13.38

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ja, wir haben es mit einem veritablen Arbeitskräftemangel in Österreich zu tun, und in dieser Phase sieht man, dass die Freiheitlichen und die Sozialdemokraten, insbesondere der Gewerkschaftsflügel, den gleichen Feind ausmachen: die Ausländer auf dem Arbeitsmarkt – völlig irre! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Hörl. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Aufgrund dieses Arbeitskräftemangels, in dem die österreichische Wirtschaft steckt, sind wir natürlich auf Arbeitskräfte aus dem Ausland mit angewiesen. Österreich steuert aller­dings seine Zuwanderung sehr schlecht, wir schauen da ganz wenig auf die Qualifika­tion. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Wir sind, glaube ich, Weltmeister im Nachzug von Familien aus Tschetschenien, aber wir sind nicht Weltmeister im Zuzug von Fachkräften. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)

Wenn jetzt die Rot-Weiß-Rot-Karte adaptiert wird, begrüße ich das. Ich begrüße nämlich, dass darüber nachgedacht wird, an der Rot-Weiß-Rot-Karte Verbesserungen vorzuneh­men, aber ich glaube nicht, dass für Tourismuskräfte, für Saisonkräfte die bürokratische Bombe Rot-Weiß-Rot-Karte das geeignete Instrument ist.

Solange zwei Behörden am Anliegen einer Person arbeiten, wird die Rot-Weiß-Rot-Karte immer zu langsam für die wirkliche Welt sein. Der Reformbedarf wurde aber erkannt, und das ist bei dieser Regierung ja schon einiges.

Wir haben das Problem, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte so langsam erteilt wird, dass Fachkräfte schon lange in Schweden, in Kanada, in Australien arbeiten, bevor sie in Österreich eine Rot-Weiß-Rot-Karte bekommen haben. Ich bringe daher folgenden An­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie der Bundesminister für Arbeit, werden aufgefordert, dem Na­tionalrat rasch eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine umfassende Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vorsieht, wobei für Unternehmen in innovativen Branchen zudem ein Fast-Track Verfahren eingerichtet wird.“

*****

Für eine IT-Kraft beispielsweise muss das ein bisschen flotter gehen.

Spannend ist, dass das, was Kollegin Neßler gesagt hat, und auch das, was Kollegin Kirchbaumer ausgeführt hat, halt nur teilweise der Wahrheit entspricht, wenn es um die Frage geht, dass Saisonniers zukünftig leichter bei uns arbeiten können. Es wurde näm­lich nicht ins Gesetz geschrieben, dass ein Saisonnier, der in den letzten fünf Jahren dreimal da war, es künftig leichter hat, bei uns zu arbeiten, sondern nur wer von 2017 bis 2021 dreimal da war, hat es im 2022er-Jahr leichter. Im 2023er-Jahr ist die Regelung schon wieder hin. Das machen Sie jetzt für ein Jahr. Was soll denn das bringen? – Es ist eine Augenauswischerei. Es wäre richtig gewesen, zu sagen: Wer in den letzten fünf Jahren dreimal als Saisonnier in Österreich war, kann dann im nächsten Jahr unbe­schränkt wieder arbeiten kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Weil wir die Insolvenzentgeltfrage hier auch noch – zwar in einer anderen Frage, nämlich in einer Strukturfrage – auf der Tagesordnung haben: Herr Minister, die Lohnnebenkos­tensenkung um 0,1 Prozentpunkte bei Gesamtlohnnebenkosten von 30 Prozent ist jetzt kein Grund, sich medial derart abzufeiern. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Reform Rot-Weiß-Rot Karte: Fast Track einführen!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 137. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2123/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend "Ganzjahresperspek­tive für Saisoniers durch die Rot-Weiß-Rot – Karte" (1233 d.B.) - TOP 16

Reformvorhaben Rot-Weiß-Rot-Karte, überraschende Zuständigkeiten und die wider­sprüchlichen Signale von Wirtschaftsministerin Schramböck

Im Regierungsprogramm 2020-2024 wurde die dringend nötige Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vereinbart. Die wichtigsten Punkte, wie die Konsolidierung der gesetzlichen Grundlage, die Vereinfachung und Straffung von Verfahren sowie die Senkung von Ge­haltsgrenzen, werden dort ausdrücklich adressiert. Auch die Einrichtung eines One-Stop-Shops wird als Vorhaben festgehalten. Die Vereinfachung des Verfahrens durch eine einzige Anlaufstelle für Unternehmer_innen erscheint zwar sehr sinnvoll, die Aus­wahl der Agentur erfüllt dieses Kriterium allerdings nicht. Die Austrian Business Agency (ABA), als Betriebsansiedlungsagentur Österreichs, kümmerte sich ihrem Auftrag ent­sprechend bisher um ausländische Unternehmen, die sich in Österreich niederlassen wollten und nicht um inländische Unternehmen, die Fachkräfte im Ausland suchen. Die­se Vermischung von Aufgaben erscheint wenig sinnvoll und wirft auch Fragen im Zu­sammenhang mit der Gesetzeskonformität einer Arbeitskräftevermittlung durch die ABA auf - vor allem hinschlich der gesetzlichen Bestimmungen des AMFG. Knapp 3,2 Mio. Euro werden laut Budget 2022 für diese "Work in Austria" genannte Initiative des BMDW veranschlagt. Im entsprechenden Budgetausschuss am 9.11.2021 hielt Bundesminis­terin Schramböck auf Nachfrage von NEOS fest, dass es sich bei den Dienstleistungen der ABA nicht um Arbeitskräftevermittlung, sondern um eine Unternehmensunterstüt­zung handelt, bei der ausländische Märkte nach Mitarbeiter_innen "gescreent" werden. Der Fokus soll laut Schramböck auf Bürger_innen aus der Europäischen Union gelegt werden - was eine widersinnige Aufgabengestaltung ist, da diese Personen keine Rot-Weiß-Rot-Karte brauchen. Diese widersprüchlichen Aussagen der Wirtschaftsministerin wurden letztlich nur von ihrer Feststellung übertroffen, all dies im bestehenden gesetz­lichen Rahmen erreichen zu wollen.

