14.29

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mir waren einige der Debatten, ehrlich gesagt, ein bissel zu abstrakt, so, als würde es nur um ein fernes Thema gehen. Ganz konkret geht es ja wirklich um Dinge, die uns in den nächsten Jahren massivst betreffen und bei denen wir massive Fortschritte erzielen müssen.

Wir haben – ein Beispiel greife ich heraus – in Österreich derzeit knapp über 250 000 Ar­beitslose. Die schlechtesten Prognosen, die ich kenne, sprechen davon, dass es im Herbst/Winter bis zu 400 000 werden könnten. Hoffen wir, dass das nicht eintritt, aber es ist ein Szenario, das möglich ist!

In der Eurozone sind es derzeit 13 Millionen, in der Europäischen Union 15 Millionen, das kann auch anwachsen, und all diese Arbeitslosen, diese Männer und Frauen, stehen dann in Konkurrenz zueinander, in einem Binnenmarkt, in dem man die Arbeitneh­merIn­nen hin und her verschieben und Sozial- und Lohndumping betreiben kann, wenn das nicht vernünftig geregelt ist. Das ist ein reales politisches Problem, das wir in der Union haben.

Während die Debatte hier im Parlament läuft, hat die Koalition, hat Arbeitsminister Martin Kocher heute ein Paket gegen Lohn- und Sozialdumping vorgestellt, das Schritte und Maßnahmen enthält, mit denen wir dagegen vorgehen wollen. (Abg. Herr: Mindestlohn!) Im Juni 2021 ist dieses Paket präsentiert worden.

Das wurde in der Europäischen Union 2018 im Europaparlament beschlossen, und 2014 hat die Diskussion begonnen. Es geht jetzt durch alle nationalen Parlamente. Sieben Jahre vom Diskussionsbeginn in der Europäischen Union bis zum Beschluss auf der nationalen Ebene in Österreich: So lang waren die ArbeitnehmerInnen in diesem Land nicht ausreichend geschützt. Dieser Prozess ist doch inakzeptabel! Dieser Prozess als solcher geht doch nicht! Das gehört verbessert, und genau darum geht es in dieser Diskussion. (Beifall bei den Grünen.) Wenn wir das besser machen wollen, dann müssen wir schneller werden.

Kollegin Holzleitner hat heute eine sehr gute Rede gehalten, wie ich finde. Sie als Sozial­demokratin hat davon gesprochen, wie ErntehelferInnen und andere ArbeitnehmerInnen hier in Österreich ausgebeutet werden, und genau darum geht es doch. Sie wird eine Delegierte zu dieser Konferenz sein, soll dorthin fahren und im nächsten Jahr darüber reden, wie wir in Europa einen schnelleren und einen besseren Prozess zusammen­kriegen. Dass die vier proeuropäischen Parteien nicht alle dieselbe Meinung darüber haben, wie wir den Arbeitsmarkt in der Europäischen Union gestalten sollten, ist das eine, aber darauf, dass wir es europäisch besser und schneller machen sollen, sollten wir uns doch einigen und verständigen. Deswegen verstehe ich nicht, wie es gelaufen ist, dass wir das nicht mehr ins Zentrum stellen.

Liebe SPÖ, den leichten, zärtlichen Seitenhieb müsst ihr mir erlauben: Dass ihr am Vormittag lieber eine Stunde Geschäftsordnungsdebatte führt, anstatt dass ihr als Arbeit­nehmerpartei hier eure Kollegin zur besten Sendezeit über die Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union und darüber, wie wir die Situation für die ArbeitnehmerInnen besser machen können, reden lasst, verstehe ich überhaupt nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Da habt ihr euch leider wirklich ein Haxl gestellt. Darum sollte es uns allen doch eigentlich gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Setzen wir uns jetzt gemeinsam dafür ein, arbeiten wir ein Jahr daran, machen wir jetzt ein Jahr lang schnelle Maßnah­men und dann die europäischen im Großen und Ganzen!

Zum Haxlstellen möchte ich noch auf eines von vorhin kommen: Ich habe einen Ord­nungsruf bekommen, völlig zu Recht, deswegen wiederhole ich das jetzt auch nicht, aber darauf muss man schon eingehen. Wenn die FPÖ hier anonyme Bargeldzahlungen fordert, ich frage, welcher FPÖ-Abgeordneter im letzten Jahr anonym 10 000 Euro ohne Rechnung bekommen hat, und dann einer aufzeigt, dann fühle ich mich schon irgendwie gefordert, nachzufragen. Wenn ich dann auf Nachfrage höre: Das geht dich nichts an!, muss ich sagen: Doch, Herr Amesbauer, es geht uns etwas an! Bis 30.6. haben Sie hier eine Transparenzerklärung abzugeben. Sie haben bestätigt, dass Sie 10 000 Euro ohne Rechnung bekommen haben. Erklären Sie bitte dem Parlament bis 30.6., wie das ist, oder kommen Sie heraus und sagen Sie, dass Sie nicht wissen, worüber Sie im Parlament reden! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.33

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.