10.29

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Kollegin Ecker, Ihre Rede hat mit der Würde dieses Hauses rein gar nichts mehr zu tun. Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ.)

26 Frauenmorde, 26 Frauen, die von Männern ermordet wurden – eine Krise der Gewalt von Männern gegen Frauen! Gerade diese katastrophale Situation sollte eigentlich von uns allen verlangen, dass wir dieses Parlament nutzen. Diese Krise sollte von uns ver­langen, dass wir ehrlich, auf Augenhöhe und ohne parteipolitische Scheuklappen darüber diskutieren, was zu tun ist. Sie würde von uns verlangen, dass wir als Parlament ge­meinsam handeln.

Stattdessen diskutieren wir heute zwei wichtige Anträge von Kollegin Heinisch-Hosek, die sich genau mit diesem Problem befassen, die jedoch abgelehnt wurden, obwohl wir alle wissen, dass das groß angekündigte Gewaltschutzpaket der Bundesregierung nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und das Problem der strukturellen Gewalt durch Männer in unserer Gesellschaft nicht lösen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Vorgehen des Aussitzens, des Drüberfahrens, des Vertagens und Ablehnens ist leider symptomatisch dafür, wie von dieser Regierung mit allen Fragen der Gleichbehandlung und der Antidiskriminierung umgegangen wird. Statt ehrlich und gemeinsam nach den besten Lösungen zu suchen, werden lieber Überschriften produziert. Die Menschen in unserem Land haben sich etwas Besseres verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Leider zeigt sich genau dieses Muster des Aussitzens und Wegschauens auch bei vielen anderen Themen, die wir vor allem im Gleichbehandlungsausschuss diskutieren. Viele von uns bringen beispielsweise wichtige Anträge zur Antidiskriminierung von LGBTIQ-Personen ein, die es gar nicht ins Plenum schaffen, weil sie von den Regierungs­frak­tionen einfach immer weiter vertagt werden.

Das Einzige, was diese Regierung offensichtlich zum Handeln bringt, sind schlechte Überschriften. Trotz zahlreicher Anträge im Parlament war es schließlich erst die nega­tive Presse, die im Sommer dazu geführt hat, dass sich die schwarz-grüne Regierung dem internationalen Protest gegen die menschenrechtsfeindliche Politik in Ungarn ange­schlossen hat. Zur Situation in Polen, wo die Regierung gerade ein Verbot von jeglichen Demonstrationen für Gleichstellung und die Menschenrechte der LGBTIQ-Community diskutiert, hat man von unserer Regierung sowieso kein Wort gehört. Dabei sind es genau diese vielfältigen Themen – von Gewaltschutz bis zu den Menschenrechten –, an denen wir gemeinsam, abseits der Parteipolitik, arbeiten könnten.

Für uns muss klar sein, dass die österreichische Politik niemals wegschauen und die Augen verschließen darf, wenn Menschen diskriminiert und verfolgt werden, egal ob in Österreich oder in einem unserer EU-Nachbarländer.

Daher bringe ich heute folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatz für die Menschenrechte der LGBTIQ-Community in Polen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und interna­tionale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundes­kanz­leramt sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bun­deskanzleramt, werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene gegen jegliche Angriffe auf die Menschenrechte von sexuellen und geschlechtlichen Minder­heiten in der Europäischen Union einzusetzen, sowie Initiativen, durch die die Meinungs- und Versammlungsfreiheit von LGBTIQ-Personen in Polen eingeschränkt wird, klar zu verurteilen und sich für die Verbesserung der Lebenssituation von LGBTIQ-Personen in Polen einzusetzen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: ... Österreich!)

10.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Einsatz für die Menschenrechte der LGBTIQ-Community in Polen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1512/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Akut Maßnahmen für Gewaltschutz (1106 d.B.)

