15.19

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verstehe das sehr gut, dass Finanz­minister Blümel heute hier im Plenum nicht zur Verteidigung gegen diese Minister­an­klage erscheint. Er wird sich gedacht haben: Na, wenn ich nicht einmal die beste Sendezeit bekomme, dann erscheine ich nicht! Einen gewissen divenhaften Charakter sagt man ihm ja nach, also ist das nur eine natürliche Schlussfolgerung, wenn ihm nicht einmal die eigenen Parteikollegen eine günstige Sendezeit verschaffen möchten.

Ich habe Finanzminister Blümel bei der letzten Sondersitzung geraten, sich immer gut zu überlegen, von wem er sich verteidigen lässt. Jetzt sind hier schon zwei ÖVP-Vertre­ter angetreten. Abgeordneter Hanger liefert sich ein Gefecht mit dem Koalitionspartner, und Abgeordneter Gerstl hält eine salbungsvolle, bedeutungsschwere Rede und spricht von unlauteren Mitteln, mit denen man kunstvoll sozusagen eigentlich den Bundes­kanzler treffen und zu Fall bringen möchte, auch zum Beispiel jetzt mit dieser Ministeranklage gegen Finanzminister Blümel – also sozusagen ein Stellvertreterkrieg.

Gut, worum geht es bei einer Ministeranklage?  Es geht um Artikel 142 B-VG, um die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit eines Bundesministers für die durch seine Amtstätigkeit erfolgten Rechtsverletzungen. Nun stellt sich Abgeordneter Gerstl als sein Verteidiger hierher und gibt sogar zu, dass diese Rechtsverletzungen passiert sind. Also ich kann nur sagen (erheitert): So einen Verteidiger braucht man! (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) Das heißt, er hat damit eben zugegeben, dass die Ministeranklage fundiert ist und dass der VfGH eigentlich darüber befinden sollte.

Abgeordneter Gerstl spricht dann natürlich noch über die sonstigen unglaublichen Ver­dienste unseres Finanzministers, von den größten Wirtschaftshilfen in der EU; auch dem ist sozusagen immanent, dass  wenn die größten Wirtschaftshilfen in der EU notwendig geworden sind da vorher einmal ein maximaler Schaden angerichtet worden ist. Auch das ist keine besonders schöne Bilanz für den Finanzminister und auch nicht für eine Wirtschaftspartei, als die sich die ÖVP ja rühmt.

Auch sonstige Verdienste gibt es nicht, zum Beispiel kann ich bei der Zustimmung zum Wiederaufbaufonds, den wir heute schon intensiv besprochen haben, seine Qualitäten als Finanzminister nicht sehen, denn da ist noch nicht einmal klar, welcher Mitgliedstaat wann wie viel von diesem unglaublichen Betrag von 750 Milliarden Euro zurückzahlen wird. Was auf jeden Fall aber schon feststeht: Österreich wird weniger rausbekommen, als es einbezahlt. Für den Finanzminister wären das grundsätzlich einfache Rech­nun­gen, da sollte man doch zumindest Bedenken haben, bevor man zustimmt.

Zurück zur Ministeranklage: Herr Kollege Krainer hat jetzt den Ablauf dargelegt. Es gab das legitime Verlangen der Opposition an das Finanzministerium, dem U-Ausschuss Akten zu liefern. Finanzminister Blümel zog sich auf den Datenschutz, den er da auf einmal entdeckt hat und darauf, dass die Unterlagen ja auch viel zu umfassend sind, zurück. Es kam zu einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im März, dem Minis­ter wurde aufgetragen, die Akten zu liefern. Es geschah nichts, bis es im Mai zur An­drohung der Exekution durch den Bundespräsidenten kam. Blümel kam dem Auftrag dann widerwillig nach und lieferte Papierberge mit einer hohen Geheimhaltungsstufe.

Ganze Postfächer von Mitarbeitern, auch hohen Mitarbeitern im Finanzministerium, vor­zulegen ist tatsächlich eine heikle Sache. Es geht um Mails von Abteilungsleitern, von Beamten, auch um Mails, die zum Beispiel an Thomas Schmid – und von diesem zurück – geschrieben wurden. Wie heikel die sind, das wissen wir inzwischen. Natürlich kann es da zu Zufallsfunden kommen, und das sollte eigentlich in diesem Ausmaß nicht passieren, aber da gibt es ein großes Aber  Finanzminister Blümel und sein Minis­terium haben es einfach verabsäumt, zu begründen, welche Unterlagen nicht vorzulegen sind und welche schon. Da das nicht gemacht wurde, hatte der Verfassungsgerichtshof keine Wahl, als eben die pauschale Vorlage der E-Mail-Postfächer anzuordnen, denn der VfGH kann die Unterlagen sozusagen nicht nach Relevanz selektieren.

Finanzminister Blümel meinte, er habe sensibel vorgehen wollen. Er sprach immer von Krankenstandsdaten im Finanzministerium. Sind die so umfangreich? Ich meine, das würde ja jetzt nicht für seinen Stil als Vorgesetzter sprechen, aber auf jeden Fall ist er da sehr datensensibel. Bei den Österreichern generell, beim grünen Pass und so weiter, da sind diese Daten plötzlich nicht mehr so relevant.

Auch die Verteidigungslinie aus der Bundesregierung war sehr interessant, auch da sind wir wieder dabei, dass man sich immer überlegen muss, von wem man sich verteidigen lässt. Bundesminister Nehammer meinte, dass Blümel den Aspekt des Datenschutzes hochhalte, da gehe es um einen Grundrechtsausgleich und das sei sehr löblich. – Bun­desminister Nehammer schaut auch bei allen Versammlungen wirklich immer auf einen Grundrechtsausgleich. Ministerin Köstinger spricht auch davon, dass es da um sensible, persönliche Daten von Mitarbeitern gehe und der Finanzminister da eine Sorgfaltspflicht habe. – Ja, aber VfGH-Erkenntnisse sind auch umzusetzen, da gibt es auch eine Sorgfaltspflicht, die leider schwerer wiegt, wenn man vorher verabsäumt hat, eine ent­sprechende Begründung vorzulegen.

Nicht zuletzt der Bundeskanzler: Es ist schwierig und heikel. Bei Datenschutzinteressen von Mitarbeitern, vor allem bei Gesundheitsdaten – die sind besonders schützenswert –, gilt es abzuwägen; gerade bei diesen persönlichen Gesundheitsdaten muss man ganz, ganz vorsichtig sein. – Da kann ich auch nur immer wieder sagen: Aha, beim grünen Pass, wie er ursprünglich geplant war, wäre die totale Offenlegung notwendig gewesen. Jetzt ist man wieder ein bisschen zurückgeschritten, aber schauen wir einmal, was noch kommt, auf jeden Fall muss aber jeder seinen Coronastatus offenbaren.

Finanzminister Blümel meinte zum Abschluss eines „ZIB 2“-Interviews zum Thema Aktenlieferung: Eine Anklage, das wird nicht passieren. Ich wünsche es ihm, aber ich habe das Bundeskanzler Kurz schon einmal mitgegeben: Bei Gericht und auf hoher See sind Sie in Gottes Hand. (Beifall bei der FPÖ.)

15.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Krainer hat sich zu einer per­sön­lichen Erwiderung auf die tatsächliche Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.