Lange Verfahren als Standortnachteil: Umfassende Reform mit Fast Track für innovative Branchen

Die Rot-Weiß-Rot-Karte ist für viele Unternehmer_innen in der jetzigen Form schlichtweg unbrauchbar. Der gesetzliche Rahmen ist nicht mehr zeitgemäß, die Verfahren sind zu bürokratisch und dauern zu lange. Zahlreiche Expert_innen, Unternehmensvertre­ter_innen und NEOS fordern daher schon lange eine umfassende Reform. Selbst die Stabsstelle ThinkAustria im Bundeskanzleramt hat auf die Notwendigkeit schnellerer Verfahren hingewiesen. Arbeitsminister Kocher hat zumindest zugesagt, nach Lösungen suchen zu wollen und dabei auch ganz klar ausgesprochen, dass die aktuelle Ausgestal­tung einen Wettbewerbsnachteil für den Standort Österreich bedeutet (1). Gerade in in­novativen Branchen herrscht ein sehr harter Wettbewerb um Talente. Aufwändige Ver­fahren und vor allem lange Wartezeiten bedeuten dann oft, dass die gewünschten, hoch­qualifizierten Mitarbeiter_innen woanders hingehen, aber auch, dass sich Unternehmen wegen dieser Nachteile nicht in Österreich niederlassen oder heimische Unternehmen deshalb ins Ausland wandern. Selbst in einer bezahlten Anzeige der durch das Wirt­schaftsministerium kontrollierten Betriebsansiedlungsagentur ABA vom 8.11.2021 wird eingeräumt, dass das Unternehmen und der künftige Mitarbeiter oder die künftige Mitar­beiterin für eine Bewilligung "zwei bis drei Monate Zeit" einplanen sollten (2). Dies alles belastet Start-ups ganz besonders, da diese weniger Ressourcen zur Verfügung haben als größere Unternehmen. Gerade die Start-up-Szene unterstreicht schon seit Jahren die Dringlichkeit von Reformen und zeigt sich von den unerfüllten Versprechen der Wirtschaftsministerin enttäuscht. Immer wieder wird betont, dass die aktuelle Form der Rot-Weiß-Rot-Karte für Startups unbrauchbar sei (3). Die Schwierigkeiten aus diesem anhaltenden Reformstau für viele Unternehmer_innen gehen bereits in Resignation über (4). Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, rasch konkrete Gesetzesände­rungen vorzulegen, die zu deutlichen Verbesserungen bei der Beantragung von Rot-Weiß-Rot-Karten führen. Dabei sollte speziell die Reduktion der bürokratischen Hürden und die Verringerung der Verfahrensdauer im Vordergrund stehen. Wegen des beson­ders stark ausgeprägten Wettbewerbs um internationale Talente in gewissen Sektoren, sollte eine Reform auch die Möglichkeit für gewisse innovative Branchen beinhalten, in einem Fast Track Verfahren rasch Mitarbeiter_innen aus Drittstaaten einstellen zu kön­nen. Ein Reformvorschlag soll daher auch eine Liste an Branchen beinhalten, die für schnellere Prüfverfahren in Fragen kommen. Eine wesentliche Erleichterung soll dabei unter anderem darin bestehen, dass in solchen Verfahren die Prüfungen des Arbeits­marktservices wegfallen.

Quellen:

1.    https://brutkasten.com/neue-arbeitswelten-interview-kocher-mei-pochtler/

2.    https://www.trendingtopics.at/rot-weiss-rot-karte-aba/

3.    https://www.derstandard.at/story/2000131557679/start-up-investor-hansmann-rot-weiss-rot-karte-war-ein

4.    https://brutkasten.com/bitpanda-demuth-kritik-rot-weiss-rot-karte/

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort sowie der Bundesminister für Arbeit, werden aufgefordert, dem Na­tionalrat rasch eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine umfassende Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vorsieht, wobei für Unternehmen in innovativen Branchen zudem ein Fast-Track Verfahren eingerichtet wird."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Bevor der Herr Bundesminister zu Wort kommt, gibt es noch eine tatsächliche Berich­tigung von Kollegen Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Rufe bei der ÖVP: Mei! Oje! Oje, oje!)