9.43

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Guten Morgen! Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zu­seher vor den Bildschirmen! Beim Thema Atomkraft haben wir in Österreich erfreulicher­weise einen breiten politischen Konsens. Etwas schwieriger wird es schon, wenn es dann an die Umsetzung geht, die Klimakrise tatsächlich zu bewältigen, denn das sind wirklich tiefgreifende Veränderungen, auch im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Verein­ten Nationen, der SDGs, bei denen es darum geht, dass wir eine Transformation der Wirtschaft, aber auch unserer Produktions- und Konsumgewohnheiten brauchen.

Der erste wichtige Punkt: Energiewende bedeutet einerseits den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern, heißt aber auch, deutlich effizienter zu werden und den Gesamtenergieverbrauch massiv zu reduzieren. Wir werden mit dem bisherigen Ener­gieverbrauch die Klimakrise nie bewältigen können. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu gibt es erfreulicherweise wirklich breiten Konsens und bereits bisher, in den letzten zwei Jahren, gute Klimapakete: Klimamilliarde, Förderungen, Ölkesseltausch, Gebäude­sanierung – das ist genau das Richtige, das, was wir brauchen, um den ersten wichtigen Schritt in Richtung erneuerbare Energie zu setzen.

Wir brauchen dazu aber noch mehr. Wir brauchen dort, wo wir die größten Verbräuche haben, auch massive Reduktionen. Das ist als wichtigster Indikator der Bodenverbrauch. 11 Hektar Bodenverbrauch pro Tag zieht in der Folge einen unglaublichen Energie­verbrauch nach sich, und der wichtigste Indikator dabei ist letztlich auch die Abfallseite: 42 Millionen Tonnen Bodenaushub sind mit Abstand die größte Abfallmenge in Öster­reich. Wir versiegeln und verbauen also nicht nur die wertvollen Böden, sondern am Schluss haben wir noch einmal 42 Millionen Tonnen Bodenaushub, den wir wieder in der Landschaft unterbringen müssen. Es ist ein zweifacher Schaden, der mit einem großen Energieverbrauch verbunden ist.

2,5 Hektar ist das Ziel. 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag heißt auf Österreich hoch­gerechnet: 9 Millionen Quadratmeter stehen uns im Jahr zur Verfügung, also 1 Quadrat­meter pro Person. Auf die Gemeinden heruntergerechnet ist das ein ganz großer Wan­del. Wir brauchen künftig eine Raumordnung, die viel sparsamer ist, die viel bewusster mit Leerstand und mit Brachflächen umgeht. Die Gemeindepolitik, die Gemeinderaum­ordnung wird sich tiefgreifend ändern müssen, denn 1 Quadratmeter ist nicht viel. Dafür ist auch das große Brachflächenrecyceln nach dem Altlastensanierungsgesetz in Vor­bereitung – ein großer Wurf, der vor allem die Gemeinden dabei unterstützen wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Berlakovich und Salzmann.)

Beim Thema Bodenenergieverbrauch und fossile Energieträger steht natürlich die Mobi­lität an oberster Stelle: Dort haben wir die massivsten Zuwächse, dort haben wir den größten Änderungsbedarf. Da ist es natürlich mehr als sinnvoll und ein Riesenhebel, auch Mobilität zu hinterfragen, allen voran Straßenbauprojekte. In Richtung SPÖ: Ein Lobautunnel hat aus Gründen des Bodenverbrauchs in Zeiten der Bewältigung der Klimakrise keinen Platz mehr, auch aus Gründen der Ökologie nicht und schon gar nicht aufgrund des Energieverbrauchs. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Der dritte große Treiber – und da müssen wir auch ansetzen – ist natürlich systema­tische Überproduktion und Verschwendung. Wir leisten es uns, jährlich 1 Million Tonnen Lebensmittel, der Großteil davon noch genusstauglich, einfach wegzuwerfen – ein Vier­tel davon wird direkt von den Haushalten weggeworfen. Wenn wir uns so eine Ver­schwendung weiter leisten, werden wir den Klimawandel nie bewältigen können.

Was wir uns gleichzeitig leisten, gerade auch jetzt in der Vorweihnachtszeit, betrifft den Onlinehandel: Ein Drittel der Onlinezusendungen, also jedes dritte Paket, das online versandt wird, geht wieder zurück. Das Europäische Umweltbüro hat errechnet, dass, auf Österreich hochgerechnet, 1,3 Millionen Pakete Textilien direkt vernichtet werden. Wir leisten uns eine Verschwendung, die absolut nicht nachhaltig, nicht klimaverträglich ist. Bei den Elektrogeräten werden 120 000 Pakete unmittelbar entsorgt und vernichtet. Das ist nicht nachhaltig, das ist nicht enkeltauglich, das ist keine Zukunft, in der man Klimaschutz und auch eine intakte Natur erhalten kann.

Ursula von der Leyen hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: Nur eine gesunde Natur kann Klimawandel und Pandemien trotzen. – Zitatende. Wir müssen die limitierten öko­logischen Ressourcen mitdenken. Ohne Biodiversitätsschutz werden wir die Klimakrise nie bewältigen können. Daher ist es umso wichtiger, dass wir maßvoller, sparsamer, bewusster, technisch clever, aber beherzt und in diesem Konsens die Klimakrise weiter gemeinsam bekämpfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.48

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.