Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 29

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Bundesrat Ernest Windholz (Freiheitliche, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1070/M-BR/99

Warum sind Sie im Gegensatz zur niederösterreichischen Landesregierung und vielen anderen Ländergremien bis heute nicht bereit, klarzustellen, daß die Schließung beziehungsweise der Baustopp für grenznahe, mit Sicherheitsmängeln behaftete Atomkraftwerke unabdingbare Voraussetzung für einen EU-Beitritt der betreffenden Länder ist?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat Windholz! Sie wissen, daß in der Europäischen Union der Gleichheitsgrundsatz gilt. Die Europäische Union und auch wir können daher an zukünftige Mitgliedstaaten keinen anderen Maßstab anlegen, als er für bestehende Mitgliedstaaten gilt. Sie wissen, Herr Bundesrat, daß innerhalb der Europäischen Union – nicht in Österreich, aber in anderen Mitgliedstaaten, wie Frankreich, wie Großbritannien, auch wie bis heute noch Deutschland – Atomkraft zur Aufbringung von Energie benützt wird. Daher kann es nicht um ein prinzipielles Verbot von Kernenergie gehen, sondern nur darum, für mittel- und osteuropäische Kernkraftwerke dieselben Sicherheitsprinzipien einzufordern, wie sie auch in der Europäischen Union gelten.

Hier ist Österreich nicht alleine, trotzdem sind wir – wie auch den heutigen Zeitungen zu entnehmen ist – das EU-Mitgliedsland, das am deutlichsten akzentuiert, daß diese Sicherheitsprinzipien bei Beitrittskandidatenländern einzufordern sind. Ich darf Ihnen sagen, Herr Bundesrat, daß ich bei der am letzten Wochenende in Helsinki stattgefundenen Umweltministertagung erneut sehr deutlich die dort anwesenden Umweltminister der Beitrittskandidatenländer auf unsere österreichische Position, auf den Aktionsplan der Bundesregierung, auf die sehr konsequente Position aufmerksam gemacht habe.

Ich möchte in diesem Zusammenhang wörtlich zitieren: Im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union wurden unter der österreichischen EU-Präsidentschaft mit der Verabschiedung der Schlußfolgerungen des Rates – und Schlußfolgerungen sind die einstimmigen Entscheidungen des Ministerrates; das ist ein sehr starkes Mittel des Meinungsausdruckes – zu den Beitrittsstrategien für die Umwelt und der Schlußfolgerungen des Rates zur nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union sowie der Bekräftigung dieser Schlußfolgerungen durch den Europäischen Rat von Wien deutliche Signale gesetzt. Diese Schlußfolgerungen betonen unter anderem, daß nicht nachrüstbare Kernkraftwerke, worunter jedenfalls die Reaktoren der ersten Generation – Ignalina in Litauen, Bohunice bei unseren slowakischen Nachbarn und Kozloduy in Bulgarien – zu verstehen sind, ehestmöglich stillgelegt werden müssen. – Drei Hochrisiko-Reaktoren müssen also ehestmöglich stillgelegt werden – einstimmige Position der Europäischen Union!

Weiters wurden die beitrittswilligen Staaten aufgefordert, die nukleare Sicherheit zu verbessern, sodaß – und jetzt kommt es! – ein Niveau erreicht wird, das dem Stand in der Union hinsichtlich der Technologie und der Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht.

Der Europäische Rat von Köln hat erneut die Bedeutung hoher Sicherheitsstandards im Nuklearbereich in Mittel- und Osteuropa betont.

Das ist also die Position des Europäischen Rates, der europäischen Mitgliedstaaten, ihrer Regierungen, die wir konsequent und deutlich vertreten und bei den sich bietenden Gelegenheiten in Brüssel, aber auch gegenüber unseren Nachbarn in Prag, in Preßburg/Bratislava und auch bei Ratssitzungen, wie eben gerade jüngst in Helsinki, zum Ausdruck bringen. Ich meine, daß wir jetzt auf gutem Weg sind, daß unsere Botschaft dort auch verstanden wird – nicht nur gehört wird, sondern auch verstanden wird.

Präsident Jürgen Weiss: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Bundesrat.


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