so einzigartig. (Beifall bei den NEOS.)

Und ja, dieses Europa entwickelt sich im Augenblick gerade weiter, und ja, die Kom­mis­sion nimmt im Augenblick gerade auf dem Kapitalmarkt Geld auf, Geld, das in der Form von Darlehen und Zuschüssen den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden soll, und im Gegenzug dazu müssen die Mitgliedstaaten Pläne, nationale Reformpläne vorle­gen, um an diese Gelder auch heranzukommen. Es wird dabei nicht mit der Gießkanne gearbeitet, sondern es werden jene Länder, die vielleicht schlechter gestartet haben als andere Länder, weil es andere Voraussetzungen gab, und die sich wahrscheinlich auch langsamer erholen werden, stärker unterstützt werden – und ja, das ist eine solidarische und eine ausgleichende Initiative durch die Europäische Union.

Jetzt kann man natürlich sagen, das will man nicht – alles gut, man kann da unter­schiedlicher Meinung sein –, aber letztendlich muss man durchaus auch einen Schritt weiter denken, denn: Wer profitiert denn davon? – Alle profitieren davon! Gesamteuropa profitiert davon, und besonders so kleine Volkswirtschaften wie die österreichische, die durch den Export so eng verzahnt und so vernetzt mit den Nachbarländern ist. – Also: Alles gut und richtig gemacht!

Ein nächster Punkt, der heute auch noch viel zu wenig angesprochen worden ist: die Bewältigung der Krise über diese Initiative Next Gen. Dabei geht es ja auch um andere Dinge. Es wird ja auch die europäische Wirtschaft dabei unterstützt, sich in eine nach­haltige, in eine grüne Wirtschaft, in eine Wirtschaft, die wissenschaftlich angegangen wird und die natürlich auch sehr viel digitaler ist, zu transformieren. Das sind alles Dinge, die wir in Europa über die letzten Jahre wirklich versäumt haben. Da haben wir die Möglichkeit, einen großen Schritt nach vorne zu gehen.

Da hätten wir uns natürlich gewünscht – und jetzt komme ich zum österreichischen Aufbauplan –, dass auch ein bisschen ambitionierter und innovativer vorgegangen wird, denn was da passiert ist – und das ist eben aus unserer Sicht das Resultat der sehr kurzfristigen Entwicklung dieser nationalen Pläne, die dann eingereicht worden sind –, ist, dass einfach bestehende Programme genommen worden sind, und die wurden halt weiterentwickelt.

Jetzt ist das per se nicht alles schlecht – das stimmt schon –, aber natürlich hat man die Möglichkeit nicht genützt, wirklich in innovative, neue Techniken hineinzugehen und noch einmal einen großen Boost zu schaffen. Vor allem bei der Digitalisierung und bei der Bildung hätte es noch verdammt viel Luft nach oben gegeben.

Ich bin ja auch schon gespannt, wie die Europäische Kommission den österreichischen Plan letztendlich beurteilen wird, denn für alle Mitgliedstaaten gilt – und das ist richtig und wichtig –, dass die Gelder nicht einfach nur zum Stopfen von Budgetlöchern herge­nommen werden sollen.

Vielleicht noch ein letzter Gedanke, weil das ja auch vor noch nicht allzu langer Zeit hier im Nationalrat angenommen worden ist: Da geht es mir um den Eigenmittelbeschluss der EU, meiner Meinung nach auch ein ganz, ganz wichtiges Instrument. Wir stehen dazu, dass die EU eine eigene Finanzierungsmöglichkeit bekommen soll. Warum? – Es geht da nicht nur darum, dass natürlich die Schulden abgetragen werden müssen – das ist der eine Punkt, und das ist richtig und wichtig –, sondern es geht vor allem darum, in welche Richtung da gedacht wird. Diese Eigenmittelkategorien, die man bis Anfang 2026 vorstellen soll, enthalten zum Beispiel ein CO2-Grenzausgleichssystem – eine ganz, ganz wichtige Forderung –, eine europaweite Digitalabgabe, die wir brauchen – wir wer­den es nicht in Österreich alleine lösen –, und auch ein überarbeitetes EU-Emissions­handelssystem. Das sind alles ganz, ganz wichtige Schritte.

Für Europa und für uns NEOS sind das heute gute Nachrichten. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.41

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Europaparlamentarierin Angelika Winzig zu Wort gemeldet. – Bitte.