19.26

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Aktuelle Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines, Herr Vizekanzler Kogler, muss ich Ihnen heute vom Rednerpult aus sagen: Große Teile der Bevölkerung als Faschisten, Extremisten und sonst etwas zu bezeichnen, ist unglaublich! Da Ihnen Herr Sobotka vorhin keinen Ordnungsruf dafür gegeben hat, werden Sie diesen Ordnungsruf am Samstag vom Heldenplatz aus hören. (Beifall bei der FPÖ.)

Da nicht sehr viel Redezeit übrig bleibt, möchte ich mich ganz kurz auf den Herrn Innen­minister konzentrieren, einen Innenminister, den ich ja noch aus dem Landtag kenne. Darum wundert es mich immer, wenn er von Besonnenheit spricht. Ich kenne diesen Herren nicht als besonnen, sondern ich kenne ihn eher als politischen Zwilling von Herrn Sobotka, und bei diesem wissen wir ja auch, dass es mit der Besonnenheit nicht so weit her ist. Herr Kollege Karner, Herr Minister Karner, ich hoffe, dass Ihnen das Amt des Zweiten Landtagspräsidenten insofern ein bisschen Ruhe verschafft hat, als dass Sie nicht mehr so agieren, wie noch vor zehn Jahren, denn ich glaube, dann wären Sie als Innenminister die absolut falsche Besetzung. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, eine Frage bleibt aber trotzdem: Was macht Herr Karner eigentlich hier als Minister? Warum kann immer nur jemand aus der ÖVP Nie­derösterreich Innenminister werden? (Abg. Lukas Hammer: Ihr habt ja gerade versagt!) Da stellt sich doch die Frage: Gibt es da eine Agenda? Hat man die Aufgabe, dass man eben genau darauf achtet, dass man die Dinge, die vielleicht vorher verschoben oder ge­macht worden sind, weiterhin zudeckt? Es war Landeshauptfrau Mikl-Leitner Innen­ministerin, Herr Sobotka war Innenminister, und ich glaube, das ist eine niederöster­reichische Erbpacht, denn man möchte ein bisschen die Decke darüber breiten, man möchte schauen, dass nichts passiert und dass vor allem nichts rauskommt, was nicht rauskommen soll. (Abg. Hörl: Der Kickl war auch ein Niederösterreicher?!) Aber, Herr Innenminister, es gibt ja Gott sei Dank jetzt auch den ÖVP-Korruptionsuntersuchungs­ausschuss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin selten einer Meinung mit Kollegin Schatz, aber tatsächlich stellt sich die Frage, ob jemand, der für Recht, Verfassung und Ordnung zuständig ist, wirklich die richtige Besetzung ist, wenn er auf der anderen Seite in seiner Gemeinde ein Museum stehen hat, das den ehemaligen Diktator Dollfuß verherrlicht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das geht sich auch für uns nicht aus. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Kollegin Schatz war so nett und hat die ganze Speisekarte von diesem Herrn Dollfuß aufgezählt, was er in dieser Republik alles angerichtet hat. Mich wundert es tatsächlich, dass Sie hier sitzen und nicht einmal rot werden, Herr Innenminister, und kein einziges Wort zu Ihrer Rechtfertigung sagen, warum es dieses Museum in dieser Art und Weise bei Ihnen noch gibt. Ich würde mich dafür genieren, ich würde es als Schandfleck bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit Frau Kollegin Blimlinger und Herr Kollege Bürstmayr, der mit jeder Phase seines Körpers gegen den Faschismus kämpft, mitstimmen können, möchte ich einen weiteren Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­bot des Kruckenkreuzes als Symbol des klerikalfaschistischen Ständestaates“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzes­ent­wurf vorzulegen, mit welchem das Symbole-Gesetz dahingehend abgeändert wird, dass die Verwendung des Kruckenkreuzes in den historischen Ausführungen des austro­fa­schistischen Ständestaates verboten wird.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diesem Antrag müssen auch die Grünen zustimmen können, denn dabei geht es nicht darum, ein Museum zu schließen, sondern es geht darum, dass wir in diesem Land eine Symbolik nicht mehr sehen wollen, die direkt mit dem Austrofaschismus, die direkt mit dem Museum vom Herrn Innenminister verbunden ist. Ich denke, jeder Abgeordnete, der heute diesem Antrag nicht zustimmt, sollte sich dafür genieren, denn eigentlich hätte man diesen Schritt schon längst setzen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Verbot des Kruckenkreuzes als Symbol des klerikalfaschistischen Stände­staates

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich des Amtsantrittes des neuen Bundeskanzlers, des Bundes­ministers für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, des Bundesministers für Finanzen, des Bundes­ministers für Inneres und der Staatssekretärin für Jugend in der 133. Sitzung des Natio­nalrates, XXVII. GP, am 09. Dezember 2021

