17.21

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren jetzt zwei Tages­ordnungspunkte, und ich habe den Eindruck, gerade auch von der Bundesregierung, dass man, wenn man auf die Argumente inhaltlich nicht mehr eingehen möchte, sich einfach darüber lustig macht und sie ins Lächerliche zieht. Meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsfraktionen, damit werden Sie unsere Argumente aber nicht wegbekommen!

Ich möchte nun auch begründen, warum: Der Tag der Freiheit, den die FPÖ gefordert hat, der ist tatsächlich obsolet, und zwar deshalb, weil der 26. Oktober schon wieder vorbei ist. Inhaltlich hat er überhaupt nichts an Aktualität verloren. Worum geht es bei diesem Antrag? – Es geht darum, dass wir aus den vergangenen 20, 22 Monaten die richtigen Lehren ziehen und die Coronakrise als das behandeln, was sie ist, nämlich als Gesundheitskrise, die Maßnahmen im Gesundheitsbereich erfordert, und dass wir mit den Zwangsmaßnahmen und massiven Eingriffen, die weit über den Gesundheits­be­reich hinaus Schaden anrichten, aufhören. Ich habe es heute schon erwähnt: Diese Maßnahmen richten im Wirtschaftsbereich, im Bildungsbereich, selbst im Gesundheits­bereich mehr Schaden an, als sie Nutzen bringen, deshalb sollten sie beendet werden. Das ist heute, da wir vor dem nächsten Lockdown stehen, genauso aktuell wie in Zukunft, wenn dieser Lockdown vorbei sein wird.

Kollege Loacker hat es angesprochen, und die Experten im vorletzten Hauptausschuss haben es auch schon thematisiert: Diese 2G-Regelung, die Sie etabliert haben, bringt epidemiologisch überhaupt nichts, Herr Bundesminister! Damit verändern Sie das Ge­schehen gar nicht, Sie diskriminieren aber zu Unrecht einen großen Teil der österreichi­schen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zum zweiten Antrag, der auch von den Regierungsfraktionen im Gesundheits­ausschuss abgelehnt worden ist, betreffend das Diskriminierungsverbot für Ungeimpfte. Da muss ich ein bisschen weiter ausholen: Grundsätzlich, und da steht auch die FPÖ dahinter, sind Impfungen etwas sehr Sinnvolles, ja ein Segen für die Menschheit. Es gibt viele Impfungen, die wirklich schwere Erkrankungen praktisch beseitigt haben – denken Sie an die Impfung gegen die Pocken; auch die Masern sind massiv zurückgedrängt worden, sie flammen nur mehr vereinzelt auf; denken Sie an die Impfung gegen Kinderlähmung! Sie sind eine große Errungenschaft der Medizin und ein Segen für uns alle.

Ich als Apotheker habe in meinem Leben, glaube ich, schon mehr Impfungen empfohlen als der Großteil der Menschen, die hier sitzen. Ich bin auch selber gegen mehr geimpft als viele andere Personen hier herinnen. Ich möchte aber, dass Verständnis dafür da ist, dass wir die Menschen nicht zu etwas zwingen können, in eine Zwangsbehandlung treiben können, die sie nicht haben wollen. Eine Impfung, und das ist das Problem – Frau Kollegin Rendi-Wagner wird mir recht geben, sie wird das im Ministerium lange genug erlebt haben –, wird nur dann angenommen, wenn die Menschen davon über­zeugt sind, dass sie wirkt. Dazu brauchen sie erstens einmal ehrliche und verlässliche Daten, und zweitens müssen diese Daten dann auch entsprechend zu den Menschen transportiert werden.

Beides, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist im Fall der Covid-Impfungen eben nicht passiert. Man hat zu große Hoffnungen gehabt, auch ich, das gebe ich zu. Als ich die ersten Daten zu dieser Impfung bekommen habe, war ich mehr als beeindruckt. Ich war froh, ich war erstaunt, wie schnell die Wissenschaft etwas entwickelt hat. Die Daten waren ja wirklich vielversprechend. Nicht nur die wissenschaftliche Datenlage, sondern auch die Realität hat aber gezeigt, dass diese Versprechen einfach nicht haltbar gewesen sind. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Es hat keine sterile Immunität gegeben, es gibt keinen Schutz vor Infektion, es gibt keinen lang anhaltenden Schutz vor schweren Verläufen. Es ist kurz gesagt nicht das, was wir uns von einer Schutzimpfung erwarten würden oder erhofft haben.

