Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll143. Sitzung, 24. Februar 2022 / Seite 46

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natürlich aufrechterhalten und zielgerichtet reinbringen, aber das gelingt uns in Öster­reich meistens sehr gut, weil wir die humanitären Organisationen, die vor Ort sind, sehr gut kennen und einschätzen können. Das hat eine hervorragende Tradition – danke dafür auch dem Außenminister, dass wir da derart schnell und zielgerichtet unterwegs sein können.

Ja, die Ukraine ist ein Nachbarland. Das wird erst recht bedeuten, dass Vertriebene und Flüchtlinge entweder auf direktem Wege oder auf indirektem Wege nach Österreich kommen werden und wir uns als guter und solidarischer Nachbar erweisen werden.

Abschließend zur Energiesituation und zur Wirtschaftssituation: Ja, es ist nicht neu – ich werde der Versuchung nicht erliegen, besserwisserisch auf das hinzuweisen, was einige schon vor 15 Jahren gesagt haben, denn jetzt geht es um die nächsten 15 Jahre –, aber es ist evident, dass Energiepolitik – das ist im Übrigen auch nicht neu, aber das zu sagen erlaube ich mir – etwas mit Geopolitik zu tun hat und damit jedenfalls mit Sicherheits­politik und Sicherheitsinteressen, auch jenen Österreichs. Deshalb ist zunächst einmal – weil nicht alles über Nacht auf die Versorgung mit heimischer Energie umgestellt werden kann, da dürfen wir nicht naiv sein – so rasch wie möglich die Diversifizierung zu stei­gern. Da geht Gott sei Dank mehr, als man glaubt – danke in dem Fall auch der Ener­gieministerin –, das wird aber logischerweise umso mehr gelingen, je mehr Unabhängig­keit von den fossilen Rohstoffen wir erreichen.

Jetzt zur angekündigten Einschätzung der ökonomischen Fähigkeiten der Russischen Föderation: Diese sind in Wahrheit, gemessen an üblichen Indikatoren und Strukturen, nicht sehr hoch. Die Haupteinnahmen und die Hauptwertschöpfung sind doch dort gele­gen  und das ist gleichzeitig die Krux , wo Bodenschätze und vor allem auch fossile Energieträger herausgeholt und zum Beispiel nach Europa verkauft werden. Hochtech­nologie aber, Forschung und Entwicklung, anderes, was weiter oben in der Wertschöp­fungskette angesiedelt ist, wird man seltener finden.

Das heißt, es entsteht eine seltsame wechselseitige Abhängigkeit: Die Russische Föde­ration lebt vor allem davon, dass das, was man dort rausbuddelt, andere zahlen, nämlich wir. Darauf wurde immer hingewiesen. Darin liegt aber natürlich auch der Rückschlag, wenn die Sanktionen noch viel ernster werden. Das kann die Zahlungssysteme betreffen et cetera, et cetera. Wenn das aber die Wirtschaftsgüter sind, die dort gehandelt werden, können wir davon ausgehen, dass es am Schluss immer um die Energieträger gehen wird, das ist doch völlig logisch. Das heißt, wir haben uns hier auf einiges einzustellen, die Diversifizierung auch kurzfristig voranzutreiben; einiges geht, und langfristig ist da, glaube ich, die Perspektive klar, und zwar nicht nur aus Klimaschutzgründen, wie an dieser Stelle wohl vermerkt werden darf. Insofern wird es sich auch als gut erweisen, dass wir mit vielen Paketen viele Milliarden in diese, wenn Sie so wollen, Energiediversi­fizierung und in Richtung Erneuerbare investieren.

Abschließend noch ein letztes Mal zur Neutralität: Diese ist eben keine Teilnahmslos-Ideologie. Es ist diese Neutralität einem Werte- und Rechtsverständnis unterworfen, das wir hier vorgetragen haben, der Bundeskanzler und ich. Zuschauen, wie eine militärische Großmacht einen Nachbarn überfällt, gehört nicht zu den Neutralitätsverpflichtungen, mit Sicherheit nicht. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.) Es freut mich, dass das sehr viele hier herinnen teilen. Es wird wichtig und zentral sein, auch für Österreich, wenn möglichst viele hier und jetzt – auch im Interesse Öster­reichs – an einem Strang ziehen. Die Entwicklungen sind dafür ernst genug.

Österreich bleibt den Prinzipien von Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Demokra­tie verpflichtet. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

11.18


 


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