Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 99

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Zweites Beispiel, meine Damen und Herren: Ebenso diese Woche war in einer Zeitung unter dem Titel "Medikamente kommen teuer" zu lesen: "Die Ab-50jährigen verursachen 70 Prozent aller Kosten für Heilmittel." – Genau zu einer Zeit, zu der diese Feststellungen getroffen werden, geht das Parlament her und beschließt mit Mehrheit eine Rezeptgebühr – wiederum zu Lasten der Bürger!

Drittes Beispiel, meine Damen und Herren: Es ist heute in der Wortmeldung des Ministers angeklungen, daß durch ein Modell der Selbstbeteiligung der Bürger die Medikamenteflut eingedämmt werden soll. Meine Damen und Herren! Wir kennen dieses Modell schon. Im Bereich der gewerblichen Sozialversicherung ist dieses Modell nahezu identisch in Kraft. Sie hat trotzdem einen Finanzmittelbedarf, sie ist auch nicht mit finanziellen Mitteln überbegütert. Daher versteht wohl niemand, daß diese Novelle genau in diese Richtung abzielt, zumal durch dieses Modell weder die Finanzierung noch die soziale Sicherheit eine Besserung erfahren haben. Trotzdem werden Sie, meine Damen und Herren – ich gehe davon aus –, dieser Novelle mehrheitlich zustimmen. – Trotz der Beunruhigung und der Ängste in der Bevölkerung! (Ruf bei der SPÖ: Sicher! Es kann uns niemand hindern, klüger zu werden!)

Meine Damen und Herren! Ein viertes Beispiel: Gerade die Pensionisten und die älteren Menschen unter uns sind aufgrund der in der Praxis vorgefundenen Tatsachen – der Gebührenerhöhung bei den Rezepten und der 0,25prozentigen Anhebung der Beitragsgrundlagen – natürlich sehr verunsichert. Niemand von den Pensionisten versteht, daß sie, ohne eine Besserstellung, ohne nur im Ansatz zu erkennen, daß sich die Leistung verbessert und transparenter wird, wiederum zur Kassa gebeten werden. Ich sage bewußt "wiederum", denn gerade diese Generation hat längst ihren Beitrag geleistet.

Diese Liste ließe sich stundenlang fortsetzen; ich will es mir jedoch ersparen. Aber, meine Damen und Herren: Wenn wir im Interesse der Länder handeln, wenn wir im Interesse unserer Landesbürger handeln, dann können wir dieser Novelle unsere Zustimmung nicht geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.46

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Weiss. – Bitte, Herr Bundesrat.

15.46

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Angesichts der bevorstehenden Behandlung der dringlichen Anfrage möchte ich mich kurz fassen und mich lediglich auf ein paar wichtige Anliegen meines Landes konzentrieren.

Zur Frage der Krankentransporte hat Herr Kollege Schaufler schon Stellung genommen. Ich möchte nur anfügen: Diese ganze Aufregung hätte man sich wahrscheinlich ersparen können, wenn man mit dem Roten Kreuz und den anderen betroffenen Organisationen etwas intensivere Gespräche gesucht und geführt hätte, als das der Fall war. Für mich stellt sich die Frage: Wenn an die Abschaffung der Pflichtleistung ohnedies nicht gedacht war, was ich in dieser Form selbstverständlich begrüße, warum hat man dann überhaupt das Wörtchen "können" eingefügt? – Angesichts der ohnedies nicht vorhandenen Absicht, das in eine freiwillige Leistung umzuwandeln, ist es dort eigentlich sinnwidrig am Platze.

Womit ich mich aber im Detail beschäftigen möchte, ist das sogenannte Controlling, das dem Hauptverband ermöglicht werden soll. Durch einen Zusatz im § 31 Abs. 3 Z 2 ASVG wird dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger aufgetragen, ein versicherungsträgerübergreifendes Controlling einzurichten. Von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse wird darin im Einklang mit der Landesregierung und allen Sozialpartnern des Landes ein Eingriff in die Eigenständigkeit gesehen, mit dem ihre Selbstverwaltung weiter ausgehöhlt werde. Daß die noch bestehenden Reste – viel ist es ja nicht mehr da – in unserem Land verantwortungsbewußt wahrgenommen wurden, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß – Herr Kollege Schaufler hat darauf schon hingewiesen – die Vorarlberger Gebietskrankenkasse keinen Abgang aufweist und auf finanziell gesunden Beinen steht. Diese Spargesinnung bedürfe, so der Landesvorsitzende des Gewerkschaftsbundes, den ich hier zitiere, keiner Oberaufsicht aus Wien.


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