Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 40

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Hier geht es um Bewußtseinsbildung, um eine Bewußtseinsveränderung dahin gehend, die Familienwelt nicht mehr subsidiär zur Arbeitswelt darzustellen, nämlich nach dem Motto "Die Familie hat sich nach der Arbeit zu richten!", sondern Familie und Arbeitswelt gleichgewichtig zu betrachten.

Zwei konkrete Maßnahmen, die wir in diese Richtung gesetzt haben: auf der einen Seite das schon angesprochene Audit Familie und Beruf, eine Familienverträglichkeitsprüfung für Unternehmen. Die Unternehmer, die mitgemacht haben, sind begeistert – es sind ganz kleine und ganz große darunter; zum Beispiel Neckermann-Versand in Graz ebenso wie die Erste, Elk-Fertighäuser, ein mittelständisches Unternehmen mit 600 bis 700 Mitarbeitern, ebenso wie Inzersdorfer, die bekannte Konservenfabrik. In Zukunft werden Unternehmen wie die Raiffeisen Zentralbank, Austrian Airlines – ein Unternehmen, das nicht nur viele Tausende ArbeitnehmerInnen beschäftigt, sondern bei dem auch aufgrund der Eigenheiten einer Airline die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besonders schwierig ist – mitmachen. Aber auch ein großer amerikanischer "Markenartikler" wie Procter & Gamble ist schon mit an Bord; andere werden hoffentlich und sicher noch dazukommen.

Dabei wird analysiert, wird vorgeschlagen, durch welche Maßnahmen eine bessere Familienverträglichkeit erreicht werden kann: mehr Arbeitszeitgestaltung für junge Eltern, firmeninterne Karenzzeiten. In Österreich macht man den prinzipiellen Fehler, "Karenzierung" immer mit "staatlich" und "Karenzgeld" zu verknüpfen – es ist nicht nur so. Karenzierung kann auch auf Firmenebene geschehen und muß nicht unbedingt mit Karenzgeldzahlungen verknüpft sein. – Das wollen wir weiterentwickeln.

Ich möchte haben, daß es in zwei, drei Jahren zum guten Ton in Österreichs Wirtschaft gehört, daß sich Unternehmen auditieren lassen im Hinblick auf bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und daß junge, talentierte, qualifizierte Schulabgängerinnen überhaupt nur mehr bei solchen Firmen anheuern, weil sie wissen, daß sie dann, wenn sie einmal ein Kind bekommen, die Möglichkeit haben, beides unter einen Hut zu bringen; wobei man sich nicht der Täuschung hingeben darf, daß man damit alle Probleme wegbekommt. Es wird immer die Doppel- und Dreifachbelastung geben, man sollte sie jedoch so niedrig wie möglich halten.

Zuletzt möchte ich noch sagen, daß mir auch die Durchführung des Bundeswettbewerbs zur Wahl des frauen- und familienfreundlichsten Unternehmens wichtig erscheint. Sie hat in der Steiermark begonnen und wurde auch von den anderen Bundesländern übernommen. Es gibt jetzt auch auf Bundesebene einen Bundeswettbewerb, der Bundessieger wurde heuer erstmals gekürt – das soll weiterhin so sein, denn dann strengen sich die Firmen an, beteiligen sich, da gibt es dann Best-practice-Modelle, wo sich der eine vom anderen etwas abschauen kann.

Es geht dabei also um konkrete Maßnahmen, um neben der Bewußtseinsbildungskampagne "Der Chef bin ich" – diese Kampagne läuft gerade aus – bei Österreichs Arbeitgebern das Bewußtsein zu etablieren, daß es nicht nur den Chef am Arbeitsplatz gibt, sondern auch den Chef zu Hause, und das ist das Kind. (Ruf bei der SPÖ: Partner!) Österreichs Familien und Österreichs Arbeitswelt sollten sich auch ein bißchen nach diesen ganz kleinen Chefs zu Hause richten und nicht nur nach dem großen Chef im Büro, im Amt, in der Firma. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Jürgen Weiss: Gibt es eine Zusatzfrage?

Bundesrätin Maria Grander (ÖVP, Tirol): Nein, danke, darauf wurde schon geantwortet.

Präsident Jürgen Weiss: Zusatzfrage: Herr Bundesrat Karl Drochter. – Bitte.

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Bundesminister! Sehr oft scheitert die von uns angestrebte Vereinbarkeit von Familie und Beruf an der täglichen, an der betrieblichen Arbeitszeit. Können Sie, Herr Bundesminister, sich vorstellen beziehungsweise sind Sie bereit, die Herabsetzung der gesetzlich geregelten Arbeitszeit für die Betreuungspflichtigen zu unterstützen – befristet natürlich –, um den Müttern oder Vätern die Betreuungspflichten, die im Rahmen der Familie unverzichtbar sind, zu erleichtern beziehungsweise diese zu gewährleisten?


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