17.21

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Nachdem Frau Kollegin Blimlinger eine wunderbare Rede mit historischem Hinter­grund gehalten hat, erlaube ich mir auch, einen leisen historischen Ansatz zu finden. Ich denke an Ludwig Wittgenstein, den meiner Meinung nach größten Philo­sophen und Denker des 20. Jahrhunderts, ein Vorbild für mich. Er hatte interessan­terweise ungefähr bis zu seinem 14. Lebensjahr häuslichen Unterricht – es war natürlich ein reiches Haus –, dann musste er in die Schule gehen. Er konnte nicht in ein Gym­nasium gehen – offen­sichtlich hat er im häuslichen Unterricht kein Latein gelernt –, son­dern musste nach Linz in eine Realschule gehen. Er war auch ein bisschen eigenartig in der Schule, er hat seine Mitschüler sofort mit Sie angesprochen. Nebenbei gesagt: Er ist in Deutsch bei der Matura durchgefallen, der größte Sprachphilosoph des 20. Jahrhun­derts! – Er war also ein etwas eigenartiger Mensch. Er war im Umgang – also ich würde Wittgenstein gar nicht so gern begrüßen müssen – nicht einfach, aber er war wirklich ein großer Denker.

Häuslicher Unterricht kann durchaus gelingen, es ist durchaus denkbar, dass es das gibt. Es gibt keine Schulbesuchspflicht, es gibt nur die Unterrichtspflicht. Das ist sozu­sagen die Freiheit, die der Staat den Bürgerinnen und Bürgern gibt, das sollte man nicht übersehen, aber selbstverständlich ist es eine Abwägung: auf der einen Seite diese Freiheit und auf der anderen Seite das Kindeswohl. Das bereitet uns natürlich Sorgen, denn wir wissen, dass höchstwahrscheinlich bei vielen das Gelingen des häuslichen Unterrichtes – dass man dann etwa zum größten Philosophen des Jahrhunderts wird – wohl nicht so leicht möglich ist.

Wir müssen die Eltern, die sich dafür entscheiden, darauf aufmerksam machen und ihnen sagen, welche Risiken sie dabei eingehen. Das ist ganz entscheidend. Wir müssen selbstverständlich auch wissen, warum das so ist, daher ist die Motivforschung, die wir zu betreiben versuchen, sehr wichtig – wiewohl es wie gesagt eine Abwägung ist; das sollte man nicht vergessen.

Mag sein, dass einige Eltern sich deshalb so entscheiden, weil sie auf die Äußerungen der Klubobfrau der NEOS gehört haben, dass unser Bildungssystem grottenschlecht sei. Das ist natürlich falsch! Es ist genauso falsch wie die Aussage, dass fünf eine gerade Zahl wäre. Wenn jemand behauptet, fünf sei gerade, ist es einfach falsch und es macht nichts. Wenn jemand aber behauptet, dass das Bildungssystem grottenschlecht sei, nimmt er mit dieser falschen Aussage auch eine Verantwortung auf sich, nämlich die Verantwortung dafür, dass die Eltern glauben, dass dieses Schulsystem wirklich schlecht ist. Das ist es nämlich nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Shetty.)

Die Eltern wissen, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer, die Direktorinnen und Direk­toren und auch das Ministerium bemühen, dass das Bildungssystem sehr gut ist. Wir haben auch gute Erfolge: bei den Lehrlingen bis hin zu den Universitätsprofessoren. Unser Bildungssystem ist gut und nicht grottenschlecht. (Abg. Shetty: Bezeichnend! – Zwischenruf des Abg. Eypeltauer.) Hier wird verantwortungslos einfach nur etwas Falsches gesagt. (Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Ich erlaube mir ganz zum Schluss noch, das Ganze auf eine größere Bühne zu bringen, betreffend die Causa prima, denn da wird ja auch gesagt, es drohe eine katilinarische Verschwörung. Das ist nicht nur falsch, das ist verantwortungslos, auch der Demokratie gegenüber, der wir zu dienen haben. Das möchte ich betonen. Vor allem: Von denje­nigen, die das sagen, hat keiner das Format eines Cicero. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Brandstätter. – Abg. Obernosterer: Ich hoffe, ihr habt das ver­standen!)

17.24

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hermann Brückl zu Wort. – Bitte.