Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 171

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situation und ihrer Lebensplanung zurechtkommen. Einerseits sind sie angehalten, zur Gendarmerie überzutreten, andererseits müssen sie mit ihrer Versetzung nach Ostösterreich rechnen. (Bundesrat Ing. Penz: Das ist ja schön!)

Doch darf man eines nicht vergessen: Entlassungen, wie sie in Industriezweigen stattfinden, die nicht mehr zeitgemäß sind, haben unter den Zöllnern nicht stattgefunden. Sie alle können, sofern sie wollen, im Staatsdienst bleiben. Diese Sicherheiten haben die Beschäftigten eines Coca-Cola-Werkes in Innsbruck, das vom Konzern eingespart wird, nicht und auch nicht die Beschäftigten einer Baufirma, die wegen der schlechten Konjunktur zusperren muß.

Für viele Tiroler ist das Verschwinden der Brennergrenze zwischen Nord- und Südtirol natürlich auch so etwas wie die Erfüllung eines langen Sehnens. Ich hoffe, daß durch die Inkraftsetzung des Schengener Abkommens in Österreich und in Italien nicht nur die beiden Staaten näher zueinanderfinden werden, sondern daß es das Schengener Abkommen hoffentlich auch den Nord- und Südtirolern ermöglicht, Trennendes zu überwinden.

Geschätzte Damen und Herren! Die notwendigen Umstrukturierungen im Sicherheitsbereich, die durch das Schengener Abkommen notwendig sind, stellen unseren Innenminister Caspar Einem vor große Herausforderungen und Schwierigkeiten. Ich bin fest davon überzeugt, daß gerade ihm die schwierige Gratwanderung zwischen der Abdeckung des allgemeinen Sicherheitsbedürfnisses und dem Verhindern einer inhumanen Abschottung gelingen wird. Meine Fraktion wird diesen Vorlagen die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.57

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Johann Penz. Ich erteile es ihm.

20.57

Bundesrat Ing. Johann Penz (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Zusammenhang mit diesem Komplex und der auch sehr detailreichen Materie kurz und komprimiert nur sechs Punkte aufgreifen, die mir für die künftige Entwicklung in diesem Bereich als wesentlich erscheinen.

Erstens – und in diesem Punkt stimme ich voll und ganz mit meiner Vorrednerin Frau Kollegin Crepaz überein –: Der freie Personenverkehr ist die logische und notwendige Konsequenz des Beitrittes zur Europäischen Union. Der Wegfall der Grenzbalken und der Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union für die Bürger ist der sichtbarste Ausdruck der europäischen Einigung und des europäischen Einigungswerkes.

Zweitens: Das Schengener Abkommen entspricht der grundlegenden Zielsetzung des Unionsvertrages, auch wenn es rechtlich außerhalb der Gemeinschaft angesiedelt ist und eigentlich zur Gänze außerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Union steht. Tatsächlich – und ich möchte diese kritischen Einwände nicht unter den Tisch fallen lassen – haben wir es hier mit einem Europa zweier Geschwindigkeiten zu tun. Ich bewerte allerdings in Anbetracht dessen den Beitritt Österreichs als positiv. Nur durch das Vorangehen einer Gruppe von Mitgliedstaaten – sowohl kurz- als auch mittelfristig – wird das Ziel des umfassenden und freien Personenverkehrs rascher realisiert werden können.

Drittens: Ich sage aber auch ganz offen, daß ich diesen Zustand noch als unbefriedigend betrachte. Nirgendwo werden in der Europäischen Union strukturelle Schwächen derart offenbar wie beim Blick auf die dritte Säule, nämlich die Zusammenarbeit der Innen- und Justizpolitik. Es fehlt hier vieles, vor allem auch das politische Wollen. Deshalb ist es wichtig, daß Österreich auch im Rahmen der Regierungskonferenz einen Schwerpunkt setzt, Flagge zeigt, Motor ist und auch eine Reihe von politischen Impulsen setzt, damit das Potential der dritten Säule im Interesse der Bürger voll ausgeschöpft werden kann und die strukturellen Voraussetzungen für eine effektive Zusammenarbeit auch geschaffen werden können. Daher gilt es, mit Augenmaß auch die Frage zu klären, in welchen Bereichen und in welchem Umfang eine Vergemeinschaftung auch von unserer Seite betrieben werden kann.


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