12.22

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Präsident! Werte Ab­geordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschir­men! Bevor ich zum aktuellen Thema der heutigen Sitzung komme, möchte ich die Ge­legenheit nutzen, um mich bei den vielen Einsatzkräften und Freiwilligen in unserem Land, die zur Stunde damit beschäftigt sind, die Schäden, die durch das Hochwasser entstanden sind, zu beseitigen und jenen Menschen in Österreich zu helfen, die sich fürchten, die Existenzängste haben und um ihr Heim bangen müssen, zu bedanken. Vielen Dank an diese freiwilligen Helfer! (Allgemeiner Beifall.)

Die Bilder aus vielen Teilen Österreichs, besonders aus Hallein und dem Tiroler Unter­land, aber auch aus Teilen von Niederösterreich, machen uns massiv betroffen; das gilt sicherlich für alle Fraktionen. Wir in der Bundesregierung werden alles, was in unserer Macht steht, tun, um den Betroffenen vor Ort zu helfen. Kanzler und Vizekanzler haben ja bereits angekündigt, dass die notwendigen Mittel aus dem Katastrophenfonds, der im Finanzministerium angesiedelt ist, fließen werden, und zwar rasch und unbürokratisch. Wir werden das gemeinsam mit den Ländern administrieren. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Vor der Sommerpause zieht das Parlament üblicherweise Bilanz über das vergangene Arbeitsjahr. Die heurige Bilanz zeigt, und das ist aus meiner Sicht auch positiv, dass der Nationalrat noch nie zuvor so oft zusammengetreten ist und dass noch nie zuvor so viele Gesetze beschlossen worden sind. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Es gab viele außertourliche Sitzungen, die notwendig geworden sind, um im Zuge von Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise Gesetze noch rechtzeitig in Kraft zu setzen. Das ist es auch, was die Menschen aus meiner Sicht zu Recht von der Regierung und vom Par­lament erwarten: Arbeit zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das enorme Arbeitspensum – das von allen hier geleistet worden ist – zur Bewältigung der Coronakrise ist in vielen Bereichen der Republik zweifellos einmalig gewesen, und ich darf sagen, auch im Finanzministerium gab es wohl seit dem Zweiten Weltkrieg keine größere Herausforderung. Daher möchte ich mich an dieser Stelle explizit bei allen Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern, vor allem aber bei denen im Finanzministerium, sehr herzlich dafür bedanken, denn die haben mit ihrer großartigen Arbeit dazu beigetragen, dass diese Hilfsinstrumente und Unterstützungsmaßnahmen teilweise in Rekordzeit auf­gesetzt worden sind und so dazu beigetragen haben, dass viele Unternehmen gerettet und viele Arbeitsplätze gesichert worden sind, auch wenn das viele nicht so sehen wol­len. Ich bedanke mich für diese ausgezeichnete Tätigkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Finanzministerium waren aber in den letzten Mo­naten, im letzten Jahr nicht nur aufgrund der Coronakrise sehr gefordert, auch der Ibiza-Untersuchungsausschuss hat ihnen vieles an zusätzlichen Arbeitsstunden abverlangt. In insgesamt 36 Aktenlieferungen hat das Finanzministerium rund 26 000 elektronische und 14 000 Akten in Papierform an den Untersuchungsausschuss geliefert. Bei 35 der 36 Lieferungen gab es übrigens auch seitens der Opposition keinerlei Beanstandungen. Das Zusammenstellen dieser Tausenden Unterlagen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben ihrer ohnehin schon herausfordernden Tätigkeit durchgeführt – auch dafür ein herzliches Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wie auch der Herr Bundespräsident bereits betont hat, ist in vielerlei Hinsicht Neuland betreten worden, vor allem in rechtlicher Hinsicht. Ich möchte mich an dieser Stelle auch für die umsichtige Umsetzung, für die umsichtige Handhabung dieser noch nie dagewe­senen Situation beim Herrn Bundespräsidenten bedanken.

Sehr vieles war neu, nicht aber der Prozess der Aktenlieferungen im Finanzministerium. Es wurden der jahrelang üblichen und etablierten Vorgangsweise entsprechend die Un­terlagen an den Untersuchungsausschuss übermittelt – so wie auch bei den 35 Beweis­verlangen von diesem Untersuchungsausschuss davor. Wir haben den Vorgang der Ak­tenlieferung auch noch einmal rechtlich prüfen lassen, und in vier Gutachten wurden die Vorgangsweise und die Rechtsansicht des Finanzministeriums auch bestätigt.

Als Dienstgeber habe ich mich an klare gesetzliche Rahmenbedingungen zu halten. Als Dienstgeber darf ich nicht in Postfächer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinein­schauen, wir dürfen nicht die Daten von Mitarbeitern vom Server abziehen. Der Dienst­geber hat auch nicht zu entscheiden, welche Korrespondenz der Mitarbeiter privat ist und welche nicht, und vor allem darf der Dienstgeber die Daten der Mitarbeiter nicht durchsuchen – das wäre Zensur. Auch Frau Justizministerin Zadić hat bekannterweise gesagt, die Aktenlieferungen funktionierten bei ihr so, dass die zuständige Sektion das prüfen beziehungsweise vorlegen wird. Verwaltung funktioniert eben nicht so, dass der Minister in den Postfächern der Mitarbeiter herumschnüffelt, und das ist auch gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

Klar ist aber auch: Unterschiedliche rechtliche Möglichkeiten können unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Ein vom Bundespräsidenten beauftragtes Organ hat andere Zu­griffsmöglichkeiten als ein Dienstgeber. Was wir aber jetzt, nach diesem langwierigen und aufwendigen Prozess der Informationssicherung mit Sicherheit sagen können, ist: Erstens, es gibt keine E-Mails von mir, zweitens, die vorgelegten Unterlagen betreffen nicht meine Amtszeit als Minister, und drittens, das Finanzministerium hat alles, was rechtlich möglich ist, vorgelegt.

