Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll143. Sitzung, 24. Februar 2022 / Seite 66

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eingebracht in der 143. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 24. Februar 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates anlässlich der aktuellen Krise zwischen Russland und der Ukraine

Österreich hat eine erfolgreiche und jahrzehntelange Tradition, in schwierigen außen­politischen Lagen zu vermitteln und einen Beitrag zur Konfliktlösung zu leisten. Für die Sicherheitsbedenken osteuropäischer Staaten, welche jahrzehntelang dem kommunisti­schen Joch unterworfen waren, müssen wir ebenso Verständnis aufbringen, wie für die Sicherheitsinteressen der heutigen Russischen Föderation. Nur mit der Bereitschaft in­ternationale Auseinandersetzungen in all ihren Facetten zu betrachten und auf einseiti­ges Säbelrasseln zu verzichten, kann eine die Konfliktparteien überzeugende, vermit­telnde Position eingenommen werden. Die aktuelle schwarz-grüne Bundesregierung ist von solch einer Position ausgesprochen weit entfernt.

Der aufflammende Ukraine-Konflikt, sowie die Machtdemonstrationen Moskaus und Wa­shingtons, dürfen für unser neutrales Österreich nicht zum Anlass werden, voreinge­nommen Partei zu ergreifen. Wir sollten uns diesbezüglich als Vermittler anbieten, um sicherzustellen, dass wir einen gleichwertigen Abstand zwischen Washington und Mos­kau leben. Es muss uns, als Österreicher aber auch als Europäer, klar sein, dass wir für eine Friedenslösung sowohl Moskau als auch Washington brauchen. Von den jeweiligen geostrategischen Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika und Russlands dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen, sondern müssen uns bemühen, eine Äquidistanz zu leben. Eine derart ausgestaltete Neutralitätspolitik ist zwingend notwendig, um einer friedlichen Konfliktlösung und der Schaffung von Stabilität den Weg zu bahnen.

Die Androhung und Durchführung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland wird nicht nur den momentanen Konflikt keineswegs lösen, sondern vielmehr mit einem Boome­rang-Effekt unsere eigene Wirtschaft und Versorgungslage treffen. Insbesondere die Unterbindung von Erdöl- und Erdgaslieferungen aus Russland nach Europa wird für den Energiesektor und die Energieversorgung der österreichischen Bevölkerung unkalkulier­bare Folgen haben. Die Bemühungen der USA, diese für Europa verzwickte Situation auszunutzen, indem man sich als Retter mit teurem, durch Fracking gewonnenes Erdgas inszeniert, sind mit Argusaugen zu beobachten. Darüber hinaus sind die Initiativen der USA, nun Saudi-Arabien zur vermehrten Förderung von Erdöl zu drängen, um die antizi­pierten Ausfälle aufgrund des Ukraine-Konfliktes auszugleichen, voller Doppelmoral. Wo war denn der Aufschrei der internationalen Gemeinschaft, als Saudi-Arabien 2011 mit Panzern in Bahrain einmarschierte und gegen Demonstranten vorging? Als Konsequenz des ukrainisch-russischen Konfliktes darf nicht Europa als großer Verlierer zum Wohle US-amerikanischer Wirtschaftsinteressen dastehen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gegenüber den USA und Russland äqui­distante und neutrale Außenpolitik zu forcieren, um eine vermittelnde Position einneh­men und den Frieden in Europa wahren zu können. Die Verhängung von Sanktionen, welche in Zeiten einer rasant steigenden Inflation und von Kostenexplosionen, gerade im Energiesektor, die ohnehin schon hohen Lebenserhaltungskosten der Bürger in Ös­terreich weiter verschärfen würden, sind abzulehnen.“

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