10.23

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei dieser Debatte geht es um einen ganz breiten Themenbereich, ich widme mich aber jetzt vor allem der Thematik Missing Children.

Jährlich verschwinden Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung. Das passiert welt­weit, das passiert in Europa, aber das passiert ganz einfach auch in Österreich. Diese Kinder sind unauffindbar, sie sind einfach verschwunden. Das hat auch ein Recherche­verbund, nämlich Lost in Europe, ans Tageslicht gebracht; dieser hat festgemacht, dass in den Jahren zwischen 2018 und 2020 18 292 Kinder und Jugendliche mit Fluchterfah­rung verschwunden sind. Das ist nur eine Schätzung. Warum? – Weil wir über keine Daten verfügen, weil wir über keine Informationen verfügen. Es gibt nämlich nur in den wenigsten Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in den wenigsten Staaten Europas minimale Aufzeichnungen, und, ganz ehrlich, in Österreich gibt es ganz einfach auch keine Daten dazu.

Immer noch gelten Missing Children, obwohl man immer wieder darüber spricht, als Ta­buthema, sie werden in der Politik als Tabuthema behandelt. Das muss endlich aufge­brochen werden, denn diese Kinder gehören zu den vulnerabelsten Gruppen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

Diese Kinder, die verschwinden, sind Opfer von Kinderhandel, von Menschenhandel, von sexueller Ausbeutung, Kinderarbeit und vielem mehr, und das erleben diese Kinder oftmals tagtäglich bei ihrer Flucht nach Europa. Deshalb, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, gilt es immer und ganz besonders, die Kinderrechte für alle Kinder und Jugendlichen im umfassendsten Sinn zu leben und auch das BVG Kinderrechte ohne Wenn und Aber in Österreich umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Krisper und Meinl-Reisinger.)

Ich denke in diesem Zusammenhang aber auch an Kinder, die in Österreich mitten in der Nacht abgeschoben werden, obwohl sie hier zu Hause sind, obwohl sie hier in die Schule gehen, obwohl sie hier FreundInnen haben. Ich denke an die Ableitungen der Kindeswohlkommission – und, Herr Bundesminister, es ist die Kindeswohlkommission und nicht die sogenannte Griss-Kommission, wie Sie sie in Ihrer Antwort in der Frage­stunde bezeichnet haben – und auch daran, dass unbegleitete Kinder keine Ansprache, keine Obsorge ab dem ersten Tag haben – noch nicht; wir haben hiezu einen Antrag beschlossen, und ich appelliere an Sie, Herr Bundesminister, das besser heute als mor­gen umzusetzen, denn die Zustände in der Unterbringung sind katastrophal und dezidiert nicht kindgerecht.

Wir brauchen aber, und das möchte ich hier noch einmal einfordern, dringend Zahlen zu Missing Children: Wie viele Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrungen sind es wirk­lich in Österreich? Wie, wodurch und wo sind die Kinder verschwunden? Gibt es straf­rechtliche Delikte, die dahinterstecken: Kinderhandel, wie schon erwähnt, Verfolgung, Ausbeutung? – Es braucht diese valide Datenlage, und das haben wir in einem SPÖ-Antrag gefordert.

Ich sage Danke, dass die Regierungsfraktionen Wort gehalten haben, dass wir hier heute einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen können, weil es nämlich um Kindeswohl geht, weil es um den Schutz der Kinder geht. Deshalb, Herr Minister, appel­lieren wir in diesem Antrag an Sie, diese Daten, diese Informationen so schnell wie mög­lich auf die Füße zu bekommen – im Sinne der Kinder, im Sinne des Kindesschutzes. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten El-Nagashi und Grebien.)

10.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jachs. – Bitte sehr.