In den vergangenen Wochen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von mir vonseiten mancher in der Opposition öffentlich mit Fehlverhalten konfrontiert beziehungsweise ist ihnen ein solches unterstellt worden. Einzelne Abgeordnete haben teilweise mit falschen Behauptungen jahrelang verdiente Staatsdiener de facto verunglimpft, und auch jetzt werden noch immer fast täglich falsche Behauptungen aufgestellt, Journalistinnen und Journalisten mit falschen Informationen versorgt. Bisher hat sich jede dieser Anschuldi­gungen als falsch herausgestellt. Wenn die SPÖ behauptet, dass etwas nicht geliefert wurde, dann sollte sie sich zumindest die Mühe machen, auch wirklich zu kontrollieren, ob das stimmt, und es nicht einfach behaupten. Wenn für Sie die Wahrheitspflicht in dieser Sache gelten würde, dann hätten Sie schon lange ein Problem, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Sondersitzung heute ist daher die beste Gelegenheit für eine aufrichtige und ernst gemeinte Entschuldigung der Opposition bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Finanzministeriums. Ich hoffe sehr, dass diese noch erfolgen wird. (Heiterkeit bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Damit komme ich zur Beantwortung der an mich gerichteten Fragen.

Zu den Fragen 1 bis 4:

Wie bereits mehrfach betont habe ich von Anfang an klargestellt, dass das Finanzminis­terium den Untersuchungsausschuss und dessen Arbeit im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten vollumfänglich unterstützt und Beweisverlangen rasch und vollständig um­gesetzt werden.

Die Aktenlieferungen wurden im Zuge eines seit vielen Jahren im BMF etablierten Pro­zesses durchgeführt. Wie in anderen Ministerien führe ich diesen operativen Prozess nicht selbst durch. Auch Justizministerin Zadić hat bekanntlich angegeben, dass die je­weils zuständige Sektion die Aktenlieferungen vornimmt.

Auch in diesem Untersuchungsausschuss hat der Prozess im Bundesministerium für Fi­nanzen bei 35 von 36 zusätzlichen Beweisverlangen klaglos funktioniert; in diesem einen besonderen Fall haben wir, wie auch der Herr Bundespräsident betont hat, juristisches Neuland betreten.

Zur Klärung offener Rechtsfragen und zur Sicherstellung der Fürsorgepflicht des BMF gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere hinsichtlich Daten­schutz und der Wahrung der Persönlichkeitsrechte, wurden Gutachten in Auftrag gege­ben. Die Kosten belaufen sich voraussichtlich auf rund 100 000 Euro. Die Abrechnung läuft noch.

Zur Frage 5:

Ich ersuche um Verständnis dafür, dass einzelne, aus dem Kontext gerissene Nachrich­ten kaum zu interpretieren sind. Vielleicht standen diese Nachrichten im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit im Öbib-Nominierungskomitee.

Zur Frage 6:

Zum heutigen Tag gibt es keine aktuelle Steuerschätzung zu diesem Thema.

Zur Frage 7:

Keine. Ich halte fest, dass ich damals nicht Finanzminister war.

Zur Frage 8:

Ich habe keine Prüfungen betreffend Privatisierungen im Finanzministerium in Auftrag gegeben.

Zur Frage 9:

Die Wahrnehmung der Eigentümerrechte an der BRZ-GmbH erfolgt durch das BMDW. Mir wurde allerdings berichtet, dass die Geschäftsführung der BRZ bereits klargestellt hat, dass zu keinem Zeitpunkt eine Manipulation oder Verzögerung eines Verfahrens stattgefunden habe.

Zur Frage 10:

Für die Bestellung von Vorständen ist gemäß § 75 Abs. 1 Aktiengesetz ausschließlich der Aufsichtsrat zuständig. Meine Rolle im Nominierungskomitee beschränkte sich auf die Auswahl von Aufsichtsräten für Tochterunternehmen der Öbib.

Ergänzend möchte ich festhalten, dass Gutachten zu allen Kandidatinnen und Kandida­ten für Aufsichtsratsfunktionen durch Personalberaterfirmen erstellt worden sind.

Zur Frage 11:

Die Frage betrifft keine Vollziehung des Bundes.

Zur Frage 12:

Der Aufsichtsrat ist gemäß § 75 Abs. 1 Aktiengesetz für die Bestellung der Vorstände zuständig. Ich habe volles Vertrauen in den Aufsichtsrat der Öbag. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

12.32

Antrag auf nochmalige Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschusses

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Debatte darf ich noch bekannt geben, dass die Einsetzungsminderheit gemäß § 53 Abs. 6 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse einen Antrag auf nochmalige Verlänge­rung des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung um drei Monate eingebracht hat.

Die Abstimmung über den gegenständlichen Antrag erfolgt gemäß § 53 Abs. 6 der Ver­fahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse am Schluss der Sit­zung.

*****

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Herr Abgeordneter Matznetter, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.