12.11
Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der aktuelle Grüne Bericht führt uns deutlich vor Augen, dass das Höfesterben nicht nur ein Schlagwort ist und auch die Landflucht nichts ist, was ein Fremdwort sein soll. Die Einkommensschere zwischen der kleinteiligen Landwirtschaft und den Großbetrieben geht immer mehr auseinander. Das alles passiert tagtäglich.
Wir müssen unsere Bauern und vor allem unsere Bäuerinnen stärken und sie mit aller Kraft und mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, unterstützen. Das ist auf EU-Ebene in erster Linie das Programm für die ländliche Entwicklung, die zweite Säule der GAP und deren Fördermittel. Genau das Gegenteil passiert aber durch Frau Köstinger: Die bereits seit 2014 existierenden Fördermaßnahmen, Investitionen in soziale Dienstleistungen im Rahmen der EU-GAP-Förderung und das Programm für den ländlichen Raum, sollen sowohl inhaltlich als auch finanziell stark reduziert werden. Das Siebenjahresförderbudget von derzeit 235,4 Millionen Euro soll auf 55 Millionen Euro heruntergekürzt werden – das ist ein glattes Minus von 77 Prozent. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es gibt keinerlei sachlichen Grund für diese Kürzung, im Gegenteil: Die agrarischen Förderungen in diesem Programm wurden ausgebaut und erhalten zusätzlich höhere Zuwendungen.
Mit den geplanten Einschnitten kommt es zu Kürzungen im ländlichen Raum, zum Beispiel beim Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren, und das ist einfach Wahnsinn. (Abg. Höfinger: Völliger Quatsch! Das ist ja unglaublich! Unglaublich, wie inkompetent! Unglaublich!) Von allen Seiten wird immer betont, wie wichtig eine gute soziale Infrastruktur im ländlichen Raum ist – dennoch handelt Ministerin Köstinger nicht danach, obwohl sie dies könnte. (Abg. Höfinger: Wenn die Arbeiterkammer bei 10 Prozent ... bei Erhöhungen dauernd schreien würde! Das ist ja unglaublich!) Sie will um 77 Prozent weniger öffentliches Geld dafür zur Verfügung stellen – hören Sie jetzt gut zu! (Abg. Höfinger: Nein, da brauche ich nicht zuzuhören! Das ist ja inkompetent!) – als ihr Vorgänger, Bundesminister Rupprechter, in seiner damaligen Amtsperiode! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Höfinger: Völlig inkompetent, das ist ja unglaublich!) Ihr Kollege hat mehr an öffentlichen Geldern investiert als die Ministerin.
Fakt ist, werte Kolleginnen und Kollegen: Investitionen in soziale Dienstleistungen schaffen mehr Arbeitsplätze, mehr soziale Infrastruktur, mehr Gleichberechtigung und mehr Lebensqualität, das stärkt das soziale Gefüge und schafft einen lebenswerten ländlichen Raum.
Aus diesem Grund bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Fördermaßnahme ‚Soziale Angelegenheiten‘ (Soziale Dienstleistungen, SDL) im Rahmen der GAP-Fördermittel statt massiver Kürzung der Mittel“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, die Maßnahme ‚Soziale Dienstleistungen (SDL)‘ auch im sog. ‚Übergangsjahr‘ 2022 zu dotieren und diese nicht, wie im derzeitigen Entwurf des BMLRT für die nächste Periode der GAP vorgesehen, um 77% zu kürzen, sondern im Gegenteil den Maßnahmenumfang beizubehalten und die Förderhöhe auszubauen.“
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Werte Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Antrag zu und stärken Sie mit Ihrer Stimme den ländlichen Raum! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)
12.13
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Cornelia Ecker, Elisabeth Feichtinger, BEd, BEd
Genossinnen und Genossen
betreffend Ausbau der Fördermaßnahme „Soziale Angelegenheiten“ (Soziale Dienstleistungen, SDL) im Rahmen der GAP-Fördermittel statt massiver Kürzung der Mittel
in inhaltlichem Zusammenhang mit TOP 7, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2021 der Bundesregierung (III-422/1216 d.B.)
Der Grüne Bericht 2021 zeigt wiederum auf, dass das Höfesterben weiter forstschreitet. Ursache dafür ist nicht nur das weitere Auseinanderdriften der Einkommen der Bäuerinnen und Bauern, also die großen Einkommensunterschiede zwischen Groß- und Kleinbetrieben, sondern auch die Tatsache, dass ländliche Räume sehr oft gerade Frauen nicht jene soziale, digitale bzw. Mobilitäts-Infrastruktur bieten, die für sie notwendig wäre. Das Programm für die ländliche Entwicklung stellt als 2. Säule der GAP jenen Teil der Fördermittel dar, deren Ziel es sein soll, ländliche Regionen zu stärken. In diesem Zusammenhang sieht der ELER-Fonds vor, dass ein Mitgliedsstaat Investitionen in soziale Dienstleistungen fördern und EU-Mittel für diese Maßnahme verwenden kann. In Österreich existiert diese Förderschiene seit Beginn der Periode 2014-2020.
Wie bekannt wurde, plant die Landwirtschaftsministerin, die derzeit existierende Fördermaßnahme „Investitionen in soziale Dienstleitungen“ sowohl inhaltlich als auch finanziell stark zu reduzieren. Das 7-Jahres-Förderbudget soll dafür von derzeit 235,4 Mio. Euro auf 55 Mio. Euro gekürzt werden, das wäre ein Minus von 77%! Es gibt keinerlei sachlichen Grund für diese Kürzung. Auch keine budgetären Zwänge. Insgesamt verfügt das BMLRT jährlich über rund 2,2 Mrd. Euro an EU-, Bundes- und Ländermittel, die durch EU-Projekte oder nationale Programme an die Landwirtschaftsbetriebe und für den ländlichen Raum verteilt werden.
Ziel und Inhalt der Förderung waren bisher Investitionen in Kinderbetreuungseinrichtungen, psychosoziale und psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen der Pflege- und Betreuung, Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und in besonderen Notlagen, mobile Hol-, Bring- und Servicedienste, barrierefreie Zugänge, Hard- und Software (z.B. für Telecare), Ausbau von Infrastrukturen im Bereich ambulanter Gesundheitsdienstleistungen. Damit soll die Versorgung für die Menschen am Land verbessert werden. Konkretes Ziel ist die „Stärkung der Gleichstellung, Vereinbarung von Beruf und Familie, gesellschaftlicher politischer Teilnahme und sozialer Vielfalt“.
Aus den Bundesländern, die für die nationale Kofinanzierung dieser Maßnahme zahlen, ist ein großes Interesse an der Bereitstellung der ELER-Mittel zu vernehmen. Ein Beschluss der SoziallandesrätInnen untermauert diesen Wunsch der Länder.
Es ist insbesonders für die Frauen in ländlichen Regionen wichtig, dass diese Maßnahme nicht, wie dies BM Köstinger beabsichtigt, massiv gekürzt, sondern im Gegenteil ausgebaut wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, die Maßnahme „Soziale Dienstleistungen (SDL)“ auch im sog. „Übergangsjahr“ 2022 zu dotieren und diese nicht, wie im derzeitigen Entwurf des BMLRT für die nächste Periode der GAP vorgesehen, um 77% zu kürzen, sondern im Gegenteil den Maßnahmenumfang beizubehalten und die Förderhöhe auszubauen.“
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Nächster Redner: Herr Abgeordneter Clemens Stammler. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)