Der Rücktritt der drei Präsidenten des Nationalrates Dr. Karl Renner (SDAP), Dr. Rudolf Ramek (CS) und Dr. Sepp Straffner (GdP) in der Plenarsitzung am 4. März 1933 löste eine Geschäftsordnungskrise aus, welche der christlichsoziale Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß durch die Verhinderung eines Wiederzusammentretens des National­rates zum Staatsstreich nutzte. In den darauffolgenden Monaten regierte er mit seinem Kabinett auf der Grundlage des aus der Zeit des Ersten Weltkrieg stammenden Kriegs­wirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes, durch welches er sich als Bundeskanzler weitgehende Vollmachten sicherte, und schaltete zur Absicherung seiner Herrschaft den Verfassungsgerichtshof aus, indem sämtliche der Regierung Dollfuß nahestehende Richter ihre Ämter niederlegten. Seitens der Bundesregierung wurden zudem mit Ver­ordnung vom 10. Mai 1933 sämtliche Wahlen auf Bundes-, Landes- und Kommunal­ebene ausgesetzt. Der konfrontative, autoritäre Kurs der Bundesregierung führte infolge einer polizeilichen Durchsuchung des Parteiheims der Linzer SDAP am 12. Februar 1934 zu bewaffneten Kämpfen zwischen dem seit seinem Verbot am 31. März 1933 illegalen sozialdemokratischen Schutzbund und Verbänden von Heimwehr, Polizei, Gen­darmerie und Bundesheer aufseiten der diktatorischen Regierung Dollfuß, welche bis 15. Februar 1934 andauerten und mehreren hundert Menschen das Leben kosteten. Als Reaktion darauf wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) durch das Regime Dollfuß verboten. Betroffen vom folgenden Parteienverbot war auch die Groß­deutsche Volkspartei (GdP), wodurch die Bundesregierung Dollfuß jegliche parlamenta­rische Opposition ausgeschaltet hatte. Mit der „Maiverfassung“ vom 1. Mai 1934 schloss Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß die Konsolidierung der ständestaatlichen Diktatur ab.

Eng verbunden mit der Errichtung des austrofaschistischen Systems war die Vater­ländische Front (VF), welche mit 21. Mai 1933 durch Bundeskanzler Dollfuß sowie seine christlichsoziale Bundesregierung gegründet wurde und nach dem Verbot anderer politischer Parteien 1934 bis zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 als Einheitspartei nach Vorbild anderer europäischer, faschistischer Monopolorga­nisationen die zentrale politische Organisation des austrofaschistischen Regimes dar­stellte. Als Symbol führte die Vaterländische Front das Kruckenkreuz, welches in Form der Kruckenkreuzflagge nach Gleichstellung derselben mit der rot-weiß-roten Natio­nalfahne durch das Bundesgesetz über die Flagge des Bundesstaates Österreich, ver­öffentlicht im Bundesgesetzblatt am 28. Dezember 1936, zum offiziellen Staatssymbol des faschistischen Bundesstaates Österreich erhoben wurde.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wurde die Zweite Re­publik Österreich als Staat mit demokratischer Bundesverfassung wiedererrichtet und stellt jegliche politische Betätigung, welche auf die Abschaffung demokratischer Grund­prinzipien abzielt, unter Strafe. In diesem Zusammenhang untersagt das Verbotsgesetz 1947 jegliche nationalsozialistische Wiederbetätigung, zudem stellt das Abzeichen­ge­setz 1960 das Zurschaustellen von Abzeichen, Uniformen oder Uniformteilen verbotener Organisationen unter Strafe. War es ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, mit dem Abzeichengesetz 1960 die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts zu unter­sagen, wurden mit demselben Impetus weitere Symbole anti-demokratischer bzw. ter­roristischer Organisationen verboten. Dies erfolgte etwa durch das Symbole-Gesetz 2015 und dessen Novellierung 2019 mit dem Verbot der Verwendung der Symbole des Islamischen Staats, der Al-Qaida, der Muslimbruderschaft, der Grauen Wölfe, der Kurdi­schen Arbeiterpartei (PKK), der Hamas sowie des militärischen Teils der Hisbollah. Die von den Regierungsparteien initiierte und am 7. Juli 2021 im Nationalrat beschlos­sene Novelle des Symbole-Gesetze erweiterte die Verbotsliste um weitere Symbole.

Im Sinne einer wehrhaften Demokratie bieten Symbolverbote nicht nur rechtliche Instru­mente gegen anti-demokratische Bestrebungen zum Schutz der freiheitlich-demokra­tischen Grundordnung, sondern weisen auch auf das Verhältnis der Republik Österreich zu ihrer Geschichte und auf den Umgang mit derselben hin, indem der Verbreitung histo­rischer, anti-demokratischer Symboliken ein juristischer Riegel vorgeschoben und ein ideengeschichtlicher Bruch herbeigeführt wird. Ein Verbot der Verwendung des Krucken­kreuzes in einem politisch-ideologischen Kontext entsprechend seiner historischen Verwendung durch den klerikalfaschistischen Ständestaat unterstreicht ein solches ver­ant­wortungsvolles Geschichtsbewusstsein und stellt damit auch klar, dass die Republik Österreich jegliche politische wie ideelle Kontinuität zur Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur klar ablehnt. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass seit 1998 von der ÖVP geführten Gemeinde Texingtal, welcher der nunmehrige Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner seit 2015 als Bürgermeister vorstand, ein „Dr. Engelbert Dollfuß Museum“ betrieben wird, dessen inhaltliche Ausgestaltung jegliche kritische Auseinan­dersetzung mit dem Zerstörer der österreichischen Demokratie vermissen lässt. Da das Kruckenkreuz jedoch in verschiedenen Variationen seit mehr als eintausend Jahren in der christlichen Symbolik Verbreitung findet, ist ein entsprechendes Verbot auf die spezifischen Ausführungen und -formungen des Austrofaschismus zu beschränken, wofür die im Bundesgesetz über die Flagge des Bundesstaates Österreich des Jahres 1936 getroffene Definition („durchbrochenes rotes Kruckenkreuz“) als Grundlage in Verbindung mit der Darstellungsform in einem politischen Kontext zu dienen hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, mit welchem das Symbole-Gesetz dahingehend abgeändert wird, dass die Verwendung des Kruckenkreuzes in den historischen Ausführungen des austrofaschistischen Ständestaates verboten wird.“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Kai Jan Krainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.