17.59

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Karl! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Werte Abgeordnete des Hohen Hauses! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin, glaube ich, im besten Sinne des Wortes ein Verfassungspatriot. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass alle Menschen in diesem Land ein Anrecht darauf haben, dass es eine funktionsfähige, handlungsfähige Bundesregierung gibt und dass an der Spitze einer solchen Regierung ein Bundeskanzler steht, der das Amt im Sinne der Bundesverfassung nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt, ganz gleich, was für innenpolitische Turbulenzen – auf parlamentarischer Ebene, auf Parteiebene oder auf sonstigen Ebenen – es gibt. So sieht es unsere Bundesverfassung vor, und das ist auch gut so.

Mit diesem Verständnis habe ich mich vor zwei Monaten in einer innenpolitisch wahrlich herausfordernden Zeit bereit erklärt, das Amt des Außenministers aufzugeben und das des Bundeskanzlers zu übernehmen. Ich habe schon damals gesagt, dass ich dieses Amt weder angestrebt habe noch es mir gewünscht habe. Ganz offen gestanden aber, wenn Sie mir dieses Bild erlauben: Wenn ein Schiff ins Schlingern gerät und zu kentern droht und der Ruf ertönt: Übernimm bitte das Ruder!, dann macht man das einfach. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das, meine Damen und Herren, ist mein Verständnis von Teamarbeit, mein Verständnis vom Dienst an der Republik, mein Verständnis vom Dienst an der Gemeinschaft. Politik und Regierungsarbeit sind eben keine Schönwetterveranstaltungen, so wie es sich vielleicht von außen darstellt. Man übernimmt Verantwortung und man muss auch zu dieser Verantwortung stehen, ganz besonders in schwierigen Zeiten und wenn es viel­leicht nicht angenehm ist.

Ich bin vor zwei Monaten mit einem klaren und erklärten Ziel angetreten: das Schiff der Regierung wieder in ruhige Gewässer zu führen und die Substanzarbeit wieder in den Vordergrund zu stellen – und ich glaube, beides ist gelungen. (Abg. Stefan: ... doch eindeutig kommuniziert!) Wir haben in der Bundesregierung in den letzten zwei Monaten eine ganze Reihe von sehr substanziellen Beschlüssen gefasst. (Abg. Kickl: Eine ganz feine Klinge! – Abg. Stefan: Keine einzige Lüge dabei!) Um nur einige zu nennen: das Budget, der Umstand, dass wir die ökosoziale Steuerreform auf den Weg gebracht ha­ben, das Krisensicherheitsgesetz, Sterbeverfügungsgesetz (Abg. Stefan: Keine alterna­tiven Fakten!) und zuletzt die Covid-19-Impfpflicht – vielleicht das schwierigste Geset­zesvorhaben von allen, das heute präsentiert und noch diese Woche in Begutachtung gehen wird.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle, dass ich auch dem Koalitionspartner – und allen voran natürlich Vizekanzler Werner Kogler – nicht nur für die gute Gesprächsebene danke, sondern auch Respekt zolle und für die Art der Zusammenarbeit danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch in der Pandemie haben wir in der Bundesregierung uns nicht gescheut, Verant­wortung zu übernehmen und auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Der bundes­weite, aber ganz klar befristete Lockdown war eine schwierige Entscheidung, und die Impfpflicht war eine noch schwierigere Entscheidung, aber ich bin überzeugt, dass diese Entscheidungen beide richtig waren.

Die Infektionszahlen gehen ja Gott sei Dank wieder deutlich nach unten, und die Impf­pflicht gibt uns etwas, was in dieser bald zweijährigen Pandemie ganz essenziell ist: Sie gibt uns Perspektive, eine gemeinsame Perspektive, dass wir, wenn wir zusammen­arbeiten, zusammen als Gesellschaft aus diesem Teufelskreis von Viruswellen und Lockdowndiskussionen endlich wieder rauskommen. (Abg. Kickl: Wenn es nicht so ist, dann treten Sie alle auf der Stelle zurück!)

Wie Bundeskanzler Karl Nehammer ganz richtig betont hat: Unser gemeinsamer Feind, unser gemeinsamer Widersacher ist niemand in diesem Raum, niemand auf einer Straße draußen, niemand auf einer Demonstration – es ist das Virus. Das müssen wir bekämpfen und das werden wir aber nur nachhaltig bekämpfen können, ihm nur nach­haltig die Stirn bieten können, wenn wir uns als eines empfinden, wenn wir uns als Gesellschaft verstehen, wenn wir verstehen, dass wir alle Teilhaber sind und gemeinsam Verantwortung tragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es erfüllt mich mit großer Freude und Dank­barkeit, dass ich jetzt das eigentlich wunderbare Amt des Außenministers wieder über­nehmen und im Team von Bundeskanzler Karl Nehammer weiter für Österreich arbeiten darf.

Erlauben Sie mir, dass ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinem Vorgänger Michael Linhart bedanke. Er war in einer sehr schwierigen Phase bereit, seine Zelte in Paris sofort abzubrechen und der Republik für dieses Amt des Außenministers, das doch ein verantwortungsvolles ist, zur Verfügung zu stehen. Es war für mich schön, das Außenministerium damals in seinen sicheren und bewährten Händen zu wissen, und ich freue mich auch jetzt auf die Fortsetzung unserer guten, vertrauensvollen und freund­schaftlichen Zusammenarbeit unter neuen Vorzeichen.

Ich glaube aber, diese Bereitschaft von Michael Linhart, sofort Verantwortung zu über­nehmen, den Ort zu wechseln, nach Wien zu kommen, sich innerhalb von wenigen Stun­den angeloben zu lassen und der Regierung zu dienen, ist ein augenscheinliches Bei­spiel für dieses Verständnis – für das Verständnis vom Dienst an der gemeinsamen Sache, vom Dienst an dieser Republik. Ich muss ganz offen sagen: Dieses Verständnis gehört in meiner Erfahrung zum Grundethos der meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenministeriums, von denen ja schon viele in verschiedensten Funktionen dieser Republik gedient haben.

In diesem Sinne kann ich Bundeskanzler Karl Nehammer und dem ganzen Team, aber auch Ihnen, werte Abgeordnete, zusagen, dass ich weiterhin mit Engagement, mit Elan, mit Herzblut und mit vollem Einsatz für unser Land und für unsere Interessen arbeiten werde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dabei werden – und der Bundeskanzler hat es ja bereits skizziert – die zentralen Hand­lungsmaximen unserer Außenpolitik weiterhin gelten, so wie sie von der Bundes­regierung festgesetzt worden sind: eine Außenpolitik, wo nötig auch mit Profil und Kanten, die sich nicht scheut, nationale Interessen auch zu definieren und sie dann nach außen hin zu vertreten, die sich aber auch nicht als abgeschotteten Raum sieht, sondern als integraler Bestandteil der gesamtstaatlichen Politik – Stichwort Klimapolitik, Stichwort Migrationspolitik –, eine Außenpolitik mit klarer proeuropäischer Ausrichtung, einer Hin­wendung zur Nachbarschaft – Stichwort Westbalkan –, aber auch einer Orientierung hin zu unseren strategischen Partnern, etwa den Vereinigten Staaten oder Israel.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war für mich eine große Ehre, unserem wunderschönen Land als Bundeskanzler dienen zu dürfen, und es ist für mich eine große Ehre, diesem Land als Außenminister weiterhin dienen zu dürfen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.06

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz ist der nächste Redner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.