11.14

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Also ich bin normalerweise kein Freund von Superlativen, aber das ist schon gewaltig, was Sie da heute beschließen: ein unglaubliches Paket, eine unglaubliche Steuerreform, eigentlich ein Meilenstein und auch eines der zentralen Projekte dieser Bundesregierung, das heute auf den Boden gebracht wird. Dafür möchte ich mich jetzt schon bedanken, da es wirklich ein unfassbarer Schritt ist. – Frau Kollegin Doppelbauer, ich werde sehr gerne noch auf diese einzelnen Punkte eingehen.

Also ich bin wirklich froh, ich freue mich wahnsinnig, dass hier heute diese Steuerreform beschlossen wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich aber ganz zu Beginn ganz herzlich bedanken, auf der einen Seite bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts, die mit ihrem Fachwissen wirklich Unglaubliches geleistet haben. Die Expertinnen und Experten haben in den vergan­genen Monaten intensiv an diesem Megaprojekt gearbeitet auch jene des Koalitions­partners haben sich da intensiv eingebracht, vielen Dank auch dafür –, und natürlich gilt auch ein ganz besonderer Dank meinem Vorgänger, Gernot Blümel, der gemeinsam mit dem Herrn Vizekanzler federführend die Verhandlungen geführt und dieses Megaprojekt auf den Boden gebracht hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wie vorhin gesagt: In der Politik spricht man natürlich insgesamt auch immer gerne von Superlativen, wenn es um ganz zentrale politische Vorhaben geht, und das ist eines dieser zentralen Vorhaben. Liebe Kollegin Doppelbauer, vielleicht können wir aber einfach die Fakten sprechen lassen, das ist, glaube ich, in der Politik ein nicht so schlechter Zugang. Fakt ist einfach, dass wir gemeinsam mit den ökologischen Anreizen, die wir setzen, die Österreicherinnen und Österreicher und die heimische Wirtschaft bis 2025 um insgesamt 18 Milliarden Euro entlasten. Das ist Fakt, das ist insofern Fakt, dass nicht nur wir es sagen, sondern uns auch alle Wirtschaftsforscherinnen und Wirtschafts­forscher dieser Republik das bestätigen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch der internationale Vergleich macht uns da relativ sicher. Ich bin gerade aus Brüssel zurückgekommen und habe natürlich auch mit dem schwedischen Kollegen, den Sie angesprochen haben, die Inhalte dieser Steuerreform diskutiert. Dieser internationale Vergleich macht uns sicher, denn in anderen Staaten werden Steuern momentan erhöht, da diskutiert man eher über Erhöhungen – wir senken die Steuern. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Ich meine, das ist ein ganz anderer Zugang, den wir da haben. Andere Länder, wie beispielsweise die neue Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland, orientieren sich an unserer Steuerreform. Sie sagen, eine Entlastung von 30 Milliarden Euro ist angedacht. Wenn ich den Faktor zehn hernehme, dann haben wir eine sechsmal höhere Entlastung, als sie die Deutschen planen. Das ist einfach gewaltig, was da auf den Boden gebracht wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Wir bleiben aber bitte gerne bei den Fakten, und Fakt ist auch, dass Österreich gesamt­wirtschaftlich einfach besser durch die Krise gekommen ist als andere Länder. Das ist Fakt. Jetzt wollen wir diesen Aufschwung nachhaltig nützen und nachhaltig festigen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Wir wollen den Unternehmen zusätz­lich die Möglichkeit geben, Arbeitsplätze zu schaffen und dadurch natürlich auch den Wohlstand in unserem Land zu erhalten.

Jetzt komme ich zurück zu den Wirtschaftsforschern: Die renommierten Wirtschafts­forscher in Österreich, aber auch international  OECD, Währungsfonds, bei uns Wifo und IHS, interessanterweise übrigens auch Eco Austria –, rechnen uns vor, dass durch diese ökosoziale Steuerreform die Wirtschaft zusätzlich um 1 Prozent wachsen wird. Alleine die Steuerreform, die wir hier beschließen, bringt 1 Prozent an zusätzlichem Wachstum. Ich muss das noch einmal sagen, das ist einfach eine Megageschichte, die da umgesetzt wird. Auch die Beschäftigtenzahl geht allein durch diese Steuerreform um 30 000 Personen hinauf. Prognostiziert sind heuer Wachstumszahlen von 5,2 Prozent, auch da sind wir im Europaschnitt weit führend, und 1 Prozent davon durch die Steuer­reform. Also das muss man, glaube ich, einfach als Faktum respektieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Also während andere Länder wie gesagt eher belasten, entlasten wir. Andere diskutieren auch über die Abschaffung der kalten Progression, das ist ja schon interessant, Abgeord­neter Fuchs hat es erwähnt, aber natürlich auch Sie, Frau Kollegin Doppelbauer. Die Abschaffung der kalten Progression, ich glaube, da sind sich auch alle Experten einig, nützt eher den Besserverdienenden, das ist auch klar, das ist Fakt. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Wir gehen einen anderen Weg, wir wollen auch die Geringverdiener entlasten. Das ist auch ein zentraler Punkt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein zusätzlicher Punkt ist auch die Schwerpunktsetzung – wir haben das im Ausschuss schon besprochen –, die Schwerpunktsetzung ist ganz zentral. Zur Abschaffung der kalten Progression: Noch einmal, das steht im Regierungsprogramm und ich stehe auch zu diesem Ziel (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), aber in dieser Situation, in der wir jetzt sind, müssen wir Schwerpunkte setzen. Wir haben diese Schwer­punkte mit der ökosozialen Steuerreform gesetzt, indem wir – da komme ich noch dazu – die Menschen entlasten, den Standort stärken und die richtigen ökolo­gischen Maßnahmen setzen, um diesen Transformationsprozess zu erreichen.

