22.27

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Volksanwälte! Das letzte Jahr war für uns stark von Covid und den vielen verschiedenen Begleitmaßnahmen geprägt, die wichtig für den Schutz der Gesundheit waren, die uns alle aber vor verschiedenste neue Herausforderungen gestellt haben. Auch die Volksanwaltschaft hat diese zu spüren bekommen, das zeigt sich auch an den Zahlen: Es gab einen Anstieg der Beschwerden um circa 7,6 Prozent auf eine Gesamtzahl von 17 914. Den größten Brocken macht mit 19,2 Prozent aller Verfahren der Bereich der inneren Sicherheit und dort im Speziellen das Fremden- und Asylrecht sowie die Polizei aus.

Von den Verfahren im Bereich Inneres machen den Löwenanteil – so in etwa 40 Pro­zent – die Asylfälle aus, 25,8 Prozent die Polizeifälle. Die Volksanwaltschaft kritisiert da vor allem die Verweigerung der Geschlechtseintragung inter – das ist das eine –, den Umgang der Polizei bei Misshandlungsvorwürfen und auch die langen Verfahrensdauern von Aufenthaltstitelverfahren und Beschwerdeverfahren vor dem BVwG.

Auch das Thema präventive Menschenrechtskontrolle in Bezug auf Demonstrationen und das Einschreiten der Polizei war ein Punkt. Das ist ein Thema, über das wir dringend reden müssen, denn: Wie kann es sein, dass bei Demonstrationen seit Beginn der Corona­pandemie mit zweierlei Maß gemessen wird? Einerseits dürfen Coronaleugner unter dem Schutz der Polizei durch die Wiener Innenstadt marschieren, Mitgliedern der jüdi­schen Gemeinde wird angeraten, währenddessen zu Hause zu bleiben. Nach dem Terroranschlag durfte Georg Immanuel Nagel mit einem Auto durch den 8. Bezirk fahren und Maschinengewehrsalven – falls man sich noch daran erinnert – abspielen, ande­rerseits werden Menschen, die am 1. Mai gemütlich im Votivpark sitzen und picknicken, von der Polizei eingekesselt und mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen. Das kann es nicht sein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr.)

Auch wenn die Polizei dem NPM Demonstrationen meldet, bei denen mit einem Gewalt­potenzial gerechnet wird, braucht es neben mehr Einbindung im Vorfeld auch bessere Strategien der Deeskalation. Die KommissionsleiterInnen können zwar die Einsatzpläne der Polizei einsehen, um mögliche Hotspots bei Demonstrationen auch im Vorfeld bes­ser ausfindig zu machen, aber da ist definitiv die Polizei in der Pflicht, dann auch Strate­gien zur Deeskalation zu entwickeln.

Auch im Bereich der Justiz sind durch die Volksanwaltschaft Probleme aufgezeigt wor­den. Ein erheblicher Teil der 1 221 Beschwerden betraf dabei den Straf- und Maß­nahmenvollzug. Dabei wurden neben baulichen Mängeln oft auch die Kapazitätsgrenzen und das Warten auf freie Plätze kritisiert. Der Maßnahmenvollzug ist die letzten 50 Jahre – und das muss eigentlich einmal jemand erklären – nicht reformiert worden, weshalb viele der Kritikpunkte der Volksanwaltschaft auch gut nachvollziehbar sind und der Reform­bedarf groß ist.

Diese Reform wurde bereits gestartet, und das ist auch wichtig und richtig. Im Mai hat unsere Justizministerin Alma Zadić bereits einen ersten Teil der Reformen im Maßnah­menvollzug präsentiert. Der erste Teil hat das Ziel, dass jene Menschen, bei denen es aufgrund ihrer Gefährlichkeit notwendig ist, konsequent im Maßnahmenvollzug unter­gebracht werden. Jene, bei denen es hingegen nicht notwendig ist, sollen besser im regulären Gesundheitssystem versorgt werden. Dies soll durch eine treffsichere Ände­rung der Einweisungsvoraussetzungen für psychisch kranke RechtsbrecherInnen erreicht werden. Auch für Jugendliche wird es nun erstmals neue Regeln geben, sodass diese nur bei Kapitalverbrechen im Maßnahmenvollzug untergebracht werden. Beide Maßnah­men sollen in weiterer Folge eine Entlastung der Kapazitäten bringen.

Der zweite Teil der Reform soll unter anderem die bessere Betreuung im Maßnahmen­vollzug durch mehr PsychiaterInnen und PsychologInnen gewährleisten.

Mit dieser Reform hat unsere Bundesministerin den ersten Teil einer umfassenden Reform auf den Weg gebracht. Das war nicht nur eine langjährige Forderung von vielen ExpertInnen, sondern auch Kritikpunkt der Volksanwaltschaft in den letzten Jahren. Ich glaube, das ist auch notwendig und wichtig, denn der vorgestellte Gesetzentwurf greift genau diese Kritik auf und ist ein Meilenstein für einen menschenrechtskonformen Maßnahmenvollzug und eine sichere Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin sehr froh, dass die Volksanwaltschaft immer wieder Kritikpunkte aufzeigt und dass diese dann auch in sinnvolle Reformen, die wir umsetzen, münden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

22.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.