13.14

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müssten wir all das, was wir nicht nur heute von den Verfehlungen der ÖVP aufgezeigt haben, in ein Drehbuch schreiben und einen Politkrimi drehen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger und Zarits.) So lustig ist es aber eigentlich gar nicht, sondern es ist eigentlich extrem erschreckend, dass all diese Dinge im Jahr 2021 in Österreich passieren. (Zwischenruf des Abg. Hanger.) Es ist wirk­lich erschreckend, wie Sie die Republik, den Parlamentarismus, die Demokratie scheib­chenweise demolieren und diskreditieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.– Das merkt man insbesondere auch durch die wütenden Zwischenrufe von Herrn Kolle­gen Hanger.

Wenn der Finanzminister einen Laptop spazieren fahren lässt, bevor er ihn den Ermitt­lern übergibt, Bundeskanzler Kurz eine Anklage droht, Thomas Schmid durch Posten­schacher ins Amt gehievt worden ist und alle drei mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert sind, dann, meine Damen und Herren, ist das wirklich eine massive Imageschädigung für unsere Republik (Beifall bei der SPÖ) – und ein massives Problem, vor allem des­halb, weil das nur Ausschnitte des Repertoires an Fehltritten und Skandalen des ÖVP-Spitzenteams sind.

Wir Politikerinnen und Politiker haben eigentlich Verantwortung zu tragen. Wir geloben, unsere Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. (Abg. Hörl: Daran sollten Sie sich erinnern!) Das späte Liefern von Akten und vor allem das Vorschieben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist eine massive Verletzung dieser Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch kurz in Erinnerung rufen, was dieser Untersuchungsausschuss schon alles aufgedeckt hat: Chats über Scheißweiber und Scheißquoten; den selbstgebastel­ten Weg von Thomas Schmid zum Öbag-Chef; die Novellierung der Öbag, die für eine sogenannte „Schmid AG“ missbraucht worden ist; Spenden und Gefälligkeiten an die ÖVP und auch an die FPÖ; Privatklinikbetreiber haben gespendet und dann im An­schluss eine Reformierung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds bekommen, der um 5 Millionen Euro aufgestockt worden ist – ein Schelm, wer böse dabei denkt und einen Zusammenhang sieht –; und wir haben gesehen, dass geschredderte Festplatten doch nicht nur aus Druckern, sondern auch aus Laptops waren. Wir hätten vieles, vieles gerne weiter untersucht.

Da Kollege Hanger sagt, es sei nichts zitiert worden, kann ich nur darauf hinweisen, dass wir heute schon über die Stiftungen gesprochen haben. (Zwischenruf des Abg. Han­ger.) – Kollege Hanger, Sie wissen auch ganz genau, dass man jetzt nicht einfach Akten nehmen und an die Presse geben kann. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hanger.) Vielleicht ist das in der ÖVP Usus, aber bei allen Fraktionen wird das halt nicht so ge­handhabt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: ... das wissen Sie ganz genau! – Zwi­schenruf des Abg. Zarits.)

Ich glaube, wir brauchen auch keinen Hehl daraus zu machen, dass dieser Untersu­chungsausschuss ganz bewusst abgedreht wird, ganz bewusst nicht verlängert wird und ganz bewusst zugedeckt wird und auch von der ÖVP ganz bewusst diskreditiert wird. Noch nie wurden Minderheitsrechte so mit Füßen getreten – auch das kann man getrost feststellen –, es wurde noch nie so vertuscht, verzögert. All das macht mich eigentlich wirklich extrem traurig, vor allem dann, wenn Dinge so für die eigenen Bedürfnisse be­nutzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen alle – und das weiß vor allem auch Finanzminister Blümel, das weiß die ÖVP, das weiß das gesamte Umfeld –, ein Untersuchungsausschuss hat nur eine begrenzte Tätigkeitsdauer – wir würden gerne verlängern, aber es wird nicht zugelassen –, und genau deswegen werden ja Aktenlieferungen verzögert, genau deswegen werden ja Ak­ten zurückgehalten, und zwar nicht von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – ich möchte es noch einmal betonen –, sondern vom Bundesminister selbst. (Abg. Belako­witsch: Er tut am Handy spielen! Es interessiert ihn eh nicht!) Die Akten wurden vom Bundesminister selbst, trotz VfGH-Erkenntnisses, trotz Eingriffs des Bundespräsidenten, zurückgehalten – und das ist eigentlich wirklich extrem schändlich. Sie wurden zu hoch eingestuft geliefert, sie wurden tonnenweise als Papiermaterial geliefert – und auch das war nur Schikane, weil es viel zu spät heruntergestuft worden ist, als dass wir als Abge­ordnete überhaupt damit hätten arbeiten können.

Dass die ÖVP nicht immer konsequent ist, vor allem wenn es um Rücktritte und Ruhend­stellungen geht, zeigt auch ein Fall in Oberösterreich: Ein Bürgermeister, der das Land­tagsmandat ruhend gestellt hat, weil eine Anklage läuft, in der er mit sexueller Belästi­gung und Vergewaltigung konfrontiert ist, ist noch immer als Bürgermeister im Amt. Auch wenn die Unschuldsvermutung gilt (Abg. Martin Graf: Welche Partei?), ist es eine Wat­schen für alle Frauen in diesem Land, wenn dieser ÖVP-Bürgermeister noch einmal kan­didiert. Er kandidiert im September noch einmal – trotz dieser Vorwürfe! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Disoski und Schallmeiner.) Das ist ein unglaublicher Skandal und wie gesagt eine absolute Watschen ins Gesicht für alle Frauen.

Nein, werte Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht darum: Weg mit der ÖVP, weg mit dem Bundeskanzler, weg mit Blümel!, oder sonst irgendetwas, sondern es geht schlicht und ergreifend einfach nur um parlamentarische Kontrolle; es geht schlicht und ergrei­fend um die Demokratie in diesem Land (Zwischenruf des Abg. Zarits – Abg. Michael Hammer: Zuerst schießt ihr euch selber weg! – Zwischenruf des Abg. Hanger), und es geht schlicht und ergreifend darum, was Sie mit der Republik aufführen (Abg. Michael Hammer: ... Rendi-Wagner-Fan! Hauen und Stechen Doskozil, Rendi!), was Sie mit der Republik aufführen und wie Sie sie für Ihre Zwecke benutzen.

Das ist kein Tauschbasar, das ist nicht kaufen, verkaufen, schenken und das Beste für sich selbst herausholen. (Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Das ist eine Republik, eine De­mokratie mit Parlamentarismus, und das sollte Ihnen einmal klar werden! Es ist allen in diesem Haus auch völlig bewusst, dass die ÖVP dazu ein sehr gestörtes Verhältnis hat. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Wenn die Partei, die den Stein mit Ibiza ins Rollen gebracht hat, nämlich die FPÖ, im Untersuchungsausschuss mitarbeitet, wenn der Koalitionspartner, die Grünen, sehr gut im Untersuchungsausschuss mitarbeitet, dann ist es keine Rache, keine Böswilligkeit, sondern einfach nur unsere parlamentarische Kontrolle, die wir verantwortungsbewusst durchführen. Das ist unser Auftrag in diesem Hohen Haus, werte Kolleginnen und Kol­legen!

Dass Sie dafür aber nichts übrig haben, wissen wir leider auch nicht erst seit gestern. Wer: Ich liebe das Parlament!, nicht ernst meint, sondern nur als zynischen und polemi­schen Ausdruck versteht, hat unser Vertrauen nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.