Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 100

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Im Jahr 1993 hat der Bundesverfassungsgesetzgeber auf ein Gutachten des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes reagiert und hinsichtlich des Umfangs des Anfragerechts bei ausgegliederten Unternehmen – da ist Bundesrat und Nationalrat gleichgestellt – eine verfassungsrechtliche Klarstellung getroffen. Kontrollrechte von Nationalrat und Bundesrat gelten weiterhin in bezug auf Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 Prozent des Stammkapitals beteiligt ist und die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Auch eine andere Form der Beherrschung ist dem gleichzuhalten.

Aber genau um diesen Punkt geht es im gegenständlichen Fall, weil diese Konzernverhältnisse, dieses Nicht-Entstehen einer Abhängigkeit ausdrücklich durch das Gesetz statuiert wurden.

Dazu ist noch ein Zweites zu sagen: Natürlich kommen dem zuständigen Bundesminister, der die jeweiligen Anteile eines solchen Unternehmens vertritt und hält, Rechte in der Hauptversammlung zu. Wir haben jetzt unterbrochenermaßen einen Tagesordnungspunkt in Verhandlung, bei dem uns auch und gerade Ihre Sprecher erklärt haben, daß es absolut praxisfremd sei, was wir dort diskutieren. Halten Sie es für praxisnah, daß die Hauptversammlung eines Unternehmens Detailentscheidungen der Geschäftspolitik trifft? Halten Sie es für praxisnah, daß der Eigentümervertreter in einer Hauptversammlung den Generaldirektor anweist, bestimmte betriebliche Maßnahmen zu setzen? – Das ist weder durch das Gesetz abgedeckt, noch ist es in irgendeiner Form vorstellbar. Daher – ohne in das Meritorische hier im Detail eingehen zu wollen – ist diese Anfragebesprechung von der Sache her unberechtigt.

Ihr Anliegen als solches ist damit überhaupt nicht in Zweifel gezogen. Es ist politisch zu diskutieren, aber der Herr Bundesminister ist in seiner Eigenschaft als Bundesminister die absolut unzuständige Adresse. Mit dem Politiker Viktor Klima über Vergünstigungen für ältere Mitbürger zu diskutieren, ist zweifellos eine außerordentlich lohnende Angelegenheit. Ich lade Sie dazu ein, aber das ist nicht die Form, in der diese Auseinandersetzung sinnvollerweise geführt werden kann. Auch wenn man es nicht möchte – bestimmte gesetzliche und verfassungsrechtliche Normen sind auch in der politischen Polemik einzuhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

16.13

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Klima. Ich erteile es ihm.

16.13

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Bösch! Ich habe vor, mich diesem Haus gegenüber mit Respekt zu verhalten, und ich werde daher keine Polemik betreiben, sondern versuchen, auf Ihre Argumente sachlich einzugehen. Es ist hier nicht der Platz für Versammlungsreden.

Vorweg: Sie dürften vergessen haben, daß dem Unternehmen PTA AG, also der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft, nicht nur Schulden mitgegeben werden, sondern daß dem Unternehmen auch Vermögenswerte in einem erheblichen Ausmaß mitgegeben werden, Vermögenswerte in einem Ausmaß von über 100 Milliarden Schilling.

Sie dürften vergessen haben, daß das Unternehmen mit den Maßnahmen zur Entschuldung, die auch getroffen werden, eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent haben wird, die weit über dem Durchschnitt jener der österreichischen Industrie liegt, die nur bei 24 bis 26 Prozent liegt. Ihre Bemerkungen hinsichtlich einer Budget GmbH, oder wie immer sie geheißen hat, dürften im Zusammenhang mit der PTA AG, bei der wir sehr verantwortungsbewußt für die zukünftige Lebensfähigkeit dieses wichtigen Unternehmens, sowohl im Bereich des Gütertransportes als auch im Bereich des Informationstransportes, vorgehen, ein bißchen an der Realität vorbeigehen.

Zu Ihrer schriftlichen Anfrage: Auch wenn es noch so lustig dargestellt werden kann, sehr geehrter Herr Bundesrat, es ist nun einmal so, daß laut Aktienrecht – ich glaube, Sie erwarten das doch auch, daß es ein Bundesminister einhält – der Bundesminister keinen Eingriff in operative Geschäfte hat. Ich habe einen großen Fehler gemacht, das gebe ich gerne zu, ich habe nämlich


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