Die Situation von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Personen in Polen sorgt seit geraumer Zeit für europaweites Aufsehen. Erst in den vergangenen zwei Jahren positionierten sich große Teile der polnischen poli­tischen Landschaft mit der Schaffung von s.g. „LGBT-freien Zonen“ klar gegen den Schutz der Grund- und Menschenrechte der dortigen LGBTIQ-Community.

Diese Maßnahmen sorgten zurecht für immensen Widerstand aus der Europäischen Union, die nicht nur mit der Erklärung der EU zur „LGBTIQ Freedom Zone“ im Frühjahr 2021, sondern auch mit finanziellem Druck auf die betroffenen Regionen reagierte und sich so für den Schutz der dortigen Minderheiten einsetzte. Ähnlicher Druck wurde im Juni 2021 mit einem Bündnis europäischer Regierungen – dem die österreichische Bundesregierung leider erst verspätet und nach massivem öffentlichem Druck beitrat – auf Ungarn aufgebaut, wo die Rechte der LGBTIQ-Community ebenfalls durch homo- und transphobe Gesetze attackiert wurden.

Wenn die letzten Monate also gezeigt haben, welche enorme Bedeutung der inter­nationale und vor allem EU-weite Einsatz zur Sicherung der Grund- und Menschenrechte von Minderheiten hat, dann fordern die aktuellen Entwicklungen in Polen diesen mehr denn je ein: Ende Oktober diskutierte das polnische Parlament in erster Lesung ein Gesetz, durch das der öffentliche Einsatz für die Rechte der LGBTIQ Community unter Strafe gestellt werden soll. Konkret soll damit verboten werden, dass im Zuge von legalen Kundgebungen die Öffnung der Ehe auf Menschen desselben Geschlechts oder die Möglichkeit zur Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare gefordert wird. Genauso würde es in unserem EU Partnerland durch den Beschluss dieses Ge­setzes illegal werden, für eine „andere sexuelle Orientierung als die heterosexuelle“ zu „werben“. Betroffen wären davon nicht nur Kundgebungen zum Pride-Monat und dem weltweiten Christopher Street Day, sondern jede politische Meinungsäußerung, die eine Ausweitung der Rechte von LGBTIQ-Personen in Polen einfordert oder auch nur unterstützt.

Diese polnische Gesetzesvorlage würde damit nicht nur einen massiven Angriff auf die Versammlungsfreiheit und das Recht auf politische Willensäußerung der polnischen Bevölkerung bieten, sondern muss in seiner Tragweite für jedes Land der Europäischen Union inakzeptabel sein. Zahlreiche polnische, sowie internationale Organisationen for­dern daher ein entschiedenes Vorgehen gegen diesen Gesetzesentwurf. Gerade Öster­reich hat durch seine Lage im Zentrum Europas, sowie seine bewegte Geschichte die Verantwortung, bilateral und auf EU-Ebene gegen jede Art der Politik einzutreten, die Grund- und Menschenrechte derart massiv einschränkt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internatio­nale Angelegenheiten, die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundes­kanzler­amt sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bun­deskanzleramt, werden aufgefordert, sich auf europäischer und bilateraler Ebene gegen jegliche Angriffe auf die Menschenrechte von sexuellen und geschlechtlichen Minder­heiten in der Europäischen Union einzusetzen, sowie Initiativen, durch die die Meinungs- und Versammlungsfreiheit von LGBTIQ-Personen in Polen eingeschränkt wird, klar zu verurteilen und sich für die Verbesserung der Lebenssituation von LGBTIQ Personen in Polen einzusetzen.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie waren bemüht, einen Zusammenhang mit dem Verhandlungsgegenstand herzustellen. Ich lasse den Antrag zu, er steht in Verhandlung, aber ich würde darum bitten, die Tagesordnungspunkte so zu nutzen, dass wirklich klar ersichtlich ist, dass der Zusammenhang gegeben ist. Wir haben das lange diskutiert. Es geht ja auch darum, dass wir das auch im Protokoll ordnungsgemäß dokumentieren können.

Damit steht er in Verhandlung, er ist ausreichend unterstützt.

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.