13.00

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Wir haben bereits im Familienausschuss und dann hier im Nationalrat im letzten Monat einen ähnlichen Antrag zur Obsorge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen beschlossen. Dieser Antrag beinhaltete noch die unpräzise Formulierung „schnelle Obsorge“.

In meiner Rede im Oktober habe ich betont, dass wir Grüne uns für eine Obsorge ab dem ersten Tag der Ankunft von unbegleiteten Minderjährigen in Österreich einsetzen werden, und wir haben Wort gehalten. In unserem Antrag wird genau das nun so festgehalten. Damit beenden wir endlich eine in Wirklichkeit unerträgliche Praxis, dass nämlich nicht gesetzlich geregelt ist, wie wir mit den Vulnerabelsten unter den Geflüch­teten umgehen, nämlich mit den Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei den Grünen.)

Das hat nicht nur die Kindeswohl-Kommission beanstandet, sondern, liebe Kollegen und Kolleginnen, das müsste jedem Menschen, der ein Minimum, einen Funken an Empathie verspürt, aufstoßen.

Derzeit befinden sich 800 unbegleitete Minderjährige, Schutzsuchende im Erstaufnah­me­zentrum Traiskirchen, für die es keine Obsorge beziehungsweise eine rechtlich unzureichend geklärte Obsorge gibt. Ja, liebe Kollegen und Kolleginnen von SPÖ und NEOS, es gibt noch viel zu tun, und Sie können mir glauben, wir werden da auch nicht lockerlassen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Es wird deutlich, dass das Kindeswohl nicht gewährleistet ist, und ich würde das ganz gern anhand eines Beispiels – eines konkreten Falles, natürlich anonymisiert – zeigen.

A. war erst zwölf Jahre alt, als er alleine aus Afghanistan auf die Flucht und auf die Suche nach einer sicheren Bleibe geschickt wurde. Seine ehemalige Heimat Afghanistan war für ihn nicht mehr sicher, da sein Vater für die US-amerikanischen Truppen kleinere Unterstützungstätigkeiten, wie etwa Türsteherdienste und so weiter, geleistet hatte. Nachdem die Tätigkeit des Vaters bekannt geworden war, musste der zwölfjährige A. vor den Taliban flüchten. Drei Jahre dauerte seine Flucht, die ihn über den Iran nach Österreich führte.

Die Mutter von A. lebt immer noch in Afghanistan. Seit vielen Monaten weiß der mittlerweile 17-jährige Bursche nicht, ob seine Mutter noch lebt, geschweige denn, wie es seiner Familie geht, da sie keinen Zugang zu Internet oder Telefon haben. Auf die Frage, ob er wisse, wie es seiner Familie gehe, antwortete A. nur: Vielleicht sind sie tot. Ich weiß es nicht. Es gibt keine Chance auf einen Kontakt.

Jetzt, liebe Kollegen und Kolleginnen, stellen Sie sich vor, es wäre Ihre Familie! Stellen Sie sich vor, es wären Ihre Kinder! Dann verstehen Sie vielleicht, warum es eine Minimal­leistung ist, die wir als Staat dazu beitragen müssen, nämlich dass wir uns gesetzlich verpflichten, dass wir Kinder wie A. ab dem ersten Tag aufnehmen und uns um diese kümmern. Ich danke allen, die diesem Antrag zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.03

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.