Wenn es nun Menschen in Österreich gibt, die in eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung gehen und sich fragen: Wie groß ist mein Risiko, an Covid-19 zu erkranken, und wie groß ist mein Risiko, dass ich mich durch eine Schutzimpfung einer Belastung aussetze, die ich nicht haben möchte?, dann muss man akzeptieren, dass es in Öster­reich einige Menschen gibt, die sagen: Ich will mich nicht impfen lassen!

Man muss auch akzeptieren, und das ist in dem Verordnungsentwurf zwar vorgesehen, wird in der Realität aber leider Gottes überhaupt nicht gelebt, dass es Menschen gibt, die sich auch auf ärztlichen Rat hin nicht impfen lassen, weil sie chronische Vorerkran­kungen haben, weil sie ein gestörtes Immunsystem haben, weil sie zum Beispiel multiple Sklerose oder andere Erkrankungen haben und sich davor fürchten, dass die Impfung den nächsten Schub auslöst und ihnen mehr schadet als hilft. Diese Menschen kommen momentan ganz schwer bis gar nicht zu den entsprechenden Befreiungsattesten, die sie brauchen würden, um normal am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. (Zwi­schenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Wenn Sie die Impfpflicht so, wie sie in den ersten Entwürfen kursiert ist, etablieren, Herr Bundesminister, dass ein ärztliches Befreiungsattest nur mehr von Amtsärzten ausgestellt werden darf (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mückstein) – das war in den Entwürfen, die kursiert sind; diese ärztliche Attestierungspflicht ist auch in einem ande­ren Gesetzentwurf drinnen –, dann frage ich mich, wie Zehntausende, vermutlich sogar Hunderttausende Menschen in Österreich denn nach einer entsprechenden Untersuchung zu einem amtsärztlichen Attest kommen sollen, das sie von der Impfpflicht befreit. Wie wollen Sie das administrativ handhaben?

Ich befürchte vielmehr, dass Sie da einen Zwang einführen wollen, der die Falschen treffen wird, der Folgeschäden verursachen wird, der Menschen, die nachweislich gar keine Impfung brauchen, weil sie vielleicht zum Beispiel schon eine natürliche Immunität erworben haben, die mehr als ausreichend ist, trotzdem zu einer Impfung zwingt. Das kann ja wohl nur absolut unverhältnismäßig sein.

Ein Letztes möchte ich noch dazusagen, und zwar, dass die Impfung nicht mehr die einzige Möglichkeit aus der Krise ist, dass es mittlerweile zugelassene Arzneimittel gibt, mit denen man das Risiko eines schweren Verlaufs oder eines Todesfalls mindestens genauso zuverlässig verhindern kann. Ich weiß schon, das ist ein höherer Aufwand, das ist mit höheren Kosten verbunden, die im Gesundheitsbereich aufschlagen, aber es gibt eine Alternative, und damit ist dieser Zwang, den Sie verordnen wollen, in keinster Weise mehr verhältnismäßig. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie gesagt, dieser Zwang, dieser Impfzwang, den Sie als Überschreitung der roten Linie tatsächlich verhängen, wird auch im Gesundheitswesen zu massiven Kollateralschäden führen. Erstens einmal – ich habe es bereits in einer meiner letzten Reden angesprochen – haben wir im Gesundheitswesen jetzt schon eine Personalknappheit. Wir haben dort einen gewissen Prozentsatz an Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen. Wenn dieser Zwang kommt, dann werden sie aus diesen Berufen weggehen und die Personal­situation wird noch kritischer werden.

