18.25

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundes­ministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Letzte Woche hat ein grüner Funktionär einen Blogbeitrag auf Facebook geteilt, in dem er die Opposition kritisiert hat. Er hat gesagt, wir würden das Motto United in Pride, was so viel bedeutet wie vereint unter dem Regenbogen mit allen gemeinsamen Kräften, nicht verstehen. Ich habe mich dann gefragt: Sind wir vielleicht manchmal zu scharf? Sind wir zu ungeduldig? Kritisieren wir zu viel und zu pauschal?

Ich habe mich dann gefragt, was denn hinter diesem Motto steht, das die Community so lange geprägt hat: United in Pride. – Für mich bedeutet das, im Herzen zu wissen, wer die Verbündeten sind. Und glauben Sie mir, wir tun das. Wir wissen, was wir Menschen, PolitikerInnen wie zum Beispiel Ulrike Lunacek oder in vielen anderen Parteien oder Bewegungen, die jahrzehntelang und zu einem Zeitpunkt, als man sich öffentlich vor Schwulen und Lesben und Transgenderpersonen geekelt hat, dafür eingestanden sind, zu verdanken haben. Wir wissen das. Geeint zu sein bedeutet aber nicht, keine Kritik üben zu dürfen, und deswegen sind wehleidige Trotzreaktionen, wie sie zurzeit bei den Grünen sehr oft zu lesen sind, fehl am Platz. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic.)

Wissen Sie, mit Macht geht auch Verantwortung einher, und diese türkis-grüne Bundes­regierung übernimmt nicht genug Verantwortung für die LGBTIQ-Community. Nennen Sie mir eine, eine einzige gesetzliche Verbesserung in dieser Legislaturperiode, die Sie gebracht haben! Ich möchte mich vielleicht korrigieren: Verbesserung ist das falsche Wort, denn das würde bedeuten, wir wollen mehr Rechte, wir wollen Privilegien. Das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Was LGBTIQ-Personen wollen, ist, dass die Rechte, die ihnen zustehen, die Grundrechte, die ihnen zustehen, auch anerkannt werden.

Es wurde in dieser Legislaturperiode nichts weitergebracht, im Gegenteil, alle konstruk­tiven Vorschläge der Opposition wurden schubladisiert, vertagt, abgelehnt. Weil das so viele sind, möchte ich Ihnen zeigen (eine Tafel mit der Aufschrift „von der türkis-grünen Regierung abgelehnte und vertagte LGBTIQ-Anträge“ in die Höhe haltend), wie viele Anträge wir schon eingebracht haben. Das ist nur ein Ausschnitt, eine Liste von An­trägen, die wir in dieser Legislaturperiode eingebracht haben. Alle wurden vertagt, abge­lehnt, schubladisiert, und das ist nicht in Ordnung! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Natürlich wissen wir, dass das nicht nur an die Grünen zu adressieren ist, sondern allen voran an die Volkspartei, die in Teilen – und ich betone in Teilen, denn das trifft natürlich nicht alle –, was die Gesellschaftspolitik betrifft, im letzten Jahrtausend verhaftet ist. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP – die Betroffenen wissen, wer gemeint ist –: Ich stehe hier als Abgeordneter zum Nationalrat am Rednerpult, ich stehe auf Männer. Hier sind Abgeordnete, Frauen, die auf Frauen stehen, und es werden hier auch einmal Abgeordnete sein, die Transgenderpersonen sind. Und das ist gut so, denn wir repräsentieren hier die Bevölkerung, und das haben auch Sie zu akzeptieren. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Ich möchte aber natürlich auch noch auf den Etappenerfolg zu sprechen kommen, den wir heute hier feiern können: Mehr als 8 000 Menschen haben innerhalb von einer Woche unsere Petition, die wir zum Verbot von Umpolungstherapien gestartet haben, unterschrieben, und das zeigt, der Druck aus der Zivilgesellschaft hat gewirkt. Heute haben wir einen gemeinsamen Antrag zustande gebracht, sowohl was die Umpolungs­therapien betrifft als auch was das Verbot von Genitalverstümmelung bei interge­schlecht­lichen Kindern betrifft. Das ist wirklich ein toller erster Schritt.

Es ist aber nur ein erster Schritt, denn entgegen der Ankündigung ist das, was wir heute hier beschließen, kein Gesetz, sondern ein Entschließungsantrag, der erst zu einem Gesetz transformiert werden muss.

Ich möchte noch einen letzten Gedanken ansprechen, der heute hier auch schon dis­kutiert wurde, nämlich zu Ungarn. In Ungarn – um vielleicht die Diktion des Bundes­kanzlers zu verwenden – werden gerade Grundwerte entwertet. Das Gesetz, das ges­tern beschlossen wurde, ist homo- und transphob, und die roten Linien verschieben sich immer weiter.

Deswegen bringe ich zum Abschluss noch einen Entschließungsantrag ein, der scharf und nicht so schwammig wie der gerade eingebrachte ist:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert, den erneuten Anschlag auf die Rechte der LGBTIQ-Community im Ungarn im Zuge des am 15. Juni 2021 beschlossenen Geset­zesentwurfs aufs Schärfste zu verurteilen.“

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Beschließen wir das und zeigen wir Orbán, dass es immer noch rote Linien in Europa gibt! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Angriffe auf LGBTIQ-Rechte in Ungarn aufs Schärfste verurteilen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 111. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1600/A(E) der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen – einstimmigen Entschließungsantrag aus 2019 endlich umsetzen (898 d.B.)– TOP 17

Während die LGBTIQ-Community weltweit im Rahmen der Pride den Juni damit ver­bringt, auf die anhaltende und durch Corona sogar noch gestiegene Diskriminierung, Ungleichbehandlung und Gewalt gegenüber der Community aufmerksam zu machen, werden in Ungarn die Rechte von homo-, bi-, transsexueller und intergeschlechtlicher Personen weiter zurückgedrängt. Im Rahmen der Verschärfung der Strafbestimmungen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sollen gleichzeitig Auf­klärungs­programme an Schulen, Bücher, Filme und andere Inhalte, die eine von der Heteronorm abweichende Sexualität darstellen, verboten werden. Abgesehen von der proble­ma­tischen Kontextualisierung mit sexualisierter Gewalt ist eine Verunmöglichung von Auf­klärung und Information zu LGBTIQ-Themen fatal und genau das Gegenteil von dem, was es für eine liberale, respektvolle und sichere Gesellschaft braucht, in der alle Menschen frei von Angst und Diskriminierung leben können. Diese regelrechte Zensur von LGBTIQ-Inhalten trifft besonders Jugendliche der Community und verhindert Aufklärung und den Abbau von Vorurteilen im Rest der Gesellschaft und muss von der österreichischen Bundesregierung daher aufs Schärfste verurteilt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für EU und Verfassung, werden aufgefordert, den erneuten Anschlag auf die Rechte der LGBTIQ-Community in Ungarn im Zuge des am 15. Juni 2021 beschlossenen Geset­zesentwurfs aufs Schärfste zu verurteilen."

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Alma Zadić. – Bitte.