Zur CO2-Bepreisung: Die Steuerreform ist nicht das Allheilmittel für die Ökologisierung und für die Transformation, aber sie leistet natürlich einen wichtigen Beitrag. Mit der Be­preisung von CO2 verändern wir das Steuersystem schon von Grund auf und belohnen umweltfreundliches Verhalten und auch Investitionen im Bereich der Ökologisierung.

Man kann natürlich über die Höhe des CO2-Preises diskutieren. Das haben wir gemacht: Ab wann beginnt der Lenkungseffekt, ab wann nicht? Es gibt Expertinnen und Experten, für die der Preis zu niedrig ist. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) – Na, das hat natürlich schon einen Lenkungseffekt, weil jeder Preis einen Lenkungseffekt hat.

Jeder Preis hat einen Lenkungseffekt, wenn man die richtigen Begleitmaßnahmen setzt – ich werde nicht müde, das zu sagen –, nämlich Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur im Schienenbereich, Umstiegsmöglichkeiten, attraktive Angebote, wenn es darum geht, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Das sind Begleitmaßnahmen, die wir bereits gesetzt haben, die dann sehr wohl auch einen entsprechenden Len­kungseffekt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen in dieser Diskussion über die Höhe des Preises aber natürlich sehr wohl auch die Lebensrealität der Menschen berücksichtigen. Das ist ja auch ganz entschei­dend. Wie gesagt, es wird immer Experten geben, denen der Preis zu niedrig ist, aber wir schaffen die grüne Transformation nicht gegen die Bürger und gegen die Unter­nehmen, sondern nur gemeinsam. Nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, mit den Menschen und mit den Unternehmen, haben wir eine Chance, diese grüne Transformation entsprechend auf den Boden zu bringen.

Menschen am Land sind nun einmal stärker auf das Auto angewiesen, und es ist daher aus meiner Sicht nur gerecht, dass sie als Ausgleich für die höheren Kosten, die sie tragen, dann eben auch einen höheren regionalen Klimabonus erhalten. Das ist auch eines der zentralen Themen bei der CO2-Bepreisung, die man immer berücksichtigen muss, denn ökosozial heißt ökologisch, aber eben auch sozial, und diesen sozialen Aus­gleich schaffen wir auch mit dieser Steuerreform.

Zum Unternehmerischen: Ein CO2-Preis, ein Einstieg in den CO2-Preis ist sozusagen die Brücke zwischen der Ökologie und der Wirtschaft, weil es damit auch einen konkreten Pfad gibt, den wir einschlagen, damit die Unternehmen eine Sicherheit haben, wie sich der Preis in den nächsten Jahren entwickeln wird, bevor wir dann hoffentlich in einen europäischen Emissionshandelsmarkt einsteigen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abseits der CO2-Bepreisung gibt es aber natürlich auch andere Investitionen, die wir gerade im Ökologisierungsbereich unterstützen: beispielsweise erhöhte Freibeträge, weitere Anreize für thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen, Einbau klimafreund­licher Heizsysteme und anderes mehr. Da ist also einiges an klimafreundlichen Inves­titionsmöglichkeiten in diesem Paket drinnen, und deswegen wird diese Steuerreform dazu beitragen, dass uns die ökologische Wende auch gelingen wird.

