15.51

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuse­her! Ich komme jetzt von einer anderen Seite her, wenn Sie so wollen, als Kollege Ko­cher, nämlich von der Seite der Menschen mit geringen Einkommen und in Situationen, in denen es ihnen ökonomisch halt einfach nicht so gut geht. Ich möchte das anhand von konkreten Beispielen deutlich machen, weil ich schon meine, man muss auch die Dimension klarmachen, weil in der Kritik vonseiten der Opposition oft der Eindruck er­weckt wird, das seien ja nur Peanuts, die da verteilt werden. Das möchte ich anhand ganz konkreter Zahlen gerne entkräften.

Eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, die 1 180 Euro brutto, also circa 1 000 Euro netto verdient, bekommt 1 000 Euro Klimabonus als Einmalzahlung – also 500 Euro für die Mutter, zweimal 250 Euro für die Kinder – plus 500 Euro Negativsteuerabsetzbetrag plus zweimal 180 Euro Familienbeihilfe-Einmalzahlung im August plus zweimal 200 Euro Kin­dermehrbetrag – das ist eine Erhöhung von 350 auf 550 Euro – plus 150 Euro Energie­kostengutschein plus 250 Euro durch den Entfall von Ökostromförderbeitrag und die Senkung der Energieabgaben aus den bisherigen Antiteuerungspaketen. Das sind 2 660 Euro Entlastung, das entspricht 2,5 Monatsgehältern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zweites Beispiel: Alleinverdienerin – was weiß ich, keine Ahnung, Kassierin im Super­markt –, Gehalt: 1 800 Euro brutto im Monat, 14 Mal, bekommt 500 Euro Klimabonus als Einmalzahlung plus 500 Euro Negativsteuerabsetzbetrag plus 1 000 Euro steuerfreie Prämie plus 150 Euro Energiekostengutschein plus 200 Euro durch den Entfall des Öko­stromförderbeitrags. Das ist eine Entlastung von 2 350 Euro, das sind 1,5 Monatsgehäl­ter. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt kann man schon sagen – das ist ja dann die beliebte Kritik –, das ist zu wenig und es kommt zu spät und es ist nicht ganz genau treffsicher. Bei der Sache mit der Treff­sicherheit ist ja manche Kritik nicht ganz unberechtigt, aber da besteht ein Zielkonflikt, und diese Ziele müssen irgendwie in Einklang gebracht werden: Wer schnell hilft und dafür Bürokratie weglässt, sorgt dafür, dass das Geld rasch bei den Menschen ankommt. Die Treffsicherheit würde bedeuten, die Haushaltseinkommen erheben zu müssen, die Nachweisführung sicherstellen zu müssen, einen bürokratischen Aufwand betreiben zu müssen, Kontrollen durchführen zu müssen – das kann man alles machen, aber das hätte bedeutet, die Hilfe kommt viel später. Da ist es mir als Sozialminister lieber, einige Streuungsverluste in Kauf zu nehmen, aber dafür die Hilfe raschestmöglich zu den Men­schen zu bekommen. Das ist der Punkt, um den es geht. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Ein weiteres Argument war – auf dieses Beispiel muss ich einfach noch eingehen –, es gelte, Gewinnabschöpfungen bei Energieunternehmen zu machen. Nun ist Energiepoli­tik nicht etwas, das von besonderer Einfachheit geprägt ist. Ich kenne mich ein bisschen aus, weil ich sieben Jahre dafür zuständig war. Jetzt wird oft argumentiert, man muss die Preise erhöhen, weil es sich nicht anders darstellen lässt. Ich hacke jetzt gar nicht auf Wien Energie herum, sonst würde es eh peinlich werden, aber ich bringe ein Beispiel, an dem man sieht, wie man es auch machen kann, anstatt die Preise zu verdoppeln, nämlich dass man die Gewinne wirklich abschöpft. Das ist im Land Vorarlberg passiert. Das Land Vorarlberg hat von den Gewinnen von Illwerke VKW eine Sonderdividenden­abschöpfung gemacht und die daraus resultierenden 20 Millionen Euro ausschließlich für die Armutsbekämpfung verwendet – ausschließlich! (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

