Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll143. Sitzung, 24. Februar 2022 / Seite 57

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Es ist völlig klar, dass – ich habe meine Rede gestern am Abend geschrieben, ich hätte auf die Rede Putins Bezug genommen – man natürlich sagen muss, mit dem aggressi­ven Akt des Angriffs auf die Ukraine – aber auch schon in dieser Rede war das klar – hat er mit einem Strich diese Sicherheitsordnung, die politische Ordnung, die wir in Euro­pa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebt haben, vom Tisch gewischt. Er hat einen Schlussstrich gezogen, und es ist geradezu naiv zu glauben, dass es da wieder ein Zu­rück zu dieser alten Ordnung gibt.

Er hat der Ukraine nichts anderes als das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen, schon in seiner Rede und selbstverständlich mit dem Aggressionskrieg, den er heute begonnen hat. Genau diese Selbstbestimmung, dieser Weg zur Selbstbestimmung, den die Ukraine mit der Majdanbewegung, mit der Annäherung an die Europäische Union in Richtung Westen, in Richtung Freiheit, in Richtung Marktwirtschaft, in Richtung Demo­kratie, in Richtung EU gegangen ist, ist es, der jetzt am Spiel steht. Damit ist dieser Angriff Putins aber nichts anderes als ein Angriff auf die gesamte westliche Welt und gerade auf die Europäische Union und die Werteordnung, die wir hier in dieser Europäi­schen Union haben und in der wir auch verbunden sind. Es geht um nichts weniger – da hat der ukrainische Präsident recht – als um die Sicherheit Europas. Die Sicherheit Euro­pas und damit die Sicherheit Österreichs wird jetzt in der Ukraine entschieden. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Deshalb sage ich ganz klar: In dieser Frage gibt es keine Neutralität. Österreich als Teil der Europäischen Union muss ganz klar Stellung beziehen, sonst haben Putins Totalita­rismus und Aggressionskrieg schon gewonnen.

An dieser Stelle möchte ich ganz klare Worte gegenüber denjenigen finden, die seit Jahren und Jahrzehnten willfährige Erfüllungsgehilfen von Desinformationskampagnen und auch Destabilisierungskampagnen aus Russland sind. Es sind übrigens die, die jetzt gerade Neutralität einfordern und kein Problem damit haben, mit Putin Freundschafts­abkommen abzuschließen. Es sind vor allem die Rechten in Europa und hier im Haus die FPÖ. Sie tragen diese Desinformationskampagnen weiter. Sie lassen sich aus Russ­land finanzieren. (Rufe bei der FPÖ: Lüge! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es sind die Rechten in Europa (Abg. Deimek: Das ist ein Skandal! – Abg. Martin Graf: Wer ist Geschäftspartner von ...?), die von Freiheit reden und offensichtlich ein sehr kindisches Verständnis von Freiheit haben (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), wenn es Ihnen darum geht, im Parlament keine Maske zu tragen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Dann aber, wenn die Freiheit wirklich am Spiel steht – Selbst­bestimmung, Demokratie, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit –, dann ducken Sie sich weg, dann vergessen Sie, dass Oppositionelle, dass Angehörige freier Medien vergiftet und ins Gefängnis gesteckt werden. Sie sind keine Vertreter der Freiheit, Sie sind Verräter der Freiheit! (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Ihnen zur Seite stehen Teile der Linken, die aus einer modrigen Antikapitalismussehn­sucht heraus stets parat stehen, gegenüber dem Totalitarismus blind zu sein (neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ), der an den Tag gelegt wird – ein wenig USA-Feindlichkeit hier, ein bisschen Putin-Relativieren (Zwischenruf des Abg. Amesbauer) auf der ande­ren Seite, und schon steht man Seite an Seite mit den rechten Recken, die man sonst so verachtet.

Kommen wir aber wieder zu Europa! Putin hat zwei Kalküle: Das erste Kalkül ist, dass es niemand auf eine militärische Eskalation ankommen lassen wird, und das zweite Kalkül ist – und ich hoffe, dass das nicht aufgehen wird –, dass Europa wieder einmal nicht entschlossen, geschlossen, geeint und tatkräftig reagiert. In der Tat haben die letzten Wochen meines Erachtens wieder einmal gezeigt, wie naiv Europa – man muss jetzt sagen – in diesen Krieg taumelt, ein Krieg, den man am Verhandlungstisch verhin­dern wollte und noch weiter will – und das muss immer das Mittel sein, aber mit einem


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