Einen weiteren, ganz wesentlichen Schwerpunkt setzen wir natürlich auch mit der Ent­lastung von Familien auf der einen Seite und des Faktors Arbeit auf der anderen Seite. Wir haben im Rahmen des Konjunkturstärkungspakets bereits im Jahr 2020 die erste Stufe der Lohn- und Einkommensteuer von 25 auf 20 Prozent gesenkt, und das wirkt auch nachhaltig für Personen mit kleineren Einkommen. Mit dieser ökosozialen Steuer­reform gehen wir jetzt die zweite und die dritte Einkommenstarifstufe an. Wir ziehen das nach und senken die zweite Stufe von 35 auf 30 Prozent und im nächsten Schritt dann nächstes Jahr die dritte Stufe von 42 auf 40 Prozent.

Die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer – Kollege Krainer hat es erwähnt – wäre ursprünglich für Mitte des Jahres vorgesehen gewesen. Ja, lieber Kollege Krainer, wir hören zu, wir lernen auch immer, und deswegen setzen wir das rückwirkend mit dem 1.1.2022 um, damit die Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger bereits am 1. Jänner rückwirkend erfolgen kann. Es sind herausfordernde Zeiten, die wir momentan durch­leben. Damit in diesen Zeiten die Entlastung spürbar wird, damit die Entlastung eben gleich spürbar wird und bei den Menschen auch sofort ankommt, werden wir auch diese Mischsteuersätze umsetzen.

Auch kleinere Einkommen profitieren von dieser ökosozialen Steuerreform, auch klei­nere Pensionen profitieren davon ganz stark. Wir heben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag auf 650 Euro an, für Pensionis­tinnen und Pensionisten erhöhen wir den Pensionistenabsetzbetrag auf 825 Euro. Auch diese erhöhten Absetzbeträge werden sofort spürbar, wir setzen sie rückwirkend mit 1.1.2022 um. Da sind also auch für kleinere Einkommen ganz wesentliche Schritte dabei.

Noch ein ganz wichtiger Punkt zu den Familien: Wir erhöhen den Steuerabsetzbetrag für Kinder, den sogenannten Familienbonus Plus, auf 2 000 Euro pro Kind, und für Eltern, die wenig oder gar keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, erhöhen wir den Kindermehrbetrag auf 450 Euro. Erstmals – früher war der Kindermehrbetrag nur für alleinerziehende Eltern möglich – weiten wir das auch auf alle Eltern aus, damit auch alle von diesem Mehrbetrag profitieren können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das ist auch der Grund dafür, warum das eben sehr wohl eine ökosoziale Steuerreform ist, weil mit all diesen Maßnahmen auch ein Ausgleich geschaffen wird. Zu den Ent­lastungsmaßnahmen im wirtschaftlichen Bereich, für die Betriebe, werde ich mich kurz halten. Abgeordneter Kopf wird darauf noch eingehen, ich bin überzeugt, dass er das hervorragend machen wird.

Zur Senkung der Körperschaftsteuer auf 23 Prozent, Abgeordneter Krainer hat sie erwähnt: Der derzeit geltende Körperschaftsteuersatz geht auf das Jahr 2005 zurück, und die Welt hat sich in den letzten 15, 16, 17 Jahren doch etwas geändert. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) In der Zwischenzeit haben fast alle Nachbarländer ihre Steuer­sätze gesenkt. Der durchschnittliche KöSt-Satz in der EU liegt bei 21,5 Prozent – nur damit wir auch wissen, wovon wir da reden –, und das ist für ausländische Investoren natürlich schon ein gewichtiger Faktor für ihre Standortwahl.

Gerade unsere deutschen Nachbarn schauen jetzt aus ihrer Sicht eigentlich mit Sorge auf Österreich, dass wir da nachziehen und im europäischen Vergleich attraktiver werden, weil es für sie schon ein Problem wird, wenn wir als Wirtschaftsstandort attrak­tiver werden. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Viele deutsche Unternehmen über­legen sich jetzt schon, ihre Standorte nach Österreich zu verlegen. Das ist wettbewerbs­technisch, in einem Wettbewerb in der Europäischen Union, ein ganz wichtiger Faktor. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zusammengefasst: Ich glaube, die Fakten sprechen für sich: 18 Milliarden Euro Entlas­tungsvolumen in den nächsten Jahren, mit Abstand die größte Steuerreform der Zweiten Republik. Wir entlasten massiv in allen Bereichen – Familien, arbeitende Menschen, Un­ternehmen –, wir leisten mit dieser Steuerreform einen wichtigen Beitrag zur ökologi­schen Wende, zur ökologischen Transformation, und wir stärken den Standort mit gewis­sen Maßnahmen nachhaltig.

Ich bedanke mich jetzt schon für Ihre Unterstützung – ich hoffe, ich habe Sie überzeugen können – und freue mich wirklich über diesen Beschluss, der historisch ist und ein Mega­projekt der letzten Monate auf den Boden bringt. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Doppelbauer: Na, na!)

11.28

Präsidentin Doris Bures: Wie bereits vom Minister angekündigt, ist der nächste Redner Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.