14.12

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Lopatka hat ja jetzt sehr eindrücklich dargestellt und bewiesen, dass die ÖVP auch in diesem Bereich ein Glaub­würdigkeitsproblem hat. Was Sie jetzt gerade formuliert haben, ist eben nicht glaub­wür­dig. Wenn Sie sagen: Wir haben niemals gesagt, dass wir weitere Afghanen aufnehmen!, dann widerspricht das dem Text im Antrag, dem Sie ja zustimmen werden – davon gehe ich aus –, in dem es darum geht, dass wir uns dafür einsetzen werden, dass „weiterhin [...] die Evakuierung der verbliebenen Österreicherinnen und Österreicher und afghani­schen Staatsangehörigen mit gültigem Aufenthaltstitel in Österreich“ stattfinden wird.

Das widerspricht sich also (Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic), ist aber typisch und bezeichnend für das grundsätzliche Glaubwürdigkeitsproblem, das nicht nur Sie, Herr Kollege Lopatka, haben, sondern auch der neue Kollege hier im Nationalrat (in Richtung Abg. Kurz blickend), der ja die Balkanroute geschlossen hat – was auch nicht stimmt! –, oder Herr Innenminister Nehammer, der sagt: Ja, selbstverständlich finden die Abschie­bun­gen wie gehabt statt!, und auf Nachfrage, wie viele das seien, dann zugeben muss: null. Das ist also eine völlig sinnverzerrende Behauptung.

Auch Ihr Verhalten als Österreichische Volkspartei auf europäischer Ebene, wenn es darum geht, dem neuen EU-Migrationspakt, der im Wesentlichen nur eine ablauforga­nisatorische Verteilung der Migranten in Europa vorsieht, selbstverständlich zuzustim­men, führt doch zu keiner Lösung, vor allem nicht zu einer Lösung im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher.

Wenn man sich die Geschichte Afghanistans anschaut, sieht man, dass Interventionen dort immer – flapsig formuliert – schwerst in die Hose gegangen sind. Wenn man es ein bisschen ernster formuliert, haben sie immer zu Hunderttausenden Toten, vor allem Zivilisten, zu totalem Desaster und zu Chaos geführt, so auch bei der Intervention der Vereinigten Staaten im Jahre 2001, die dann in der Fortsetzung der Doktrin von George W. Bush gipfelte, der gesagt hat: Wir werden einen Dominoeffekt erzielen, indem wir – mit Afghanistan beginnend – der Welt unsere Prinzipien der Demokratie, der Menschenrechte und der Freiheit sozusagen beibringen oder aufs Aug drücken, und wenn sie es sich nicht aufs Aug drücken lassen, dann gebrauchen wir Gewalt. Das ist der amerikanische Zugang, der jedes Mal im Desaster endet, und die Europäer fahren mit, im konkreten Fall natürlich die europäischen Nato-Partner – aber Österreich nicht.

Da bin ich schon bei der Verantwortung: Wo liegt die Verantwortung für dieses Chaos und dann auch die Verpflichtung, etwas zur Beseitigung dieses Chaos zu tun? – Ich sehe diese Verantwortung nicht bei Österreich. Wir sind keine kriegsführende Nation. (Zwischenruf der Abg. Ernst-Dziedzic. – Abg. Amesbauer: Das geht uns nichts an! – Abg. Ernst-Dziedzic: Sehr wohl!) Die Verantwortung liegt zuallererst bei den Amerika­nern und in zweiter Linie bei den Nato-Ländern, die sich am Krieg beteiligt haben. Wenn man es ein bisschen weiter spannen will, liegt sie möglicherweise auch noch bei Russ­land als Nachfolgestaat der Sowjetunion, weil die ja in den Neunzigerjahren Ähnliches erlitten haben, als sie geglaubt haben, durch kriegerische Intervention irgendwelche Probleme lösen zu können.

Die Verantwortung liegt also nicht bei uns. Kollege Amesbauer hat es schon erwähnt: Wir haben bereits 44 000 Menschen aus Afghanistan aufgenommen. Das ist doch bitte genug der Pflichterfüllung, denn im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, die einen Bruchteil davon aufgenommen haben, die 40-mal mehr Einwohner haben als wir, die hundertmal größer sind als wir, haben wir da bei Gott unseren Beitrag schon geleistet.

Man darf nicht vergessen: Das kostet ja richtig Geld. Das kostet Hunderte Millionen von Euro. Wir haben heute in der Budgetsitzung schon erfahren, insbesondere von FPÖ-Rednern, dass einerseits dieser Budgetentwurf nicht das Gelbe vom Ei ist – auch die Steuerreform nicht – und dass andererseits die Menschen in unserem eigenen Land mit einer nicht nur drohenden, sondern jetzt bereits einsetzenden Kostenlawine konfrontiert sein werden, die im Winter noch viel, viel stärker sein wird. Das heißt, vielen Menschen in Österreich geht es wirklich nicht gut und es wird ihnen über den Winter noch viel, viel schlechter gehen.

Da ist die Freiheitliche Partei die einzige, die die richtigen Prioritäten setzt  es geht ja um die Frage der Prioritäten und darum, auch die richtige Verhältnismäßigkeit im Auge zu haben – und die glaubwürdig ist. Ich akzeptiere das ja durchaus und es ist absolut in Ordnung, wenn die Grünen und die SPÖ da andere Zugänge haben, andere Lösungs­möglichkeiten sehen und sagen, wir sollen möglichst viele Afghanen bei uns aufnehmen. Das ist das Tolle in einer pluralistischen Demokratie, dass es gestattet ist, unterschied­liche Meinungen zu haben.

Womit ich aber ein Problem habe – da schließt sich jetzt der Kreis –, ist die Österreichi­sche Volkspartei und deren Glaubwürdigkeit in dieser Frage. Ich habe es schon gesagt: Kollege Lopatka, was du hier formuliert hast, ist wenig glaubwürdig. Auch das Schließen oder eben Nichtschließen der Balkanroute ist nicht glaubwürdig. Die Anzahl der Abschie­bungen in der Höhe von null sind nicht glaubwürdig. In Österreich heißt es: Ja, wir wer­den stark gegen den Migrationspakt auftreten!, gleichzeitig gibt es dann Zustimmung auf europäischer Ebene – das ist alles nicht glaubwürdig.

Das ist meines Erachtens der springende Punkt. Es geht nicht um die SPÖ oder die Grünen, es geht um die FPÖ, die in diesem Bereich die richtigen Prioritäten setzt, die Verhältnismäßigkeit im Auge hat und glaubwürdig ist, und es geht um die ÖVP, die all diese drei Dinge eben nicht hat. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Harald Troch. – Bitte, Herr Abgeord­neter.