Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 22

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Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ohne jetzt die Kompetenz eines österreichischen Umweltministers unterschätzen zu wollen, aber die Wettbewerbsfähigkeit von Biomasse hängt nicht zuletzt auch vom Weltölpreis und vom Weltmarkpreis fossiler Energieträger wie Erdgas und Kohle ab. Aber das wissen Sie sicherlich. Ich fürchte daher, daß die reine Marktentwicklung im Preisbereich von fossilen Energieträgern allein nicht genügen wird, um Biomasse und andere erneuerbare Energieträger konkurrenzfähig zu machen.

Was die Stromerzeugung betrifft, kann man heute Atomstrom unter fragwürdigen Kostenrechnungsansätzen um einige Groschen pro Kilowattstunde erzeugen. Wir wissen, daß wir die Kilowattstunde aus der Freudenau um zirka 1,50 S erhalten können. Aus älteren Kraftwerken, die abgeschrieben sind, kann man sie noch billiger beziehen. Wir wissen, daß Windenergie etwa 1,50 S pro Kilowattstunde kostet, daß der Preis für Energie aus Biomasse bei 2 bis 3 S und aus Photovoltaik bei etwa 12 S pro Kilowattstunde liegt. Das sind die gegebenen Realitäten.

Ich erwarte, daß es jetzt – auch im Hinblick auf den Regierungswechsel in Deutschland – in unserem Umfeld zu einer Ökologisierung der Steuersysteme kommen wird. Ich sehe eine Möglichkeit, daß die Europäische Union jetzt schon erste Schritte dahin gehend setzt, allerdings müßten Spanien, Portugal und Griechenland von ihrer Vetoposition diesbezüglich abrücken. Ich weiß, daß Italien einen Schritt in diese Richtung setzen wird, ich weiß, daß man in Österreich die Absicht hat, im Rahmen der Steuerreform 2000 einen Schritt dahin gehend zu setzen, und ich erwarte, daß Rot-Grün in Deutschland ebenfalls einen Schritt in diese Richtung setzen wird. Es müssen nicht gleich 5 DM pro Liter Benzin sein, die als Paukenschlag etwas bürgerverachtend in die Diskussion gebracht wurden. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Also auch das wird notwendig sein. Aber trotzdem wird all das nicht ausreichen, um Biomasse allein schon wettbewerbsfähig zu machen. Wir wissen, daß die derzeitige Praxis in Österreich die ist, daß man ein Heizwerk mit etwa 50 Prozent fördern muß, um es einigermaßen wettbewerbsfähig gestalten zu können. Darum wird es auch weiterhin gehen. 300 Millionen Schilling setzen wir jährlich für Maßnahmen in diesem Bereich ein. Ich hoffe, daß es in Zukunft noch mehr werden wird. Auf diese Weise werden wir versuchen, den Anteil von Biomasse in Österreich auszubauen.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke.

Wird eine weitere Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Vindl.

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen müssen im Verkehrssektor gesetzt werden, um eine adäquate Reduktion der Treibhausgase zu erzielen?

Vizepräsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich habe schon gesagt, daß eine große Vereinbarung mit dem europäischen Automobilhersteller-Verband vor dem Abschluß steht, und das ist sicherlich das Wichtigste, das jetzt notwendig ist, um pro gefahrenem Kilometer den Energieverbrauch zu reduzieren. Wir müssen aber sicherlich auch – aber das ist primär die Aufgabe der Verkehrspolitik – verkehrspolitische Maßnahmen setzen, um die Verkehrsströme zu kanalisieren, besser zu strukturieren und stärker vom Individualverkehr auf den umweltfreundlicheren, öffentlichen Verkehr umzustellen.

Wir wissen, daß die bisherigen Erfolge bescheiden gewesen sind. Daher müssen wir den Ausbau und die Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs weiterhin im Auge behalten, diesbezüglich Bewußtseinsbildung betreiben, Verkehrsplanung und Verkehrsorganisation in den Vordergrund stellen und letztlich auch alternative Antriebsstoffe für den Verkehr und für Fahrzeuge forcieren, was bedeutet, daß das Dreiliterauto in Zukunft ein Dreiliterauto sein soll, das – zumindest zum Teil – mit Biotreibstoffen zu betreiben ist und nicht mehr unbedingt fossile Treibstoffe wie Benzin oder Diesel braucht.


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