Und noch etwas: Sie werden mit diesem Vorgehen bei den Covid-Schutzimpfungen auch eine Aversion gegen andere Impfungen erreichen. Ich weiß, wie hart die Überzeugungs­arbeit war, Menschen zu bewährten und sicheren Schutzimpfungen zu bewegen. Die Durchimpfungsraten werden durch Ihre Zwangsmaßnahmen weiter sinken, weil staat­licher Zwang genau das Gegenteil von Aufklärung und einer aktiven, freiwilligen Ent­scheidung ist. Dieser Zwang, dieser Druck erzeugt Gegendruck. Damit werden Sie die Gesamtdurchimpfungsraten und damit die Gesamtgesundheit der Bevölkerung lang­fris­tig mehr schädigen, als dass Sie über diese Maßnahmen kurzfristigen Erfolg erreichen.

Wichtig für die Zukunft ist, dass es einen niederschwelligen Zugang zu Schutzimpfungen gibt, vor allem zu bewährten Schutzimpfungen und zu Auffrischungsimpfungen, die regelmäßig notwendig sind. Diese sind in den vergangenen zwei Jahren massiv unter­durchschnittlich durchgeführt worden. Da haben wir ein großes Problem, da müssen wir neue Wege beschreiten. Die Fraktion der NEOS und vor allem Kollege Loacker und Kollegin Fiedler haben dahin gehend in der Vergangenheit immer wieder gute Anträge eingebracht. Ich möchte daran anschließen und bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Auf­frischungsimpfungen durch geschultes Personal in der Apotheke bei komplikationsfreien Impfungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass entsprechend geschultes Personal in Apotheken Auffrischungsimpfungen, bei denen auf Grund langjähriger Erfahrung und einer bereits komplikationsfrei verlaufenen Erstimpfung mit keinen akuten oder schweren Impfreak­tionen gerechnet werden muss, durchführen darf.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

und weiterer Abgeordneter

betreffend Auffrischungsimpfungen durch geschultes Personal in der Apotheke bei kompli­kationsfreien Impfungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 31.) Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1905/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierungsverbot für Covid-19-Ungeimpfte (1143 d.B.)

In der Schweiz gibt es ein innovatives Projekt „Impfapotheken“ im niedergelassenen Bereich, da dort bei Impfungen neben den Ärzten mit den Apothekern landesweit ein breit aufgestelltes Versorgungsnetz bietet:

SICHER UND UNKOMPLIZIERT – IMPFEN DIREKT IN DER APOTHEKE

In der Mehrheit der Kantone können Apothekerinnen und Apotheker gesunde Erwach­sene impfen. Damit Apothekerinnen und Apotheker impfen können, müssen sie eine spezifische Weiterbildung absolviert haben oder bereits an der Uni entsprechend von Impfspezialisten geschult worden sein. Dies ist Voraussetzung für die Impfbewilligung. Diese vergeben die Kantone. Im Tessin erfolgt das Impfen vorerst noch mit ärztlichem Rezept für den Impfstoff. Schwangere Frauen und Patienten, die sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung befinden, sollen sich weiterhin bei Ihrem behandelnden Arzt imp­fen lassen.

Impfapotheken

Für Österreich sollte ein solches Angebot dahingehend aufgesetzt sein, dass ent­sprechend geschultes Personal in Apotheken ausschließlich Auffrischungs-impfungen, bei denen auf Grund langjähriger Erfahrung und einer bereits komplikationsfrei verlaufe­nen Erstimpfung mit keinen akuten oder schweren Impfreaktionen gerechnet werden muss, durchführen dürfen. Die entsprechenden Auffrischungsimpfangebote sollten auch im Honorarsystem der österreichischen Sozialversicherungsträger abgebildet sein, um den Apotheken eine entsprechende Abgeltung dieser Zusatzdienstleistung zu ermö­glichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass entsprechend geschultes Personal in Apotheken Auffrischungsimpfungen, bei denen auf Grund langjähriger Erfahrung und einer bereits komplikationsfrei verlaufenen Erstimpfung mit keinen akuten oder schwe­ren Impfreaktionen gerechnet werden muss, durchführen darf.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.