Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 64

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verbinde ich mit der Einladung an die Parlamentarier, dazu beizutragen, den Informationsfluss zu verbessern. Außerdem sollte auch – auch das ist eine Einladung an die Parlamentarier – in bestimmten Zeitabschnitten eine inhaltliche Evaluierung von derartigen Gesetzesvorhaben stattfinden, damit man prüfen kann, ob die gesetzten Ziele auch tatsächlich erreicht werden. – Ich danke für die Worterteilung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.48

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Keuschnigg. – Bitte.

15.48

Bundesrat Georg Keuschnigg (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Diese neue Bundesregierung hat ein klares Bekenntnis zu einer intakten, wettbewerbsfähigen Land- und Forstwirtschaft ausgesprochen. In diesem Regierungsvertrag findet sich aber auch eine Formulierung, die auf eine Veränderung des Finanzausgleiches zu Gunsten der kleineren und kleinen Gemeinden abzielt. – Ich möchte heute versuchen, diesen Bogen zu erläutern und die Hintergründe etwas darzustellen.

Vorab aber noch ein Wort zu einer – wie ich glaube – doch sehr ärgerlichen Propagandawalze, mit der die SPÖ diese Legislaturperiode begonnen hat, und zwar zu dem bösen Wort von den Steuergeschenken für die Großbauern. Die Betonung liegt dabei auf "groß". – Sie haben wohl nicht mitbekommen, was in den letzten Jahrzehnten gelaufen ist. Ehemalige Großbauern ringen derzeit um ihren Arbeitsplatz. Was nützt es, wenn jemand einen Ackerbaubetrieb von 50 Hektar hat, wenn er dann aber merkt, dass er davon nicht leben kann? Was nützt es, wenn jemand 50 Kühe im Stall hat – das war früher beziehungsweise sogar noch vor sehr wenigen Jahren der Inbegriff dessen, was ein großer Bauer ist –, wenn er aus den Gummistiefeln von der Früh bis am Abend nicht mehr herauskommt? Diejenigen, die früher Mitarbeiter gehabt haben, die für sie das Geschäft gemacht haben, dürfen heute nicht mehr krank sein, weil sie allein im Betrieb stehen und sich das Kranksein und ein Ausfallen nicht leisten können.

Wenn jemand in der Landwirtschaft das verdienen will, was heute ein Abteilungsleiter, ein mittlerer Angestellter, ein Lehrer oder ein Beamter verdient, dann muss er zwei bis drei Erwerbe kombinieren beziehungsweise selbst mit seiner Familie bis an die Leistungsgrenze arbeiten. – Diese Entwicklung sollte man nicht ignorieren. Von allen Vergleichen ist nur jener mit dem Einkommen der Arbeiter zutreffend, und das ist ein Ehrenvergleich.

Dieses Bild, das Sie aus ausschließlich taktischen, strategischen Gründen strapazieren, um in der Propaganda zu punkten, ist ein Bild der Vorkriegszeit und ist eine Beleidigung für einige Hunderttausend Bauernfamilien, die nichts anderes tun, als um ihren Arbeitsplatz zu ringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Was ist nun der Hintergrund dieser Regierungspolitik für die Landwirtschaft und für den ländlichen Raum? – Das – schon wiederholt dargelegte – Ziel ist klar. Es geht um funktionierende ländliche Regionen, es geht um intakte Landschaften, die auch verkaufbar sind und Nutzen für den Tourismus und für die Lebensqualität der Bevölkerung haben, also um wirtschaftlich, sozial und kulturell gleichwertige Lebensbedingungen und um Lebensqualität auf dem Land.

Die Realität, mit der wir zu kämpfen haben, ist aber rundherum von den Spuren der Liberalisierung der Wirtschaft und der Globalisierung gezeichnet. Auf dem Land werden jeden Tag ein Lebensmittelgeschäft oder eine Tankstelle, ein Postamt, ein Gendarmerieposten oder eine Linie des öffentlichen Verkehrs geschlossen. Das ist die Kehrseite der Liberalisierung.

Selbstverständlich bringen die Kräfte des Marktes auch Vorteile. Das wurde nie bestritten. Sie bringen aber nicht für alle die gleichen Vorteile. Dort, wo weniger Menschen auf großen Distanzen wohnen, spielt der Markt nicht dieselbe Rolle wie dort, wo an einem Straßenzug mehr Konsumenten und mehr Abnehmer gefunden werden können als in manchen oder vielen Gemeinden im ländlichen Raum insgesamt.


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