20 Millionen Euro ist für ein kleines Bundesland wie Vorarlberg eine Menge Geld. Damit wird die Wohnbeihilfe erhöht, damit wird der Familienzuschuss erhöht, damit wird es im Oktober einen doppelten Familienzuschuss geben, damit wird der Heizkostenzuschuss auf 330 Euro erhöht – das ist österreichweit der höchste Heizkostenzuschuss –, und da­mit werden die Sozialhilfebeiträge bei den Kinderrichtsätzen erhöht. Das ist zielgerichtet, und das ist ausschließlich Armutsbekämpfung – mit Geld, das vom Landesenergiever­sorger abgeschöpft worden ist. Es ist dann schon auch Aufgabe der Länder, darauf zu schauen, wie sie mit den Landesenergieversorgern umgehen – sofern diese überhaupt noch im eigenen Besitz der Länder sind; manche sind ja an französische Atomkonzerne verkauft worden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Letzter Punkt, um auch da noch eine Einordnung der Dimension vorzunehmen: Jetzt hat die österreichische Bundesregierung für die Pandemiebekämpfung, für Verdienstent­gänge, für Kurzarbeit, für viele Maßnahmen Geld in die Hand genommen, um auch da Arbeitsplätze abzusichern. Es ist unbestritten, dass wir durch dieses Modell, auch da trotz Streuungsverlust und Mitnahmeeffekten – ja, die hat es gegeben –, jetzt aber in einer Situation sind, in der wir die niedrigste Arbeitslosenrate weitum haben und damit Beschäftigungseffekte generiert haben, die uns jetzt nützen. Auch das ist unbestritten. Das waren in Summe 40 Milliarden Euro. Erster Teil der Steuerreform: 18 Milliarden Euro; erstes Antiteuerungspaket im letzten Dezember: 4 Milliarden Euro, Auszahlung zum Teil im heurigen Frühjahr erfolgt; jetzige Reform: 28 Milliarden Euro bis 2026 – das sind in Summe bitte 100 Milliarden Euro.

Ich habe mich in Europa umgeschaut, ich habe auf einem großen Kongress in Rom mit den Kolleginnen und Kollegen aller Regierungsschattierungen, aller Farben gesprochen: Wie stellt sich das im internationalen Vergleich dar? – Ich kann Ihnen sagen: Die 100 Milliarden Euro, die die Republik Österreich in den letzten zwei Jahren und bis 2026 in die Hand nimmt, sind das größte und schnellste Antiteuerungspaket, das in Europa auf den Weg gebracht wird. Sie können es überprüfen. Damit stehen wir in der vorders­ten Reihe mit der Geschwindigkeit der Maßnahme und mit der Größenordnung der Maß­nahme. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich weiß, dass jetzt manche von Ihnen sagen werden: Ja, das reicht aber nicht aus, wir müssen im Herbst noch mehr tun, denn die Teuerung hört nicht auf, da braucht es dann noch deutlich mehr. – Wir haben auch immer gesagt: Ja, es wird die strukturellen Maßnahmen, die auf den Weg gebracht werden, geben, ja, es wird die Valorisierung der Sozialleistungen, die notwendig sein wird, mit 1. Jänner geben. Und ich würde mich als – wie soll ich sagen? – beruflich aus dem Bereich der Sozialarbeit Kommender und als Sozialminister nicht hierherstellen und sagen, dass das ein sozial ausgewogenes, ein treffsicheres Paket ist, wenn ich nicht zutiefst davon überzeugt wäre.

Das ist sozial treffsicher, das ist rasche Hilfe, umfassende Hilfe und setzt dort an, wo es besonders notwendig ist. Es ist und bleibt ein großes Paket. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.59

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.